The Bards Tale 03 - Gefängnis der Seelen
deiner Schilderung nach berauscht war. Bist du sicher, daß er nicht übertrieben hat? Es ist fast zu schrecklich, um es glauben zu können.«
Alaire dachte kurz darüber nach. »Das denke ich nicht.
Jedenfalls nicht in diesem Fall. Diese Verhaftung in der Spelunke schien ihn schlagartig ernüchtert zu haben. Einen Augenblick war er so klar, daß er fast jeden überzeugt hätte, keinen Tropfen angerührt zu haben. Schon die Beschreibung dieses Ortes hat ihm Angst eingejagt.
Ich habe es in seinen Augen gesehen. Und mir auch.«
Naitachal war zwar noch nicht restlos überzeugt, wollte die Geschichte aber erst einmal akzeptieren. Ich muß sie noch von irgend jemandem bestätigen lassen. Vorläufig nehme ich an, daß sie stimmt. Alaire zittert immerhin allein schon bei der Schilderung.
»Ich glaube, jemand wollte mich heute abend dazu verleiten, Magie einzusetzen«, sagte Naitachal und erzählte Alaire von dem Mordanschlag. »Ich war nur einen Atemzug davon entfernt, einen richtig ekligen Todeszauber auszusprechen, der ihn zerbröselt hätte.«
»Habt Ihr Euch noch stoppen können?« fragte Alaire sichtlich erschüttert.
»Gerade noch. Ich war müde und reagierte instinktiv.
Ob dieser Assassine ahnte, wie nah er dem Tod gewesen ist? Er wollte mich jedenfalls nicht töten, sondern nur in eine Lage bringen, in der ich verzweifelt genug war, einen Zauber gegen ihn zu benutzen.«
Naitachal versuchte, die Situation locker zu schildern.
Es hatte keinen Sinn, den Jungen noch weiter zu verängstigen. »Wenn ich Magie benutzt hätte, wäre es auch nicht gleich das Ende der Welt gewesen. Ich bin immerhin ein Dunkler Elf. Wer weiß, vielleicht hätte ich mir hier sogar Freunde gemacht. Möglicherweise wären sie der Meinung, daß ich ein besserer Lehrer wäre, als eine Seele hinter Glas.«
Alaire schnitt eine Grimasse.
Naitachal zwang sich zu einem Lachen. »Und bei meiner Elfenkonstitution macht ein Jährchen auch nichts, genauso wenig wie der Alterungsprozeß.«
Alaire runzelte die Stirn und legte den Finger auf den wunden Punkt. »Aber in dem Jahr könnte der Krieg zwischen unseren beiden Königreichen ausbrechen, und Ihr wäret dann nicht da, um uns zu helfen.«
Naitachal wischte die Bemerkung beiseite. »Vergiß es.
Wir haben diesen Abend ohne Mißgeschick überstanden, und jetzt kennen wir ja die Fallstricke. Du mußt mir nur versprechen, daß du keine Art von Magie einsetzen wirst, solange wir hier sind. Es sei denn, um dein Leben zu retten – oder das von jemand anderem.«
»Das muß ich Euch nicht versprechen. Ich werde mich hüten, meine Gabe zu nutzen, solange ich hier bin.«
Naitachal nickte zufrieden. »Gibt es noch etwas, was ich wissen sollte?«
»Tja, dieser Sir Jehan«, sagte Alaire verwirrt. »Ich habe ihn in einer dieser Tavernen getroffen. Er ist sehr eigenartig. Ein älterer Mann, etwa Mitte vierzig, adlig, und er scheint so lasterhaft zu sein, wie Kai in einigen Jahren vielleicht sein wird. Ich weiß nicht genau, wie seine Stellung ist. Kai mag ihn sehr, und ich weiß nicht genau, warum. Vielleicht, weil er der einzige Edelmann am Hof ist, der sich um ihn kümmert. Aber irgendwie ist er mir suspekt. Ich habe das Gefühl, daß seine Haltung genau kalkuliert ist.«
Interessant. »Kannst du etwas genauer werden?«
Alaire schüttelte den Kopf. »Im Moment nicht, nein.
Es ist nur ein Gefühl, eine Ahnung. Er manipuliert Kai irgendwie. Und dann gibt es noch den Kommandanten der Wachen, auch ein Freund von Kai. Ich habe zwar gestern nicht viel davon mitbekommen, aber so, wie Kai mit ihm geredet hat, scheint er auch ein › Freund ‹ am Hof von Suinomen zu sein.«
Sehr interessant. »Das müssen wir genauer untersuchen. Es könnte wichtig sein, oder auch gar nichts bedeuten. So lange scheint Kai unsere beste Informationsquelle zu sein.«
»Das stimmt«, antwortete Alaire. »Jetzt muß ich herausfinden, wie ich mit ihm zurechtkomme, wenn er nicht betrunken ist. Dann ist er ja vielleicht ein ganz anderer Mensch.«
Naitachal betrachtete die Sonne, die wie ein ungebetener Gast verstohlen durch die Lamellen der Fensterläden lugte. »Mein Tag scheint zu beginnen. Du solltest dich lieber hinlegen und schlafen, mein junger Freund. Was Kai wohl im Moment auch machen dürfte.«
Naitachal schob Alaire zu seinem Bett, und der Jüngling nahm sich kaum die Zeit, sich auszuziehen, bevor er auch schon hineinsank. Im Grunde war der Barde stolz auf seinen Schüler. Er gab kluge Einschätzungen ab, dachte
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