The Bards Tale 01 - Die Burg der Verräter
Himmel und Erde rotierten in einem schwindelerregenden Kreis um ihn herum. Der Bardling griff wie verrückt nach Gräsern und Felsen und versuchte, den Fall zu bremsen, landete jedoch schließlich mit einem heftigen Ruck in einem harten Busch.
Kevin drehte sich mit geschlossenen Augen auf den Rücken und versuchte, sich daran zu erinnern, wie man Luft holte. Alles tat ihm weh, und er hatte eine Heidenangst davor, sich zu bewegen. Er wollte nichts weiter als in Frieden gelassen werden und sterben. Doch kräftige Hände packten seine Schultern und zogen ihn auf die Füße. Er öffnete die Augen und sah Eliathanis, der ihn stützte, und das Manuskript, das während des Sturzes irgendwie wieder in seine Hände geraten war.
»Geht’s dir gut?« fragte der Weiße Elf besorgt und fügte dann hinzu, ohne auf Kevins Antwort zu warten:
»Komm mit. Lydia wartet mit unseren Pferden da unten am Fuß des Berges. Wir müssen verschwinden, bevor die Wachen eine Chance haben, auf die Pferde zu steigen und uns zu verfolgen.«
»Bevor Carlotta uns verfolgt«, verbesserte Naitachal ihn sarkastisch. »Auch wenn wir ein gutes Gespann abgegeben haben, Cousin-Elf«, er warf Eliathanis ein Grinsen zu, das dieser erwiderte, »möchte ich mich so schnell nicht wieder mit ihr anlegen.«
Kevin ließ das alles an sich vorbeirauschen ohne zuzuhören. Wenigstens bin ich auf Gras und nicht auf Felsen gelandet, dachte er, während er versuchte, die Benommenheit abzuschütteln und seine Gedanken zu sammeln. Und er schien sich auch nichts gebrochen zu haben. Der Bardling verstaute das schwere Manuskript in seinem Wams und kletterte den Hügel hinunter zu der Stelle, wo Lydia wartete. Er zog sich ohne Hilfe in den Sattel und zuckte zusammen, als seine angespannten Muskeln schmerzhaft protestierten.
»Tich’ki …«
»Hier.« Sie war wieder zu ihrer normalen Größe zusammengeschrumpft und hatte sich erschöpft vor Lydia auf den Sattel drapiert. »Wir sind alle da.«
»Ich habe deine Laute«, fügte die Amazone hinzu.
Nachdem der Bardling sie schnell geschultert hatte, befahl sie in scharfem Ton: »Reiten wir endlich!«
Mit halsbrecherischem Tempo legten sie den Rest des steilen Weges vom Berg hinunter zurück, und Kevin betete, daß keines ihrer Pferde stolpern oder mit dem Huf steckenbleiben möge. Hinter sich hörte er den schrillen Klang der Alarmgongs.
Aber wir haben einen guten Vorsprung, wir könnten es in den schützenden Wald schaffen, bevor …
Ein gleißender Lichtstrahl erschreckte ihn so sehr, daß er fast aus dem Sattel gefallen wäre. Hexerei! Doch als dem Blitz ein heftiges Donnergrollen folgte, begriff er, daß ein Sturm über ihnen zusammenzog. Eine wilde, regengepeitschte Windbö fegte gegen die Pferde und ließ sie schwanken.
»Wir sind gerettet!« rief Lydia frohlockend.
»Nein«, erwiderte Eliathanis schreiend. Seine Augen waren geweitet und schienen in die Ferne zu blicken. »Es gibt keine Sicherheit. Außer im Grab.«
»Sag nicht sowas!« fuhr Naitachal ihn an. »Ich habe wirklich genug Gräber gesehen, danke vielmals!«
Eliathanis schien unvermittelt wieder zur Besinnung zu kommen. »Ich fürchte, eines wirst du noch sehen, mein Freund.«
»Was meinst du damit?« Naitachal lachte. »Ich habe noch nie einen Weißen Elf erlebt, dessen Prophezeiungen auch nur eine Kupfermünze wert gewesen wären.«
Doch Kevin spürte überrascht eine Spur von Angst hinter dieser Spöttelei. Und der Ausdruck von unweltlichem Kummer in Eliathanis’ Blick löste einen kalten Schauer in dem Bardling an. »Es wird alles gut«, sprudelte es panisch aus ihm heraus. »Ihr werdet schon sehen.
In den Wäldern werden wir uns vor allem verstecken können, selbst vor einer ganzen Armee.«
»Wirklich?« Die scharfe Stimme, die so unvermittelt erklang, ließ die Pferde scheuen und vor Furcht aufwiehern. »Oder werdet ihr sterben?«
Mit einem wundervollen Gefühl für Dramaturgie spaltete ein zweiter Blitz den Himmel. Betäubt von dem grollenden Donner starrte Kevin ungläubig auf die plötzliche Erscheinung. Es gab nicht den geringsten Zweifel daran, wer das war: ihr vornehmes Gesicht war zu einer kalten, magischen Fratze erstarrt. Ihr grünes Kleid peitschte in dem stärker werdenden Sturm um sie, der die Locken ihres langen Haares wie Flammen züngeln ließ.
»Carlotta! Ab … Aber wie …?«
»Sie ist eben eine Zauberin«, erinnerte Naitachal den Bardling trocken. Die zuvor blauen Augen des Dunklen Elfs flackerten am Rand rötlich
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