The Carrie Diaries - Carries Leben vor Sex and the City - Band 1
schon.«
»Und Dorrit?«
»Ist in ihrem Zimmer eingesperrt.« Ich zögere kurz, bevor ich weiterspreche. »Ich rufe an, um mich bei dir zu bedanken. Es war unglaublich nett von dir, dass du dich um sie gekümmert hast. Wir sind dir wirklich sehr dankbar.« Ich gebe mein Bestes,
den letzten Satz aufrichtig klingen zu lassen, aber es gelingt mir nicht ganz. Was George jedoch nicht zu merken scheint.
»Kein Problem«, sagt er fröhlich. »So etwas kommt in den besten Familien vor. Ich freue mich, dass ich helfen konnte.«
»Tja, dann … vielen Dank noch mal.« Meine Pflicht ist erfüllt, eigentlich könnte ich auflegen, stattdessen begehe ich einen fatalen Fehler. »George?«, frage ich. »Warum hat sie sich ausgerechnet dich ausgesucht?«
Er lacht. »Hey, das klingt ja fast wie eine Beleidigung.
»Nein, so meinte ich das nicht. Du bist ein toller Typ …«
»Bin ich das?«, fragt er hofnungsvoll.
»Ja, natürlich«, sage ich und überlege fieberhaft, wie ich mich aus dieser selbst gestellten Falle wieder herausmanövrieren kann. »Aber Dorrit ist erst dreizehn. Irgendwie finde ich es schon ziemlich heftig, dass sie deinetwegen ein Auto klaut und bis nach Providence fährt …«
Ein leises Klicken in der Leitung verrät, dass mein Vater den Apparat im Wohnzimmer abgehoben hat und mithört.
»Darüber wollte ich mich sowieso mal mit dir unterhalten.« George senkt die Stimme. »Wenn du willst, könnte ich nächste Woche bei euch vorbeikommen.«
»Das müsste ich erst mit meinem Vater abklären.« Ich unterdrücke einen Seufzer, weil ich ganz genau weiß, dass er nichts dagegen haben wird. Eigentlich grenzt es fast an ein Wunder, dass er sich nicht schon längst ins Gespräch eingemischt hat.
Nachdem wir aufgelegt haben, gehe ich nach unten, um ihn zur Rede zu stellen. »Was sollte das, Dad? Willst du ab sofort etwa auch noch alle meine Telefonate belauschen?«
»Es tut mir leid, Carrie, aber mir bleibt nichts anderes übrig. Dorrits Verhalten hat mir bewusst gemacht, dass ich euch zu
viele Freiheiten gelassen habe. Es liegt in meiner Verantwortung als Vater zu kontrollieren, mit wem ihr Umgang habt. Und abgesehen davon belausche ich dich nicht, sondern überprüfe nur, mit wem du sprichst.«
»Na toll, Dad«, schnaube ich.
»Und falls du vorhattest, dich nachher noch mit Sebastian zu trefen, muss ich dich leider enttäuschen«, fügt er ganz ruhig hinzu. »Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich diesen Kerl nicht mehr in unserem Haus sehen möchte.«
»Aber Dad …«
»Es tut mir leid, Carrie.«
»Sebastian ist mein Freund!«
»Von jetzt an nicht mehr«, sagt er ungerührt. »Ihr trefft euch bis auf Weiteres nicht mehr mit Jungs. Und das gilt auch für Sebastian.«
»Was ist das hier? Alcatraz?«
Mein Vater sieht mich an und schweigt.
Arrggghhh.
Meine Wut ist wie ein primitiver Einzeller, ein explodierender Virus aus loderndem Hass, der keinen vernünftigen Gedanken zulässt und mich für alles andere blind macht – ich will nur noch eins: Rache.
»Ich bring dich um!«, brülle ich und stürme nach oben. Mit zitternden Fingern schließe ich Dorrits Zimmertür auf und stürzte mich auf sie. Sie liegt auf dem Bett, ist jedoch schon vorbereitet und hat die Beine ausgestreckt, um sich zu verteidigen. Ich bin mir sicher, dass es irgendwo auf dieser Welt perfekte Bilderbuchfamilien gibt, in denen alles harmonisch abläuft und die Geschwister sich nie streiten, aber wir gehören definitiv nicht dazu. Bei uns ging es immer schon rund. Wir haben uns getreten
und uns die Arme verdreht, haben uns mit Schaufeln bedroht, uns in Autos eingeschlossen oder aus dem Haus ausgesperrt, uns gegenseitig von Bäumen gezerrt, uns in Wandschränken oder unter Betten versteckt aufgelauert und aufeinandergestürzt wie die Raubtiere. »Ich bring dich um!«, brülle ich noch einmal und will gerade mit einem Kissen auf sie los, als Dorrit mich in den Bauch tritt. Ich versuche, ihr das Kissen aufs Gesicht zu drücken, aber sie rollt sich rechtzeitig zur Seite, lässt sich auf den Boden fallen, rappelt sich dann blitzschnell wieder auf und springt mir auf den Rücken. Ich bocke wie ein Wildpferd, aber sie klammert sich wie ein Äfchen an mich und lässt sich einfach nicht abwerfen. Als es mir irgendwann gelingt, mich aufzurichten, fallen wir beide rückwärts aufs Bett und ich begrabe sie unter mir.
Einen Moment lang liegen wir keuchend da, dann brechen wir gleichzeitig in hysterisches Lachen aus.
»Das ist nicht
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