The Carrie Diaries - Carries Leben vor Sex and the City - Band 1
und unter Wasser atmen. Aus unterschiedlichen Gründen wurde Pinky immer wieder im Ausguss des Waschbeckens hinuntergespült und dann schwamm sie durch die Rohre und tauchte bei irgendjemandem in der Badewanne wieder auf.
Vorsichtig nehme ich alles, was sich sonst noch in der Schachtel befindet, heraus und lege es auf den Boden: Zeichnungen und selbst gemachte Karten, mehrere Tagebücher mit Vorhängeschlössern (ich hatte gehört, dass man als Schriftstellerin Tagebuch führen sollte, aber keines davon enthält mehr als zwei, drei Einträge, obwohl ich mir immer wieder fest vorgenommen hatte, jeden Tag zu schreiben) und schließlich meine ersten, auf Moms alter Royale-Schreibmaschine getippten Kurzgeschichten. Ich fühle mich fast ein bisschen wie auf einer Überraschungsparty, bei der man in einen Raum tritt und völlig unvermutet lauter guten alten Freunden gegenübersteht. Apropos alte Freunde, denke ich und beschließe, das Unvermeidliche nicht länger hinauszuschieben.
Ich packe die Sachen in die Schachtel zurück und gehe damit nach unten.
»Du musst George anrufen«, war das Erste, was mein Vater heute Morgen zu mir gesagt hat.
»Keine Sorge, Dad. Das mach ich schon noch«, antwortete ich zähneknirschend und bekam sofort wieder eine Stinkwut auf George. Eigentlich hatte ich mir ja geschworen, nie mehr
auch nur ein einziges Wort mit ihm zu reden, weil er Sebastian so schlecht gemacht hatte. Und falls ich an der Brown studieren sollte – was mangels realistischer Alternativen immer wahrscheinlicher wird –, habe ich mir vorgenommen, ihm sogar dort aus dem Weg gehen. Trotzdem ist es ihm wieder einmal gelungen, sich in unser Leben – mein Leben – einzuschleichen, und dafür hasse ich ihn fast. Ziemlich unfair, ich weiß. George hat mir nie etwas getan. Aber irgendwie lande ich immer wieder bei ihm, wenn ich darüber nachdenke, wie es zu alldem gekommen ist. Wenn er sich damals nicht so besorgt um Dorrit gezeigt hätte, als sie von der Polizei aufgegrifen worden war, wenn er nicht so nett zu ihr gewesen wäre, hätte sie sich niemals in ihn verknallt. Natürlich ist es nichts weiter als eine dieser Jungmädchenschwärmereien, die Teenies normalerweise für den süßen Sänger irgendeiner Popband entwickeln, aber warum muss es ausgerechnet George sein? Okay, er sieht nicht schlecht aus, aber er gehört ganz bestimmt nicht zu der Sorte verwegener Abenteurer, die Mädchenherzen höher schlagen lässt.
Aber womöglich sucht Dorrit ja gar nicht nach Abenteuer, sondern nach Sicherheit und Beständigkeit.
Und vielleicht spielt auch schwesterliche Konkurrenz eine Rolle. Dorrits Grenzüberschreitungen sind von Mal zu Mal extremer geworden. Erst hat sie nur Ohrringe und Lipgloss gekaut, dann Moms Tasche. Vielleicht ist es da nur die logische Konsequenz, dass sie sich als Supercoup jetzt George ausgesucht hat.
Als ich ins Haus komme, finde ich Dad immer noch dort vor, wo ich ihn vor zwei Stunden verlassen habe. Er sitzt an dem kleinen Schreibtisch, an dem er immer seine Briefe beantwortet, starrt auf ein leeres Blatt Papier und hält einen Stift in der Hand.
Er sieht auf. »Hast du George schon angerufen?«, fragt er.
»Wollte ich gerade machen.«
»Gut. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn er nicht da gewesen wäre. Wir müssen uns irgendetwas ausdenken, um uns bei ihm zu bedanken.«
Mir kommt ein schrecklicher Gedanke: Vielleicht sollte ich mich ihm aus Dankbarkeit zum Geschenk machen wie die Heldinnen in den Liebesromanen meiner Großmutter, die von ihren Familien gezwungen werden, Männer zu heiraten, die sie nicht lieben. Dann müsste Sebastian mich retten. Dazu müsste er allerdings erst einmal an dem König vorbeikommen, der seine drei Prinzessinnen im Turm eingesperrt hat. Seit der Sache mit Dorrit ist Dad nämlich so panisch, dass keine von uns mehr unbegleitet das Haus verlassen darf und wir nicht einmal mehr ohne seine Erlaubnis telefonieren dürfen. Ich stapfe wütend die Treppe hinauf und lege in jeden meiner Schritte meinen ganzen Hass auf Dad, Dorrit und vor allem auf George.
Zuerst verstecke ich die Schachtel in meinem Zimmer unterm Bett, dann gehe ich zum Telefon in Dads Schlafzimmer, um es endlich hinter mich zu bringen. Vielleicht schläft George ja noch oder er ist gar nicht zu Hause. Dann kann mir zumindest niemand vorwerfen, dass ich es nicht versucht hätte. Aber er meldet sich nach dem zweiten Klingeln.
»Na, wie geht’s?«, fragt er mitfühlend.
»Geht
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