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The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

Titel: The Bone Season - Die Träumerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samantha Shannon
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hatte, waren zu zwei großen Haufen zusammengefallen. Da ich darunter schwach eine Traumlandschaft spürte, ging ich in diese Richtung. Am Ende rannte ich und ließ mich auf die harten Marmorplatten fallen.
    »Liss.« Ich griff nach ihrer Hand. »Liss, komm schon.« Warum war sie an die Bänder zurückgekehrt? Ihre Haare waren mit Blut verklebt. Sie durfte einfach nicht tot sein, nicht nachdem wir ihr gerade erst das Leben gerettet hatten. Nicht nach allem, wofür wir gemeinsam gekämpft hatten. Sie durfte nicht sterben. Seb war bereits tot, warum musste Liss ihm nun folgen?
    Ihre Lider bewegten sich, die Augen öffneten sich einen Spalt weit. Sie trug noch immer ihr Kostüm, ein Opfer des Königs. Als sie mich erkannte, huschte ein schmales Lächeln über ihre Lippen.
    »Hey.« Wenn sie atmete, rasselte es in ihrer Brust. »Tut mir leid, dass ich … zu spät bin.«
    »Nein. Wage es ja nicht, jetzt zu sterben, Liss. Komm schon!« Ich drückte ihre Hand. »Bitte. Wir haben schon einmal geglaubt, wir hätten dich verloren. Das wirst du uns nicht noch mal antun.«
    »Schon schön, wenn es jemanden kümmert.« Mir stiegen Tränen in die Augen, kalte, bebende Tropfen, die wie festgewachsen schienen. Aus ihrem Mundwinkel sickerte Blut. Ich konnte nicht erkennen, was davon Theaterblut war und was echt. » V-v erschwinde«, hauchte sie erschöpft. »Tu, was ich nicht … was ich nicht geschafft habe. Wollte doch nur … nur mein Zuhause sehen.«
    Ihr Kopf rollte kraftlos zur Seite, ihre Finger entglitten mir, und ihr Geist trat in den Æther ein.
    Einen Moment lang saß ich nur da und starrte auf ihre Leiche. Nick neigte respektvoll den Kopf und bedeckte ihr Gesicht mit einem der Seidenbänder. Liss ist tot . Obwohl es mich Überwindung kostete, musste ich es mir vor Augen halten. Liss ist tot, genau wie Seb. Du hast sie nicht gerettet. Sie sind beide tot.
    »Du solltest die Threnodie sprechen«, murmelte Nick. »Ich kenne ihren Namen nicht, sötnos .«
    Er hatte recht. Liss würde nicht hier verharren wollen, in ihrem Gefängnis.
    »Liss Rymore«, hoffentlich war das auch ihr voller Name, »vergehe im Æther. Alles ist bereinigt, alle Schulden sind beglichen. Du musst nicht mehr unter den Lebenden verweilen.«
    Ihr Geist verschwand. Ich ertrug den Anblick ihrer Leiche nicht länger. Das war nicht Liss, sondern nur ihr Körper, eine Hülle, der Schatten, den sie in dieser Welt zurückgelassen hatte.
    Unter ihrer kalten Hand ragte die Leuchtpistole hervor. Es war ihre Aufgabe gewesen, sie abzufeuern. Ganz sanft zog ich sie aus ihrem Griff. »Sie würde nicht wollen, dass du jetzt aufgibst.« Nick beobachtete, wie ich die Waffe überprüfte. »Sie hätte nicht gewollt, dass du ihretwegen stirbst.«
    »Oh, das denke ich aber doch.«
    Diese Stimme kannte ich. Ich konnte Gomeisa Sargas zwar nicht sehen, aber seine Worte hallten durch den ganzen Saal. »Hast du sie umgebracht, Gomeisa?« Ich stand auf. »Ist sie jetzt vielleicht gut genug für dich, wo sie tot ist?«
    Drückende Stille.
    Dann ertönte hinter mir eine leise Stimme: »Du solltest dich nicht in den Schatten verkriechen, Gomeisa.«
    Ich drehte mich um. Der Wächter war in die Halle getreten, doch sein Blick ruhte auf der Galerie. »Es sei denn, du hast Angst vor Paige«, fuhr er fort. »Die Stadt steht in Flammen. Eure vorgetäuschte Macht hat sich bereits verflüchtigt.«
    Kaltes Lachen. Sofort spannte sich mein ganzer Körper an.
    »Ich fürchte Scion nicht. Sie haben mir ihre Welt auf einem Silbertablett serviert, Arcturus. Und nun werden wir zum Mahl schreiten.«
    »Fahr zur Hölle«, erwiderte ich.
    »Dich fürchte ich ebenfalls nicht, 40. Warum sollten wir den Tod fürchten, wenn wir der Tod sind ? Und aus dieser verrottenden Welt – eurer kleinen Welt des flüchtigen Fleisches – entfernt zu werden, wäre fast schon ein Segen. Wenn man nicht noch so viel mehr damit anstellen könnte.« Leise Schritte. »Du kannst den Tod nicht töten. Oder kannst du mit Feuer die Sonne vernichten? Den Ozean in Wasser ertränken?«
    »Uns fällt da bestimmt irgendetwas sein«, versicherte ich ihm.
    Meine Stimme klang ruhig, doch innerlich zitterte ich. Dabei war ich mir nicht sicher, ob aus Wut oder aus Angst. Hinter dem Wächter war noch ein männlicher Reph aufgetaucht, außerdem trat nun Terebell an seine Seite.
    »Ich werde euch beiden ein Bild zeichnen, stellt es euch möglichst genau vor. Insbesondere du, Arcturus, der du einiges zu verlieren hast.«
    Der Wächter

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