The Bards Tale 01 - Die Burg der Verräter
dann solltet ihr besser aufhören zu kämpfen und etwas von dieser berühmten Elfen-Selbstbeherrschung zeigen! Oder ist es nur ein Mythos, mit dem ihr euch den Respekt der Menschen erschlichen habt?«
»Keineswegs«, erwiderte Naitachal knapp. »Und du hast da nicht ganz Unrecht, Bardling.«
Tich’ki kicherte. »Ein ganz schön kühner Bursche …«
»Und du! « Kevin deutete so heftig mit dem Finger auf sie, daß sie zusammenzuckte. »Du hast bisher nichts weiter getan, als alle schnippisch zu behandeln. Deine Geschichte interessiert mich nicht, genausowenig, welchen Schmerz du mit dir herumträgst …«
»Das tue ich ja gar nicht!« protestierte sie.
»… aber ich frage mich langsam, ob du nicht auf der Gehaltsliste unserer Feinde stehst!«
Die Fee erstarrte mitten in der Luft. »Das tue ich mit absoluter Sicherheit nicht!«
»Dann hör auf, dich so zu benehmen!«
Lydia räusperte sich. »Glaubst du nicht, daß du da ein bißchen weit gehst, Kind?«
Kevin wirbelte zu ihr herum. »Und was dich betrifft, Lydia: Ich weiß, daß ich jung bin und im Vergleich zu dir keine Ahnung von der Welt habe. Doch eins bin ich nicht: Ein Idiot!«
»Oh, das habe ich nie gesagt …«
»Aber du denkst es. Und solange du das tust, hinderst du mich daran, meine Aufgabe zu erledigen.«
»Welche wäre das?«
»Dieselbe, die wir alle haben: Charina zu befreien!«
Sie wurden unruhig. Schließlich waren das keine ungezogenen Kinder. Kevin begriff, daß er sie alle verärgern würde, wenn er seinen Tonfall nicht änderte.
»Hört zu.« Der Bardling hob seine Stimme so sanft, wie Meister Aidan es ihn gelehrt hatte. »Lydia und ich haben etwas höchst Alarmierendes erfahren, etwas, neben dem unsere ganzen Querelen so unwichtig erscheinen wie sie tatsächlich sind. Carlotta lebt.«
»Die Zauberin?« rief Eliathanis. »Aber das ist unmöglich! Jeder weiß, daß sie schon vor Jahren gestorben ist.«
»Das hat man uns glauben machen wollen. Ich wiederhole, Carlotta ist quicklebendig. Und ihr wißt genausogut wie ich, daß sie nichts lieber tun würde, als König Ambers Herrschaft zu erschüttern.« Kevin holte tief Luft, um Zeit zu gewinnen, während er sich seine nächsten Worte überlegte. »Seht, wir wissen alle, daß es zwischen all den verschiedenen Rassen in diesem Königreich unterschwelliges Unbehagen, eine Atmosphäre des Mißtrauens gibt. Das ist nicht überraschend. Es mag nicht logisch sein, aber sowohl Elf als auch Mensch fürchten das Unbekannte. Und wenn dieses Unbekannte die Gestalt von jemandem mit einer anderen Hautfarbe annimmt
…« dabei schaute er Naitachal an, »oder eine andere Lebensweise«, diesmal warf er Lydia einen Blick zu, »dann schlägt die Furcht nur allzuleicht in Haß um.«
»Nur zu wahr«, murmelte der Dunkle Elf, und auch Eliathanis nickte bestätigend.
»Aber seit dreißig Jahren«, fuhr der Bardling fort,
»haben all diese Rassen in Frieden nebeneinander gelebt.
Und warum? Weil König Amber solch ein gerechter, unparteiischer Herrscher ist.«
Diesmal nickte Lydia.
»Nun, Carlotta ist nicht so«, meinte Kevin. »Je beliebter ihr Bruder ist, desto schwieriger wird es für sie, ihn zu vertreiben. Sie hat schon einmal versucht, ihn zu töten.
Wir alle wissen das. Und auch, wie sie gescheitert ist.
Carlotta hatte jedoch dreißig Jahre Zeit, über all das nachzudenken. Ich vermute, sie hat sich einen noch raffinierteren Plan ausgedacht.«
Der Bardling hielt inne, um Atem zu holen, und schaute die anderen an. Sie musterten ihn sehr aufmerksam; selbst Tich’ki zeigte nichts von ihrem gewöhnlichen Spott.
»Carlotta weiß bestimmt genau, wie die Dinge zwischen den Rassen stehen«, fuhr Kevin fort. »Und welche bessere Möglichkeit gäbe es, König Ambers Herrschaft zu erschüttern, als eine Entführung, die diesen latenten Haß entfacht? Wenn das Land erst einmal von Hader zerrissen ist, wird es für sie ein Kinderspiel sein, die Kontrolle zu erlangen.«
»Könnte sein«, murmelte Tich’ki.
»Nicht ›könnte‹«, verbesserte Kevin sie. »Es wird so sein, wenn wir sie nicht aufhalten.«
»Warum wir?« wollte Lydia wissen.
Ja, warum? Diese Frage konnte er der Amazone nicht vorwerfen. Schließlich war sie eine Söldnerin, keine Untertanin des Königs. Doch bevor Kevin eine gute Antwort finden konnte, sagte Naitachal nachdenklich: »Ich glaube, ich weiß, warum Carlotta ausgerechnet Graf Volmars Nichte entführt hat. Volmars Vater war ein echter Diplomat.«
»Das war er«, stimmte
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