The Bards Tale 01 - Die Burg der Verräter
eher wir das Manuskript los sind, desto eher können wir tun, was wir wollen. Dies hier zum Beispiel.«
Ohne Vorwarnung schlang Carlotta ihre Arme um seinen Hals. Ihre Lippen waren verführerisch dicht an seinen.
Verführerisch! dachte der Bardling panisch. Sie preßte ihren Körper gegen seinen, und der süße Duft ihres Parfüms stieg ihm in die Nase. Zu jeder anderen Zeit hätte er beinah alles getan, um so von einer solch entzückenden jungen Lady umarmt zu werden, doch jetzt … Mächte, es wäre sicherer, eine Schwarze Witwe zu küssen! Aber wenn ich sie nicht küsse, dann wird sie wissen, daß etwas nicht stimmt …
Kurz bevor er sich dazu zwang, die kleinere Gefahr zu wählen, schob Charina ihn kichernd weg. »Ihr habt gar keine Kopfschmerzen. Und wenn doch, dann werden sie verschwinden, jetzt, da wir den Garten verlassen haben.
Es liegt einfach nur daran, daß ihr all diese Kräuterdüfte eingeatmet habt.« Ihr Lächeln war ein Wunder an falscher Unschuld. »Einige von ihnen lösen bei mir ein Niesen aus, jedesmal wenn ich ihnen nahekomme! Wenn die Köche sie nicht für ihre Rezepte benötigten … Macht nichts. Laßt uns dieses alberne alte Manuskript suchen und machen, daß wir hier herauskommen.«
O bitte , flehte Kevin das Manuskript an, versteck dich weiter vor mir, wie du es bisher getan hast.
Er konnte nicht nur so tun, als suche er, nicht, da Carlotta jede seiner Bewegungen beobachtete. O nein, obwohl Kevin klar wurde, daß sie nicht wirklich wußte, wie das Manuskript aussah, wußte sie sicher, wie es nicht ausschauen würde. Er konnte nicht versuchen, sie mit einem falschen Titel hereinzulegen. Und so machte der Bardling das einzige, was er konnte: Er überprüfte jeden Titel in der Bibliothek so langsam und gründlich wie möglich.
Doch diese Art von Verzögerung war ein riskantes Unterfangen. Kevin war sich nur allzudeutlich bewußt, daß sich hinter Carlottas entzückender Miene kaum unterdrückte Ungeduld verbarg. Wenn er sie zu weit trieb …
Ein Zeitalter verstrich, jedenfalls schien es ihm so, während er die Bibliothek absuchte, dann noch eins, das gereicht hätte, um ein Gebirge zu erodieren. Schließlich hatte Kevin jedes Manuskript in der Bibliothek geprüft –
bis auf ein einziges.
Als hätte seine Hand ein Eigenleben, schaute der Bardling fasziniert zu, wie sie das Buch aus dem Regal nahm, fühlte das seltsame, magische Prickeln, das ihm sagte, was er da ihn der Hand hielt, noch bevor er den Titel gelesen hatte.
Lehrbuch Alten Liedguts.
Natürlich. Du hast dir einen großartigen Zeitpunkt ausgesucht, um aus deinem Versteck aufzutauchen, sagte er mit bitterem Sarkasmus im stillen zu dem Manuskript.
»Kevin!« fuhr Carlotta ihn an. »Was macht Ihr da?
Warum starrt Ihr auf dieses leere Buchregal?«
»Aber es ist nicht …«
»Ach, hört auf mit den Clownereien!« Dieser scharfe Befehl ließ nur noch wenig von dem unschuldigen jungen Mädchen spüren. »Ich will nicht den ganzen Tag hier verbringen. Macht mit Eurer Suche weiter!«
Verwirrt drehte Kevin sich zu ihr um, das Manuskript in der Hand.
Carlottas Augen weiteten sich schockiert. »Ihr … du hast es ja!« stieß sie hervor. Im nächsten Moment hatte die Zauberin sich wieder in der Gewalt. »Hier, gebt es mir.«
Sie war also nicht in der Lage gewesen, das Manuskript zu erblicken, bis er es aus dem Regal genommen hatte! Verwirrt von dieser neuerlichen Magie brachte der Bardling nichts weiter hervor als ein linkisches: »Ehm …
tut mir leid, Charina.«
»Kevin? Ich bin nicht in der Stimmung für Spielchen.
Gebt es mir.«
»Ich … ehm … das kann ich nicht.«
»Kevin! Gib es mir! «
Der Bardling ging rückwärts zur Tür und stammelte die ersten Worte, die ihm in den Sinn kamen. »Ich … ich muß es behalten, um … um es in mein Zimmer mitzunehmen und …«
»Das glaube ich kaum.« Mißtrauen flackerte in ihrem Blick auf. »Du hast die Wahrheit entdeckt, mein Kleiner, nicht wahr?«
»Ich … b-bin nicht …«
»Ach, du hast es. Welch ein Jammer.«
Es gab nicht mehr die leiseste Spur von Jugend oder Unschuld in ihrer Stimme. Kevin schaute mit fasziniertem Entsetzen zu, wie Charinas Gestalt wuchs und sich rasch veränderte, eingehüllt in einen verwirrenden Nebel von Formen und Farben. Die Frau, die anschließend vor ihm stand, ähnelte in nichts dem Mädchen, das sie noch vor einigen Momenten gewesen war: Sie war groß, anmutig, wunderschön und eiskalt. Ihr langes Haar war flammendrot, ihre grünen
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