The Bards Tale 02 - Festung aus Feuer und Eis
Schneedrachen es nicht hören.
Das tut mir wirklich leid, weil ich oft als Entgelt für mein Abendessen singe.« Plötzlich fühlte er sich sehr wohl in der Mitte dieser Schönheiten, und er gab sich auch gar nicht mehr so unbeholfen wie sonst. Es ist dieser Ort und das Essen nach all den Entbehrungen, sagte er sich. Daran mußte es liegen. »Aber erzählt mir doch etwas über Euch. Warum seid Ihr hier?«
Einen Moment herrschte Schweigen.
»Gut«, begann Ariana dann. »Ich war die zweite Tochter eines Grafen und sollte zu einer Ehe gezwungen werden, die ich nicht wollte. Also sattelte ich an einem Nachmittag mein Pferd und ritt zu einem Hügel. Dort überlegte ich, ob ich dem Wunsch meines Vaters nachkommen und das Beste aus diesem schlechten Handel machen, allein weglaufen oder meinem Lehrer vertrauen sollte, der behauptete, ich wäre ihm so wichtig, daß er mit mir fliehen würde.« Sie senkte kurz den Blick.
»Dann gab es einen hellen Blitz und einen furchtbar kalten Windstoß, und mein Pferd warf mich ab. Ich erinnere mich an nichts mehr, bis ich hier aufwachte.«
»Wir«, bemerkte Irene, »sind Bauerntöchter. Wir haben denselben hellen Blitz und die Kälte erlebt, als wir mit zwei Geißen meines Vaters zum Markt unterwegs waren.«
»Und ich war das zehnte Kind eines armen Viehhüters«, sagte ein anderes Mädchen, eine entzückende weißblonde Schönheit, deren Haut so zart war, daß an den Schläfen ihre Adern zu sehen waren. »Ich hatte gerade die Gänse an den Strom geführt, als ich sah, daß das Wasser zu Eis gefror – mitten im Hochsommer! Und am anderen Flußufer stand ein seltsamer Mann in Weiß. Er bot mir an, mich von dort weg und mit hierherzunehmen.« Sie zuckte mit den Schultern. »Stellt Euch vor: Statt eines beschwerlichen Lebens, immer zuwenig Essen und einer öden Hütte, die im Winter kalt und zugig war und im Sommer heiß und stickig, bot er mir Seide und Juwelen an, eine Frau, die mein Haar frisierte und sich um meine Kleidung kümmerte, und Diener, die mich mit Leckerbissen versorgten. Welches Mädchen mit Verstand hätte das nicht akzeptiert? Ich tat es jedenfalls – und fand mich dann hier wieder, ohne mich daran erinnern zu können, wie ich hierher gekommen war.« Sie seufzte.
»Es war am Anfang höchst verwunderlich, nichts weiter zu tun zu haben, als die Strapazen der jahrelangen Arbeit abzuschütteln, Freundinnen kennenzulernen, zu spielen oder zu sticken. Doch jetzt langweile ich mich, trotz all der Freundinnen und der Dinge, die meine Aufmerksamkeit erregen.«
»Ihr langweilt Euch?« Gawaine zog verblüfft die Augenbrauen hoch.
»Aber ja«, erklärte Lyrana. »Wir haben nichts weiter zu tun als die Hobbies von Edeldamen auszuüben. Es gibt keine Bücher, obwohl ich ihn selbst darum gebeten habe. Er genehmigt uns auch keinen Lehrer, obwohl einige von uns belesen sind und versuchen, die anderen zu bilden. Das schlimmste ist, wenn ein Mädchen erst einmal in diesem Hof aufgewacht ist, gibt es kein Entkommen mehr.« Einige der jungen Frauen rührten sich, und Lyrana fügte hinzu: »Nun ja, jedenfalls können wir den Palast nicht verlassen, dessen sind wir sicher.« Gawaine schaute sie fragend an. »Immerhin ist er ein Drache, wißt Ihr«, erklärte Lyrana.
»Oh? Ach so.« Gawaine stöhnte, schloß die Augen und vergrub den Kopf in den Händen. Lyrana redete weiter.
»Ich bin die Älteste von uns und am längsten hier, obwohl ich erst zwanzig bin. Fünf von uns kamen nicht lange nach mir, und die vierzehn, die vor mir da waren, sind fort. Voyvodan schickte nach ihnen, wißt Ihr, und sie kehrten niemals zurück.«
»Denkt Ihr …?« Er konnte die Frage nicht beenden.
»Jede von ihnen war älter, als Lyrana jetzt ist«, sagte Irene schlicht.
»Ja, und sie waren nicht mehr so schön und jung und taufrisch, daß ältere Männer sich ihretwegen zum Narren machten«, setzte Iris scharfsinnig hinzu.
»Er ist ein Drache und sammelt folglich schöne Dinge, perfekte Dinge«, sagte Lyrana nach einem Moment.
»Doch sobald sie diese Perfektion verlieren, nun, er hat, seit ich hier bin, zweimal Rosensträucher aufgezogen und ersetzt. Der einzige Makel war, daß die Blüten nicht mehr so hoch wuchsen wie zuvor und daß die Blätter braune Flecken hatten.« Sie dachte kurz darüber nach, und Gawaine wußte nicht, was er sagen sollte. (Irgendwie reicht ein einfaches ›Tut mir leid‹ nicht als Beileids-bekundung, wenn du von einem Drachen gefressen wirst, weil du das hohe Alter von
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