The Best Year of my Life – Ein Jahr als Gastschüler (German Edition)
Victor.
· Jede Familie hat außerdem ein kleines Bündel mit
deutschen Süßigkeiten bekommen.
Was habe ich bekommen:
· eine Armbanduhr, deutsche Schokolade und einen
Kugelschreiber in Chiliform von meinen Gasteltern;
· ein Schweißband von Harley Davidson, dazu eine
passende Mütze;
· eine kuschelige Decke und ein T-Shirt.
Ich feiere Weihnachten aber
nicht wirklich, da ich nicht bei meiner eigenen Familie bin. Somit lasse ich es
praktisch ausfallen. Die Stimmung ist auch ganz anders als bei uns zu Hause.
Hier ist das eher wild und wie eine Party. Heiligabend musste ich viel an meine
Eltern denken. Wir sind am ersten Weihnachtstag immer zu meiner Tante und
meinem Onkel gefahren. Ich habe vor zwei Wochen erfahren, dass dieser an einer
seltenen und tödlichen Krankheit leidet. Und ich bin so weit weg … Ich habe
vielen Freunden und Verwandten letzte Woche Weihnachtskarten geschrieben und
hoffe, dass diese angekommen sind.
Am SAMSTAG gab es dann noch
ein großes Frühstück bei Verwandten im zirka zwei Kilometer entfernten Haus
meiner Gastschwester. Steve (jüngster Sohn meiner Gasteltern) und seine Familie
haben mich dann „entführt“.
Wir besuchten einen der vielen Indianerstämme in New Mexico. Santa Domingo hieß
das Ziel, nur zehn Minuten von Albuquerque entfernt, direkt an der Autobahn.
Mir kam es vor, als ob ich 1000 Meilen gereist sei: Häuser aus Lehm und Holz,
die Wege aus Erde und Staub. So gut wie alle Indian Pueblos sind mit der
„modernen Welt“ verbunden. Wenige Indianer haben einen Job – dafür werden sie
vom Staat mit Fahrzeugen und Wohnungen unterstützt. Kasinos und Tankstellen
sind meist im Besitz der Ureinwohner Amerikas – zur Existenzerhaltung der
Stämme. Durch die Geldeinnahmen sind die Indianerstämme in der Lage, von den
USA Land zurückzukaufen. Wusstet ihr, dass bereits ein Skigebiet, eine
Autobahn,
TV-Sendestationen – sogar das Wohnhaus des Bürgermeisters von Albuquerque nun
im Besitz der Indianer sind? Wenn die Native Americans sich so wie die
Amerikaner früher benehmen würden, dann müsste der Bürgermeister ausziehen, und
New Mexico hätte keine Fernsehsender mehr!
In den kulturellen Gebieten ist Fotografieren strengstens verboten. Steve hat
Indianerfreunde, also waren wir willkommen. Die Indianer sind zwar zum
Christentum konvertiert, pflegen parallel dazu aber noch alte Rituale und
Traditionen. Jugendliche müssen die normale Schule besuchen, tragen
„amerikanische“ Kleidung und beherrschen Englisch wie ihre Stammessprache. Jede
Wohnung besitzt TV, Kosten für Strom und Gas bezahlt der Staat.
Lieblingshaustier ist der Hund. Je bunter ein Indianer geschminkt ist, desto
„wichtiger“ ist er für das Volk.
Danach hatten wir einen Filmabend.
Am SONNTAG ging es in die Kirche. Die Messe war etwas anders als die in
Chilili. Wir besuchten zum zweiten Mal das kleine Indianerdorf. Diesmal gab es
einen Tanz. Auch einige Zuschauer waren da. An berühmten Festtagen ist das
kleine Örtchen voll von Touristen. Sie werden aber ignoriert. Fotografieren und
das Betreten der heiligen Gebäude wird, wie gesagt, kräftig bestraft. Zu sehen
gab es einen rituellen Tanz mit Kindern und Jugendlichen, eingekleidet in
traditionellen Kleidern. Später kam der „Weihnachtsmann“ – beziehungsweise
Indianer als „weiße Amerikaner“ verkleidet. Das sah ungefähr so aus: ein
kugeliger Schneemann mit Clownsgesicht, dickem Bauch und dickem Hintern. Es war
ein verrücktes Schauspiel. Zwei Indianer, schwarz geschminkt, jagten dann den
Weihnachtsmann, der im Übrigen eine Sonnenbrille und einen Cola-Regenschirm
trug. Man muss es einfach gesehen haben, um es zu verstehen. Es war ein tolles
Erlebnis. Ich hätte so gerne Fotos gemacht, aber war halt verboten –
verständlich.
Danach ging es mit den Jungs
und Steve raus zum Paintball. Es hat viel Spaß gemacht. Wir waren insgesamt
fünf Personen pro Team. Spezielle Luftdruckgewehre mit Farbkugeln, die beim
Aufprall platzen, waren die Waffen. „Such- und Versteckspiel“ – und mit blauen
Flecken gab’s noch einen Filmabend mit Pizza. Unter anderem haben wir uns im TV
die „VW-Käfer-Rennen“ Amerikas angeschaut.
MONTAG war nicht viel los – komischerweise sind bei allen Verwandten, die wir
besucht haben, die Computer kaputt. Da kann ich weiterhelfen!
PS: Wusstet ihr, dass selbst
über die Weihnachtstage einige Geschäfte ununterbrochen geöffnet haben?
Weihnachten mit
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