The Bards Tale 01 - Die Burg der Verräter
haben auch nicht erwartet, daß dies hier ein Spaziergang wird, nicht wahr?« Die Frau beugte sich herab, um den Boden zu untersuchen und lachte dann triumphierend auf. »Es mag vielleicht keine klaren magischen Spuren geben, aber wenigstens ist eine physische Spur zu sehen. Seht her, dort ist Charinas Pferd zum Stall zurückgaloppiert. Doch hier … das sind Spuren eines anderen Pferdes. Es war größer …
schwerer … vielleicht ein Streitroß?« Sie schwang sich mit Leichtigkeit wieder in den Sattel. »Es muß das Pferd des Entführers gewesen sein. Seht, die Spuren sind schwach. Wir sollten losreiten, bevor sie vollkommen ausgelöscht werden.«
Die kleine Gruppe folgte einem Pfad, den ursprünglich wohl Waldarbeiter gebahnt haben mußten, und der vom offenen Gelände ins Buschwerk, dann in den Wald führte. Kevin fragte sich verbittert, ob wirklich er der Anführer war. Lydia war die Spurensucherin, die beiden Elfen hatten ihre Magie, die sie führte, während er nichts weiter als ein unerfahrener Bardling war, der nicht einmal etwas über …
Hey, Moment mal! »Naitachal?«
Der Dunkle Elf hatte die Kapuze zurückgeschlagen, sobald die Wipfel der ersten Bäume die Sonne zurückhielten. Sein weißblondes Haar schimmerte verblüffend hell gegen seine dunkle Haut und Kleidung, als er sein Pferd neben Kevins lenkte. »Ja?«
In dem dämmrigen Licht glänzten Naitachals Augen verwirrenderweise rot, und in Kevin stiegen Erinnerungen an alte Schauermärchen hoch. Sei nicht albern! tadelte er sich selbst. Er ist ein Bundesgenosse! Jedenfalls im Moment. »Wart Ihr auf der Burg, als man den Leichnam des Stallburschen hereingebracht hat?«
»Das war ich«, entgegnete Naitachal leise. »Und ja, ich habe darum gebeten, die Leiche untersuchen zu dürfen.«
Eliathanis’ spitze Ohren fingen das leise Gemurmel auf. »Um Eure Hexenkünste an ihm auszuprobieren, wollt Ihr wohl sagen!«
Der Dunkle Elf lächelte ohne Groll. »Ganz genau. Ich bin sehr gründlich in der Kunst der Magie unterrichtet worden, mit der die Toten zurückgeholt werden können.
Man hätte annehmen sollen, Graf Volmar würde darauf brennen, alles in Erfahrung zu bringen, was ihm dabei helfen könnte, seine Nichte wiederzubekommen. Dennoch wurde ich abgewiesen.«
»Das ist nicht überraschend«, bemerkte der Weiße Elf bissig. »Er wollte nichts von der Finsternis Beflecktes in seiner Burg dulden.«
»Ach, mein empfindlicher Elf-Vetter, Ihr versteht gar nichts. Genauso hätte man auch annehmen können, daß der Stallbursche ein ehrenvolles Begräbnis erhielt.
Schließlich starb er bei der Verteidigung seiner Lady.
Aber es gab kein öffentliches Begräbnis, und ich habe nicht einmal die leiseste Ahnung, was mit seiner Leiche passiert ist.«
Eigenartig , gestand Kevin sich im stillen unbehaglich ein. Sehr eigenartig.
Doch bevor er diesen Gedanken weiterverfolgen konnte, rief eine dünne, schrille Stimme:
»Da seid ihr ja endlich! Habt auch lange genug gebraucht!«
Lachend zügelte Lydia ihr Pferd. »Nun, verzeih mir, Tich’ki. Du wußtest, daß es einige Zeit dauern würde. Ich habe so schnell gemacht, wie ich konnte.«
»Eine Fee!« rief Kevin.
»Ein Mensch!« erwiderte die Fee spöttisch. »Oh, oh, was für ein schlauer kleiner Kerl!«
Der Bardling versuchte vergeblich, nicht hinzustarren.
Wie alle ihrer Spezies, war Tich’ki klein. Sie reichte kaum bis zu den Kniegelenken seines Pferdes. Dabei war sie unbestreitbar weiblich, eine ausgewachsene Frau ihrer Rasse, und beinah schön zu nennen, mit ihrem scharfgeschnittenen Gesicht und ihrer räuberisch-wilden, animalischen Ausstrahlung. Ihre strahlenden, klaren Augen, die so grün waren wie die des Weißen Elf, wirkten riesig in ihrem herzförmigen Gesicht. Ihr Haar war eine wilde, kupferfarbene Lockenpracht, und selbst ihre irisierenden Flügel hatten etwas Räuberisches an sich, so wie die einer Libelle.
Und sie konnte, wenn auch nur die Hälfte der Geschichten über ihre Spezies stimmte, ebensogut einen Menschen mit dem Stab erstechen, den sie trug, als sich mit ihm unterhalten.
Doch das schien Lydia nicht zu stören. Ich habe noch nie g ehört, daß ein Mensch mit einer Fee Freundschaft schließt , dachte Kevin. Aber die beiden schienen Freundinnen zu sein, oder wenigstens gute Bekannte. »Wir sind unterwegs zu einem Abenteuer«, verkündete die Amazone.
»Nein …« antwortete Tich’ki gedehnt. » Wirklich? Ich dachte, ihr wolltet ein bißchen im Wald spazierenreiten.«
Der Blick
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