The Bards Tale 03 - Gefängnis der Seelen
nach ihren Mützen zu urteilen, starrten Naitachal über diese Tür hinweg an und stritten sich anscheinend heftig.
Das riecht nach einer Verschwörung, dachte Naitachal. Ein anderes Dienstmädchen erschien mit einem Teller, einem Bierkrug und einem Brotkorb. Sie balancierte die Dinge unsicher auf einem Weidentablett, das schon bessere Tage gesehen hatte. Ganz offensichtlich ist niemand hier. Und es gibt auch keine Anzeichen dafür, daß irgend jemand heute morgen hier gegessen hat. Außerdem war das Essen schon vorbereitet. Sie hätten sich kaum eine bessere Verzögerungstaktik einfallen lassen können. Das Dienstmädchen stellte das Essen vor ihm ab und verschwand wieder in der Küche. Naitachal fragte sich, wann der Rest der Burgbewohner frühstückte, bis ihm klar wurde, daß wahrscheinlich nur die wenigsten Gäste über Nacht geblieben waren. Im anderen Fall mußten sie während seines Spaziergangs von seinem Zimmer hierher unglaublich leise und vollkommen unsichtbar gewesen sein. Wahrscheinlich wurden die Mahlzeiten den ständigen Bewohnern des Palastes auf die Zimmer serviert. Oder aber die anderen wußten, daß er hier sein würde, und machten einen großen Bogen um ihn.
Naitachal betrachtete verärgert das Essen. Das Brot war kalt und hart. Das Holzbesteck drang nicht durch die Kruste, also packte Naitachal den Laib und schlug ihn unfreundlich gegen die Tischkante. Er mußte diese Aktion mehrmals wiederholen. Dabei wäre der wacklige Tisch beinah umgefallen, was kein großer Verlust gewesen wäre. Der Fasan oder das kleine Hühnchen oder der Wildvogel – Naitachal wußte nicht, was es sein sollte –
war kalt und lag in seinem erstarrten Fett auf dem Holzteller. Naitachal hütete sich, diesen Vogel anzurühren, weil er fürchtete, er könnte vergiftet sein, absichtlich oder unabsichtlich. Also knabberte er an dem Brot, das eher aus Stein als aus Teig war.
Er sah hoch und bemerkte, daß man ihn beobachtete.
Die Köche, die Dienstmädchen und ein halbes Dutzend anderer Leute lugten über die Tür und wechselten amüsierte Blicke. Sie kicherten sogar verhalten über diese demütigende Szene.
Das kann ewig dauern, dachte Naitachal und ignorierte die Zuschauer, während er auf dem harten Kanten herumkaute. Wahrscheinlich war das auch beabsichtigt, da bisher alles versucht worden war, sein Treffen mit König Archenomen zu verzögern. Er stellte sich vor, wie der König in diesem Augenblick mit seiner Kutsche in den Wald fuhr, um zu picknicken. Und das nur, um ihm, Naitachal, aus dem Weg zu gehen. Sie hatten reichlich Zeit, das alles zu planen, sagte er sich finster. Eine Audienz zu bekommen wird vielleicht schwerer, als ich zuerst angenommen habe.
Er sah zum Eingang, wo Paavo auftauchte. In seinem Gefolge war ein kurzer, breiter Bursche, der teilweise von dem Diener verdeckt wurde. Sie schienen sich über etwas zu streiten und warfen beunruhigte Blicke in seine Richtung. Anscheinend drehte sich die Unterredung um Naitachal.
Der wollte gerade das Festmahl im Stich lassen, um dem neuen Kerl entgegenzugehen, als Paavos Gefährte nicht gerade begeistert auf seinen Tisch zusteuerte. Endlich jemand, der mich zum König führt. Hoffe ich jedenfalls.
Der Mann schritt geradewegs auf Naitachals Tisch zu, und seine Haltung wurde immer wichtigtuerischer, je näher er kam. In Naitachals Augen allerdings rechtfertigte das Kostüm des Mannes keineswegs seinen aufgeblasenen Stolz. Es sah aus, als habe er es sich aus fünf oder sechs verschiedenen Stilen zusammengestellt. Er trug einen breitkrempigen, schwarzen Hut mit einem silberfarbenen Satinschal darum. Ein Wehrgehänge aus blauem Samt, das an einem breiten, geflochtenen, goldfarbenem Gürtel befestigt war. Sein Umhang war ein trübes Orange und hatte lange, weite Ärmel, und das Hemd endete knapp über den Knien seiner grünen Strumpfhose.
Seine schwarzen Stiefel klackten auf dem Holzfußboden, und der Lärm endete abrupt, als er stehenblieb und den Botschafter musterte, als wäre der eine Laune der Natur.
»Bitte, behaltet Platz«, sagte der Mann, obwohl Naitachal keinerlei Anstalten machte, aufzustehen. »Ich bin Johan Pikhalas und Euch vom König zu Euren Diensten zugewiesen.« Er lächelte schmierig, was den Elfen an den unberührten Vogel auf dem Holzteller vor sich erinnerte. Er war jünger, als Naitachal gedacht hatte, vielleicht Mitte vierzig. Selbst unter dem breiten Hut war ersichtlich, daß Johan Haare ließ. Er benahm sich wie jemand, dem man eine
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