The Bards Tale 03 - Gefängnis der Seelen
man ihn falsch behandelt, und er würde nicht zögern, sich in einem Kampf zu verteidigen. Aber ich kenne keinen einzige Grund, warum er nach dem Thron streben sollte. Ich glaube sogar, daß er lieber auf den Thron verzichten würde. Er fürchtet den Tag, an dem er ihn besteigen muß, weil er genau weiß, daß sein leichtsinniges Leben dann zu Ende ist.
Und er fürchtet den Tag wohl auch, weil er weiß, wie schlecht er auf diese Rolle vorbereitet ist.«
»Vermutlich ist das der heimliche Grund für seinen ausschweifenden Lebenswandel«, sagte Naitachal. »Und dieser könnte wegen seiner Jugend seine Gesundheit erheblich belasten.«
»Der Hauptmann hält ihn in Form«, warf Alaire ein.
»Falls es nicht andersherum ist«, meinte Lyam. »Er würde nie glauben, daß ich so etwas sage, deshalb kann ich es Euch anvertrauen: Dieser kleine Hitzkopf macht mir mehr zu schaffen als er glaubt, wenn wir trainieren.«
Das sah Alaire anders. Was er heute morgen gesehen hatte, überzeugte ihn nicht von der Richtigkeit dieser Bemerkung. Er setzt seine eigenen Fähigkeiten herab, damit wir ihn unterschätzen. Clever, aber überflüssig mißtrauisch. Was nicht heißt, daß er ein Feind ist. Es bedeutet nur, daß er nicht sofort alle Karten auf den Tisch legen will.
Naitachal richtete seinen Blick in die Ferne, über Lyams Schulter hinweg. »Wenn Kai nicht hinter dem Thron her ist, wer denn dann?«
Lyam runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht genau, was hier im Gange ist. Leider bin ich nicht in alle Palastangelegenheiten eingeweiht.«
»Aber als Hauptmann der Wache …« Naitachals Stimme troff vor Ironie.
Und als königlicher Spitzel, fügte Alaire in Gedanken hinzu.
»Das bedeutet nicht, daß ich über alle königlichen Angelegenheiten informiert bin«, erwiderte Lyam entschieden. »Früher mag das einmal so gewesen sein, aber ich vermute, daß ich diese Position nur bekommen habe, weil ich ein Außenseiter bin. Das klingt für einen Fremden vielleicht seltsam, aber die wirkliche Macht liegt nicht bei irgendwelchen Militärs.«
Naitachal war verblüfft. »Bei wem liegt sie denn?«
Jetzt schnaubte Lyam verächtlich. »Natürlich bei den Zauberern. Der Palast hat das Monopol auf Zauberei, versteht Ihr? Es sind mächtige Hexenmeister, die die Mauern dieses Palastes in wenigen Augenblicken mit ihren geballten Energien in Schutt und Asche versinken lassen können.«
Naitachal lachte leise. »Ich bitte Euch. Was ich in der Halle gesehen habe, hat mich nicht beeindruckt.«
Lyam lächelte. »Wer sagt denn, daß sie in der Halle sind? Nur die Amateure machen da ihren Budenzauber.
Als Ihr den König zum ersten Mal gesehen habt, und seine Leibwächter – und Zauberer – vorgestürzt sind, um ihn gegen den Elfen zu verteidigen … Was glaubt Ihr wohl, woher die gekommen sind?«
Naitachal brauchte nicht lange um darüber nachzudenken. »Selbstverständlich. Sie sind hinter dem Königsthron hervorgestürmt. Also leben sie hier im Palast.«
Lyam stand auf und machte dem Gespräch ein Ende.
»Wir haben uns jetzt lange genug unterhalten.« Er wandte sich an Alaire. »Ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr dem Kronprinzen weiterhin Gesellschaft leisten würdet. Wenn ich ihn schon nicht von seinen Eskapaden abhalten kann, beruhigt es mich zu wissen, daß jemand seinen Rücken deckt, dem ich vertrauen kann.«
Er ging zur Tür, blieb aber plötzlich stehen und drehte sich noch einmal herum. »Und noch etwas: Vermeidet jede Magie. Ich bin nicht sicher, ob Euch die diplomatische Immunität in diesem Fall schützen würde. Falls Ihr heute abend noch weiter konferieren wollt: Mein Zimmer liegt einen Stock und, wenn ich nicht irre, zwei Türen nördlich über Eurem Raum. Es ist die Ecksuite, die der König mir erfreulicherweise zugewiesen hat. Aber seid diskret. Es würde Gerüchte in die Welt setzen, wenn jemand sähe, daß Ihr mir einen Besuch abstattet. Guten Tag, Meister Barde.«
Meister Barde? Alaire staunte. Gibt es etwas, das Ly-am nicht über uns weiß?
Er und sein Lehrer sahen dem großen Mann nach und bemerkten, daß der Hauptmann gerade unter den Türsturz hindurchpaßte. Naitachal schien nachdenklich.
»Er ist oder war des Königs Agentenführer«, sagte er nach einer langen Pause. »Ich glaube, er war es einmal.
Er hat immer noch ein Netzwerk von Spionen, aber es ist jetzt kleiner, und er genießt nicht mehr das Vertrauen des Königs.«
Alaire wollte wissen, woher sein Meister das so genau wußte, aber die Erfahrung hatte ihn
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