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The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

Titel: The Bone Season - Die Träumerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samantha Shannon
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anderen waren derweil vergessen und ganz unseren eigenen kriminellen Machenschaften überlassen gewesen. Doch selbst nach gründlichen Untersuchungen hatte er nicht vorhergesehen, welche Schmerzen unser Unlesbarer erleiden würde, wenn wir ihn angriffen. Seine Traumlandschaft war undurchsichtig und extrem strapazierfähig, kein Geist konnte dort eindringen. Wir hatten eine Horde nach der anderen auf ihn geschleudert, alles vergeblich. Sein Geist stieß sie so heftig ab, dass sie quer durch den Raum flogen, sie glitten von ihm ab wie Wasser von einer Murmel. Deshalb auch sein neuer Name: der Schwarze Diamant.
    »Kommt schon, kommt schon, ihr lahmer Haufen«, bellte Jax und schlug mit der Faust auf den Schreibtisch. »Er soll mindestens dreimal so laut kreischen!«
    Den ganzen Tag hatte er Danse Macabre gespielt und Wein getrunken, was nie ein gutes Zeichen war. Eliza, die von der Anstrengung, so viele Geister zu kontrollieren, schon ganz rot im Gesicht war, sah ihn böse an. »Wohl auf dem falschen Sofa aufgewacht, was, Jaxon?«
    »Mal wieder.«
    »Er leidet«, zischte Nadine wutentbrannt. »Sieh ihn dir an! Er hält das nicht aus!«
    » Ich leide, Nadine. Und zwar unter deiner Aufsässigkeit«, erwiderte Jax gefährlich leise. »Zwingt mich nicht aufzustehen, Kinder. Noch mal. Von. Vorn.«
    Kurz herrschte absolute Stille. Nadine umklammerte die Schultern ihres Bruders und beugte sich über ihn, sodass ihr die Haare ins Gesicht fielen. Sie waren inzwischen dunkelbraun und kürzer als bei ihrer Ankunft. Dadurch erregte sie weniger Aufmerksamkeit, sie selbst fand es allerdings schrecklich. Sie hasste die Zitadelle. Und am meisten hasste sie uns.
    Da sich keiner von uns rührte, rief Eliza einen ihrer helfenden Geister – JD , eine Muse aus dem siebzehnten Jahrhundert. Als er aus ihrer Traumlandschaft in den Æther sprang, flackerten die Lampen. »Ich versuche es mit JD .« Angestrengt runzelte sie die Stirn. »Wenn ein so alter Geist nichts bewirkt, weiß ich auch nicht mehr weiter.«
    »Vielleicht ein Poltergeist?«, schlug Jax vor. Er meinte das absolut ernst.
    »Wir werden ihm bestimmt keinen Poltergeist auf den Hals hetzen!«
    Jax zog unbeeindruckt an seiner Zigarre. »Schade.«
    Am anderen Ende des Zimmers zog Nick die Jalousien herunter. Er war von dem, was wir hier machten, abgestoßen, konnte es aber nicht verhindern. Jax hatte das Sagen.
    Zeke drohte unter dem Druck zu zerbrechen. Mit fiebrigem Blick beobachtete er den Geist. »Was machen sie, Dee?«
    »Ich weiß es nicht.« Nadine starrte Jaxon eisig an. »Er braucht Ruhe. Wenn ihr diesen Geist auf ihn loslasst, dann werde ich … «
    »Dann wirst du was?« Dichter Rauch quoll aus Jaxons Mund. »Mir gehörig den Marsch blasen? Nur zu, tu dir keinen Zwang an. Ich mag Seelenmusik.«
    Ihr Kinn begann zu zittern, doch sie ging nicht auf die Provokation ein. Sie kannte die Strafe, welche sie erwartete, wenn sie sich Jaxon widersetzte. Sie konnte nirgendwohin, es gab keine Zuflucht für sie und ihren Bruder.
    Zitternd drückte Zeke sich an sie. Als wäre er der kleine Bruder, obwohl er zwei Jahre älter war als sie.
    Eliza musterte erst Nadine, dann Jaxon. Auf einen wortlosen Befehl hin stürmte die Muse los. Sehen konnte ich ihn nicht, aber spüren. Und Zekes Schmerzensschrei zeigte, dass es ihm genauso ging. Ruckartig riss er den Kopf zurück, bis seine Nackenmuskel deutlich hervortraten. Nadine presste die Lippen zusammen, als sie beide Arme um ihn schlang. »Es tut mir leid.« Sie legte ihr Kinn auf seinen Kopf. »Es tut mir so leid, Zeke.«
    Ein alter und zielstrebiger Geist wie JD war von Natur aus unnachgiebig. Man hatte ihm gesagt, dass Zeke Eliza etwas antun wolle, und nun setzte er alles daran, das zu verhindern. Zekes Gesicht war nass von Schweiß und Tränen. Fast drohte er zu ersticken.
    »Bitte«, röchelte er, »nicht … «
    »Hör auf, Jaxon«, fauchte ich. »Meinst du nicht, er hat genug?«
    Seine Augenbrauen hoben sich bis zum Haaransatz hinauf. »Stellst du mein Vorgehen etwa infrage, Paige?«
    Mich verließ der Mut. »Nein.«
    »Im Syndikat muss man sich seinen Lebensunterhalt verdienen. Ich bin euer Denkerfürst. Euer Beschützer. Euer Arbeitgeber. Der Mann, der dafür sorgt, dass ihr nicht verhungert wie diese elenden Straßenkünstler!« Er schleuderte ein Bündel Scheine in die Luft, sodass Frank Weavers Konterfei flatternd auf dem Teppich landete und zu uns hochstarrte. »Ezekiel hat erst ›genug‹, wenn ich das sage, wenn ich

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