The Bards Tale 02 - Festung aus Feuer und Eis
nichts davon.«
Gawaine dachte verblüfft darüber nach. Doch bevor er etwas erwidern konnte, flog Fenix davon.
»Sie hätte ruhig etwas hilfreicher sein können«, sagte er leise. »Schließlich habe ich sie gerettet.« Aber durch Meister Naitachals Erzählungen wußte Gawaine, daß man sich auf magische Geschöpfen nicht verlassen durfte. Er wühlte in seinem Beutel und holte die Kletterriemen heraus. »Nun, sie hat mir immerhin erzählt, wonach ich suchen muß. Vermutlich liegt es an mir, die anderen zu retten.«
Es war nicht einfach, die Lederriemen ohne Hilfe fest um die Hand zu binden. Aber schließlich schaffte er es.
Er stand auf, drehte sich langsam um sich selbst und musterte der Reihe nach die Mauern. »Diese nehme ich, denke ich. Gott weiß, welche Richtung das sein mag.
Oder von welcher ich heruntergesprungen bin.«
Er hatte seinen Orientierungssinn vollkommen verloren, doch als er die Mauerkrone erreichte, wurde ihm klar, daß es auf eine bestimmte Richtung eigentlich nicht ankam. Wohin er auch blickte – überall Mauern, die an andere stießen, nah und fern, scheinbar endlos.
17.
KAPITEL
In späteren Jahren konnte sich Gawaine an diese Episode nie genau erinnern. Er kletterte eine Ewigkeit über Mauern, stand auf Mauerkronen – nur, um über Myriaden weiterer Wälle zu schauen. Es gab nichts anderes: Den Himmel bildete eine undurchdringliche Decke aus Grau, der Wind blies stetig und eisig, und die Wände sahen alle gleich aus. Nur daß manche mit Eis bedeckt waren und andere nicht Mal rutschte Gawaine in einen Korridor, mal in ein Quadrat oder ein Rechteck, mal dachte er nach, dann wieder schlief er. Er machte kleine Pausen und aß etwas von den wenigen Vorräten, die ihm noch geblieben waren, oder trank einen Schluck eiskaltes, aber abgestandenes Wasser. Es mußten schon Tage vergangen sein, jedenfalls hatte er das Gefühl, vielleicht war aber auch die Zeit merkwürdig gedehnt. So wie die Korridore, die sich anscheinend unendlich vor ihm erstreckten. Außerdem konnte er sich an keine einzige Nacht erinnern.
Einmal fand er einen kleinen sechsseitigen Hof, doch wie der Rest des Labyrinths war auch er von steilen weißen Mauern umgeben und unfruchtbar. Er entdeckte keinen anderen Ort wie Fenix’ Hof, und er bedauerte allmählich, daß er nicht daran gedacht hatte, wenigstens noch einen Apfel mitzunehmen.
Noch etwas anderes regte ihn auf. Armer Thunder!
Wie es ihm wohl geht? Hatten der Schneedrache oder seine Leute die Pferde gefunden? Hoffentlich letztere.
Hoffentlich hat jemand sie gefunden und abgesattelt, sie irgendwo aus der Kälte geführt, sie gefüttert und sich um sie gekümmert. Viel Hoffnung hegte er nicht. Aber wenigstens lenkte ihn der Gedanke an sein Pferd von seinen eigenen Schwierigkeiten ab. Ein bißchen jedenfalls.
Er wußte auch nicht mehr, in welcher Richtung die äußerste Wand dieses Labyrinths liegen mochte, wo sich der Turm befand, den sie von diesem hohen Kamm aus gesehen hatten, oder wie lange er schon suchte. Tage?
Stunden? Der heroische Anflug, der ihn noch in Fenix’
Garten übermannt und ihn die Mauern hatte erklimmen lassen, war verschwunden. Der Gedanke, seinen Meister und die Gefährten zu retten und möglicherweise sogar Voyvodan zu töten, kam ihm jetzt geradezu lächerlich vor. »Ich bin einfach kein Held«, murrte er. »Ich kann ja nicht mal mich selbst retten!« Er konnte nicht einmal die geringe Magie, die er vielleicht besaß, einsetzen, weil seine Hände so steifgefroren waren, daß er die Saiten der Mandoline nicht hätte berühren können.
Er fühlte sich so müde, daß er kaum spürte, daß das Instrument auf seinem Rücken hing. Allerdings achtete er darauf, daß er die Mandoline beim Klettern nicht noch mehr beschädigte, als die kalte Luft das sicher schon tat.
Gawaine kämpfte sich weiter, und kurze Zeit später stieß er auf einen Hof, der bewohnt war. Ungefähr ein Dutzend kleiner brauner Mäuse saß irgendwie in diesem Loch in der Falle. Gawaine stand auf der Mauerkorne und schaute hinab, die Mäuse stellten sich auf die Hinterbeine und schauten hinauf. Ihre Nüstern und Nasen zuckten. »Oh, ihr armen Geschöpfe«, sagte Gawaine leise. »Ihr werdet hier verhungern.« Er ging auf der Mauer entlang, doch die Mäuse folgten ihm. Also mußte er sich umdrehen und hinunterklettern. Er konnte nur hoffen, daß sie zur Seite liefen, wenn er hinabsprang. Als er in dem kleinen, viereckigen Hof stand, fragte er sich, wie er diese ungezähmten
Weitere Kostenlose Bücher