The Bards Tale 03 - Gefängnis der Seelen
Vielleicht ist er schwerhörig. Allerdings hatte er gestern nichts davon bemerkt.
Langsam und zögernd drehte Paavo sich um und sah Naitachal an. »Oh, Botschafter. Vergebt mir, ich habe nicht gesehen, wie Ihr hereingekommen seid.«
Naitachal warf ihm einen scharfen Blick zu, und Paavo zuckte zusammen. »Ich möchte eine Audienz beim König. Mit wem muß ich wohl sprechen, um das zu bewerkstelligen?«
»Ich bin nur ein einfacher Diener«, erwiderte Paavo entschuldigend. »Um das zu arrangieren, kann ich Euch schwerlich von Nutzen sein.«
Gestern hattest du diese Probleme nicht. Da konntest du uns direkt vor deine Majestät führen. Naitachal hatte den zweiten Brief von König Reynard, den an König Archenomen, in seiner Brusttasche. Das war mehr als Grund genug, auf der Stelle zum Monarchen vorgelassen zu werden. Naitachal hatte sich entschlossen, ihn dem König direkt zu übergeben. Ansonsten könnte er vielleicht … auf dem Postweg verlorengehen.
Der Elf wartete einen Augenblick und gab Paavo die Möglichkeit, weiterzusprechen und die zweite Hälfte der Frage zu beantworten. Paavo lächelte ihn unschuldig und höflich an, tat aber so, als verstehe er nichts, als spreche Naitachal in einer ihm vollkommen fremden Sprache.
Naitachal nahm einen neuen Anlauf. »Na gut. Könnt Ihr mich zu jemanden führen, vielleicht zu einem Mitarbeiter des Königs, der das arrangieren kann, was Ihr nicht könnt?«
Paavo schien angestrengt zu überlegen, wie er die Frage beantworten sollte. Oder – nicht beantworten sollte.
»Das ist eine gute Frage, Botschafter. Mal sehen, wer hat gerade keinen Urlaub …« Der Diener kratzte sich am Kinn und schien nachzudenken.
»Vielleicht erspart es Euch die Mühe, wenn Ihr mich direkt zum König bringt? Gestern schien das kein Problem zu sein«, sagte Naitachal nachdrücklich.
Paavo schüttelte über diesen Vorschlag liebenswürdig den Kopf. »Leider ist mein Rang einfach nicht hoch genug, versteht Ihr. Wenn ich könnte …«
Sicher. Naja, es ist sinnlos, weiter darauf zu beharren.
Oder ihn daran zu erinnern, daß sein Rang gestern sogar hoch genug war, um dem König Ratschläge zu erteilen.
Er würde nur neue Ausreden erfinden. Oder behaupten, ich hätte seinen Zwillingsbruder gesehen … »Dann sagt mir bitte, wessen Rang hoch genug ist.« Naitachals Geduld ging allmählich zu Ende.
»Das dauert seine Zeit«, antwortete Paavo. »Habt Ihr heute morgen schon Euer Fasten gebrochen?«
Naitachal starrte ihn an. Er hätte große Lust, den Mann einfach zu erwürgen. Was bei den sieben Höllen geht hier vor? Was hat sich von gestern auf heute geändert?
Und warum hindert dieser Narr mich daran, zum König zu gelangen?
»Nein. Ich. Habe. Nicht. Gegessen.« Naitachal sprach langsam und betonte jedes Wort. »Ich sprach gestern mit dem König, und obwohl ein Dinner nicht der richtige Moment oder Ort dafür ist, über die Staatsangelegenheiten unserer beiden Königreiche zu plaudern, hat er angedeutet, daß er mich heute gern sehen möchte. Könnten wir das arrangieren? Heute noch, bitte.«
»Habt Ihr einen Termin?« fragte Paavo demütig.
Naitachal überlegte, ob er lügen sollte. »Nein. Das erschien unnötig.«
Paavo runzelte die Stirn. »Wenn Ihr in den großen Saal gehen mögt, können wir Euch vielleicht ein Frühstück zubereiten. Inzwischen werde ich tun, was ich kann, um eine Audienz beim König zu arrangieren. Mir ist eingefallen, daß Seine Majestät ein Mitglied seines Personals zu Eurer Verfügung abgestellt hat.«
Warum hast du das nicht gleich gesagt? Er schluckte die Worte hinunter. Und hielt sich mit Mühe zurück, Paavo gleich mitzuschlucken.
»Sehr gut«, sagte Naitachal. Seine Stimme troff vor Ironie. »Danke Euch, mein Freund, für Eure … Hilfe.«
Damit ging er in den großen Saal zurück.
Eine Sekunde später verwünschte er sich, weil er vergessen hatte, den Lakaien zu fragen, wer genau dieser Jemand war und welche Position im Stab er bekleidete.
Aber hatte er wirklich Lust, all die Ausweichmanöver von Paavo, um diese Frage nicht zu beantworten, noch einmal zu ertragen? Wenn ich Geduld und Glück habe, treffe ich diesen Jemand vielleicht vor dem Frühling.
Der große Saal war leer, aber ein junges Dienstmädchen erschien, führte ihn zu einem Tisch und verschwand dann wieder. Naitachal folgte ihr mit dem Blick und sah, wie sie an langen Tischreihen vorbei durch zwei Schwingtüren ging, die anscheinend in die Küche führten. Zwei andere Diener, Köche,
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