The Bards Tale 03 - Gefängnis der Seelen
Fähigkeiten vorzuführen. Schließlich sind sie in diesem Land ja ungesetzlich. Ich könnte einen Leichnam von den Toten auferstehen lassen und jede Seele zwingen, mir Rede und Antwort zu stehen. Und … ich verfüge über noch so viel mehr Möglichkeiten, einen Gegner verschwinden zu lassen, daß ich nicht die Zeit habe, sie Euch alle zu schildern. Aber sie sind alle sehr schmerzhaft. Und meine Ausbildung hat schon vor vielen, vielen Jahrhunderten begonnen.«
Sir Jehan sah ihn nachdenklich an, sagte aber nichts.
Naitachal lächelte immer noch. »Es gibt bestimmte Wege, wie ich diese Kräfte benutzen kann, um mich selbst zu verteidigen. Wege, die mir nach den Gesetzen Eures Landes einen langen Aufenthalt im Gefängnis der Seelen einbringen würden.«
Naitachal sah, wie der Mann anerkennend die Augenbrauen hob. »Also habt Ihr schon davon gehört.«
Naitachal warf ihm einen Blick zu, der sagen sollte: Was denn? Glaubt Ihr, ich bin taub, blind und dumm?
»Allerdings.
Und ich möchte natürlich auf keinen Fall an einem solchen Platz eingesperrt sein.«
»Ihr braucht Euch keine Sorgen zu machen«, versicherte ihm Sir Jehan. »Unsere Gesetze gelten eigentlich nur für die Bauern und die niederen Klassen, nicht für unseresgleichen. Wir haben den Bund geschaffen, um möglicherweise gefährliche Magie unter den einfachen Leuten zu unterbinden, damit sie diese Kräfte nicht benutzen können, um sich gegenseitig zu unterdrücken oder sie als Werkzeug in einer Revolte anzuwenden.« Er legte die Hände aneinander und setzte eine nachdenkliche Miene auf. »Und das, fürchte ich, bringt Euch und Euren Assistenten wieder in Gefahr. Ich kann das Gerücht weder bestätigen noch entkräften, aber es heißt, daß Kai höchstpersönlich Magier damit beauftragt hat, seinen Vater vom Thron zu stürzen und die Herrschaft schon jetzt an sich zu reißen. Das wäre eine furchtbare Tragödie, die wir um jeden Preis verhindern müssen. Ihr werdet unsere Gesetze über die Magie einschränkend finden, möglicherweise sogar unfair, aber ich versichere Euch, daß es gute Gründe für diese Regulierung gibt. Sicher begreift Ihr die Klugheit solcher Vorsichtsmaßnahmen.«
»Selbstverständlich«, sagte Naitachal glatt. »Ich wollte auch nicht sagen, daß diese Vorsichtsmaßnahmen unnötig sind. Und ich würde niemals etwas tun, das jemanden zu der Auffassung veranlassen könnte, ich setzte diese Kräfte gegen den König ein. Das wäre mehr als dumm!«
»Ich bin sehr froh, daß Ihr dieses Thema zur Sprache gebracht habt.« Sir Jehan stand auf. Sein Lächeln war gezwungen, als bekäme er einfach kein offenes Lächeln mehr zustande. »Das ist eines der Themen, über das der König mit Euch sprechen möchte.« Er deutete auf die beiden Doppeltüren. »Hier entlang, bitte.«
Als sie das Zimmer hinter den Doppeltüren betraten, sah Naitachal König Archenomen, der an dem hohen Fenster stand und auf die karge Winterlandschaft hinaussah. Die blasse Nachmittagssonne umrahmte ihn, und er wirkte, als mache er sich über etwas entsetzliche Sorgen.
Sir Jehan räusperte sich. »Sir«, verkündete er. »Der Botschafter Naitachal von Althea, Gesandter von König Reynard.«
»Danke, Jehan«, sagte der König, ohne den Blick von der Landschaft zu nehmen.
Sir Jehan verbeugte sich leicht und verließ dann das Zimmer.
Naitachal stand mitten im Raum und fragte sich, was da draußen so faszinierend sein konnte, daß es die Aufmerksamkeit des Königs so fesselte. Er wußte nicht, ob er beleidigt oder geschmeichelt über den Mangel an Interesse sein sollte, mit dem der König ihn bedachte.
»Bitte, macht es Euch bequem«, sagte der König und drehte sich um. »Möchtet Ihr ein Bier, Botschafter?«
Es wäre unhöflich, es abzulehnen, also nickte der Dunkle Elf. »Es würde mich freuen, Eure Majestät.«
Vorsichtig setzte er sich auf einen der drei schweren Holzstühle, die in einem Halbkreis vor dem Thron standen. Letzterer war ein breites, großes, mit Samt gepolstertes Kunstwerk auf einem Podest. Wenn der König darauf saß, mußten seine Zehen ungefähr in Augenhöhe desjenigen auf dem Stuhl sein.
Der König betrachtete Naitachal sichtlich besorgt und zwang sich dann zu einem Lächeln. Ein Diener erschien mit zwei großen Bierkrügen und bot dem Dunklen Elfen einen an. Den anderen servierte er dem König. Als Naitachal sein Bier entgegennahm, unterdrückte er seinen Widerwillen. Er mochte kein Bier, und das hier war darüber hinaus auch noch eine
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