The Bards Tale 02 - Festung aus Feuer und Eis
machten die Kreatur auf ihn aufmerksam. »Wenn Euch Euer Leben lieb ist, schöner Jüngling, dann befreit mich!« Das war eindeutig die Stimme einer Frau.
»Das werde ich!« rief er und lief zurück zum Stamm.
Dort entledigte er sich hastig der Kletterspikes und seiner Mandoline. Im Nu zog er sich in die Zweige, doch er brauchte etwas länger, um vorsichtig in die hohen Äste zu klettern. Er mußte auf einem Knie balancieren, um das Messer aus seinem Gürtel ziehen zu können und das Netz zu zerschneiden.
Vorsichtig rutschte er wieder herunter und kletterte dann den Stamm hinab. Er packte die Spikes in seinen Beutel und hängte sich die Mandoline auf den Rücken.
Doch als er unter dem Blätterdach des Apfelbaums hervortrat, flog die Vogelfrau herab und setzte sich auf das Gras. Sie wartete offenbar auf ihn und spreizte ihre Flügel, als er vor ihr hinkniete. »Verbeuge dich nicht, Junge.
Setz dich lieber und unterhalte dich ein wenig mit mir.«
»Das mache ich gern, Lady.« Er kam sich vor wie in einem seiner Lieder. Mit gekreuzten Beinen setzte er sich ins Gras. Sie war so nah, daß er ihr Gefieder hätte berühren können, wenn er es gewagt hätte. »Ich bin Gawaine, Bardling bei Meister Naitachal, dem Barden. Wie nennt man Euch?«
»Ich heiße Fenix.«
Gawaine schaute auf die Mauern, die den winzigen Garten umgaben. »Was … was ist das hier für ein Ort, und wie kommt Ihr hierher? Und … und wo sind meine Gefährten? Mein Meister und drei Männer, ein Echsenmann und ein Zwerg?«
»Eine höchst wundersame Mischung«, sagte Fenix ernsthaft. »Dieser Ort hier, nun, es ist die Burg des Schneedrachens Voyvodan, und die Mauern und Türme gehören ihm. Was nun Eure Freunde angeht – ich fürchte, daß Voyvodan alle gefangennimmt, die in sein Gebiet eindringen. Der Garten und der Baum gehören mir, wie früher einmal das ganze Tal, bevor der Schneedrache kam und den Zauber des unaufhörlichen Winters darüber warf.
Die Falle stellte er für mich auf, denn er weiß, daß ich zu dem Baum zurückkehren muß, wenn die Äpfel reif sind.«
»Warum? Sind es … magische Äpfel?«
Fenix gab ein silberhelles Geräusch von sich, offenbar ein Lachen. Gawaine spürte, wie er errötete. »Ihr braucht nicht verlegen zu sein«, sagte sie sofort. »Es ist eine durchaus berechtigte Frage, da Ihr es ja nicht wissen könnt. Sie sind nicht magisch. Es sind Äpfel.« Er schaute sie verwirrt an. »Geht«, sagte Fenix, »pflückt einen und bringt ihn her.«
Gawaine stand auf und trat unter das Blätterdach. Der süßliche Duft der Äpfel drang in seine Nase, und er suchte die niedrigen Zweige ab, bis er eine große, rote Frucht fand. Mit dem Apfel in der ausgestreckten Hand setzte er sich wieder vor das Vogelwesen hin. »Eßt ihn«, forderte Fenix ihn auf.
Unsicher betrachtete er ihn, doch allein der Duft machte ihn schrecklich hungrig. Er biß hinein, und der Saft lief ihm das Kinn hinunter. »Apfel«, sagte er bewundernd.
»Eben«, erwiderte der Vogel. »Und er ist perfekt. Keiner, der jemals in einen solchen Apfel gebissen hat, kann ihnen widerstehen. Das wußte der Schneedrache, und deshalb stellte er die einzige Falle auf, der ich nicht entgehen konnte.«
»Perfekte Äpfel.« Gawaine biß erneut ab. Irgend etwas, was Raven über die ›Absolute Wahrheit‹ gesagt hatte, ging ihm im Kopf herum, aber er konnte sich nicht genau daran erinnern. Doch wenn es so etwas gab, dann lag die Wahrheit über Äpfel sicherlich in dieser Frucht.
Er aß ihn auf, leckte sich die Finger ab und legte das Gehäuse vorsichtig zur Seite. »Was werdet Ihr tun, Fenix?«
fragte er schließlich.
»Ich weiß es nicht.« Sie seufzte, und Gawaine war sicher, daß er noch nie in seinem Leben ein so trauriges Geräusch gehört hatte. »Das war mein Tal, wie ich Euch ja schon sagte, und dieser Baum gehört mir. Obwohl der Schneedrache eine tödliche Bedrohung für mich darstellt, kann ich beide nicht verlassen. Aber da ist noch mehr …
Es gibt hier eine Schriftrolle, und sie enthält – die ›Absolute Wahrheit‹. Die Götter selbst legten diese Rolle in eine platinene Schatulle und verschlossen sie in dem großen Kristallstuhl. Mir trugen sie auf, sowohl den Stuhl als auch die Rolle zu bewachen. Und nun«, sie seufzte wieder, »hockt Voyvodan auf dem Stuhl, häuft protzige und kostspielige Dinge und Reichtümer aller Art im Palast an.
Dabei hängt der größte Schatz direkt über seinem Kopf, eingeschlossen in den Kristall. Und er ahnt
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