The Carrie Diaries - Carries Leben vor Sex and the City - Band 1
treten zögernd ein. An einer Wand steht ein riesiger, von zwei Lautsprechern flankierter Fernseher, vor dem gemauerten Kamin liegt ein zotteliger weißer Teppich, der mit Spielsachen übersät ist. Außerdem gibt es noch zwei kleine gelbe triefäugige Pudel und eine Couchgarnitur, auf der Connie, Cheryls Mutter, liegt, in der einen Hand ein Getränk, das nach Gin Tonic aussieht, in der anderen einen Eisbeutel.
»Mein Baby«, jammert sie, als sie uns sieht. Sie stellt ihren Drink ab und streckt uns die Hand hin. »Mein armes Mädchen. Sie ist doch noch ein Kind!«, schluchzt sie.
»Von wegen Kind«, sagt Mack Keller verächtlich.
»Was ist, wenn sie entführt wurden?« Connie blinzelt nervös. »Oder wenn sie irgendwo im Straßengraben liegen …«
»Jetzt mach aber mal einen Punkt, Connie«, schimpft Keller. »Die beiden Biester haben den Wagen geklaut und jetzt lassen sie sich wahrscheinlich irgendwo zulaufen. Aber eins sag ich
dir, wenn Cheryl nach Hause kommt, bezieht sie erst mal eine Tracht Prügel.«
In der Zwischenzeit hat mein Vater es geschafft, Connie höflich seine Hand zu entziehen, und steht jetzt da, als würde er sich am liebsten unsichtbar machen. »Haben Sie schon die Polizei verständigt?«
»Wozu?«, fragt Mack Keller. »Das gibt nur Ärger. Außerdem fangen die erst nach vierundzwanzig Stunden an zu suchen.«
»Aber bis dahin könnten sie schon längst tot sein!« Connie schnappt nach Luft und presst sich eine Hand aufs Herz. »Und das ist der Dank dafür, dass ich mich mein Leben lang aufgeopfert und auf alles verzichtet habe. Ich habe eine Kriminelle zur Tochter und einen Säufer und Versager zum Ehemann. «
»Ich geb dir gleich Säufer und Versager!« Mack Keller hebt drohend die Hand. »An deiner Stelle würde ich jetzt lieber den Mund halten.«
Mein Vater und ich sehen uns entsetzt an.
»Ich finde, wir sollten nach ihnen suchen.« Ich werfe einen Blick auf die Uhr. »Es ist Viertel vor elf, das heißt, dass sie jetzt seit ungefähr drei Stunden unterwegs sind …«
»In der Zeit könnten sie ja schon fast in Boston sein«, ruft Connie und sieht ihren Mann flehend an.
»Also ich fahr jetzt ins Emerald zurück.« Als er ihren schockierten Gesichtsausdruck sieht, grinst er. »Hey, die Kleine ist schließlich nicht meine Tochter. Und an der Bar wartet jemand namens Jack Daniel auf mich.«
Mein Vater, Connie und ich fahren auf der Suche nach Dorrit und Cheryl die ganze Stadt ab. Wir suchen unten am Fluss, im
Country Club und in ein paar kleinen Bars, die Connie kennt, obwohl es meinem Vater und mir ein Rätsel ist, wie sie auf die Idee kommt, dass irgendjemand Alkohol an zwei Dreizehnjährige ausschenken könnte. Aber wir versuchen es trotzdem dort. Vergeblich. Um zwei Uhr morgens geben wir auf.
»Habt ihr sie gefunden?«, ruft Missy hofnungsvoll, als wir nach Hause kommen.
»Nein.«
»Und was machen wir jetzt?«
»Im Moment können wir gar nichts machen.«
»Wie konnte sie das nur tun?« Missy bricht in Tränen aus.
»Ich weiß es nicht. Wenn sie bis sechs Uhr nicht zurück ist, gehen wir zur Polizei.
Einen Moment lang stehen wir einfach nur stumm vor Angst da, dann gehe ich auf Zehenspitzen über den Flur und spähe ins Fernsehzimmer, in das Dad sich zurückgezogen hat, um mit seinem Kummer allein zu sein. Er sitzt auf der Couch und blättert in dem alten Fotoalbum, das meine Mutter angelegt hat, als sie und mein Vater sich verlobten.
Auf eine lange Nacht gefasst, gehe ich in die Küche und hole Brot, Käse und Mayonnaise aus dem Kühlschrank, um Sandwiches zu machen.
Plötzlich klingelt das Telefon.
Obwohl ich halb damit gerechnet habe, fährt mir das schrille Läuten durch alle Glieder. Ich lasse das Brot fallen und nehme hastig den Hörer ab.
»Carrie?«, fragt eine Männerstimme.
»George?« Erst bin ich erschrocken, dann enttäuscht. Und dann wütend. Was soll das? Warum ruft George ausgerechnet jetzt an – am Silvesterabend, Stunden nach Mitternacht? Er
muss völlig betrunken sein. »Hör zu, George, das ist jetzt wirklich nicht der richtige Zeitpunkt …
»Hier ist jemand, der gern mit dir sprechen möchte«, unterbricht er mich.
»Wer?« »Frohes neues Jahr«, ruft Dorrit am anderen Ende der Leitung und kichert.
Gefangen in Bralcatraz
Ich mache schon den ganzen Vormittag einen großen Bogen ums Telefon.
Irgendwann werde ich anrufen müssen, das weiß ich. Und ich weiß natürlich auch, dass es besser ist, unangenehme Dinge möglichst schnell zu
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