The Carrie Diaries - Carries Leben vor Sex and the City - Band 1
Kameratasche unter ihren Stuhl schiebt, stehe ich unter Schock und kann kaum atmen.
Das darf doch nicht wahr sein.
»Okay, dann wollen wir mal anfangen.« Todd Upsky klatscht in die Hände. »Wer von Ihnen hat eine Kamera dabei?«
Mehrere Leute heben die Hand, einschließlich Donna. Ich plane in Gedanken schon mal meine Flucht.
»Alles klar«, sagt Todd. »Dann arbeiten wir am besten in
Gruppen. Diejenigen unter Ihnen, die eine Kamera haben, schließen sich mit denen zusammen, die keine haben. Vielleicht kann sich die junge Dame …«, er nickt Donna zu, »mit dem Mädchen neben ihr zusammentun?«
Mädchen?
»Wir fangen heute mit einer Naturaufnahme an – das kann ein Baum sein oder eine Wurzel oder was Sie sonst Interessantes entdecken, das Ihre Fantasie anregt. Sie haben fünfzehn Minuten«, sagt er.
Donna wendet sich mir zu, öffnet die Lippen und lächelt.
Es ist, als würde ich in den Schlund eines Alligators schauen.
»Nur fürs Protokoll: Mir macht das ungefähr genauso viel Spaß wie dir«, sage ich.
Donna hebt ihre Kamera vors Auge. »Was machst du überhaupt in diesem Kurs?«
»Was machst du hier?«, entgegne ich und bezweifle, dass ich weiterhin an diesem Kurs teilnehme. Vor allem, wenn ich mit Donna LaDonna Gruppenarbeit machen muss.
»Für den Fall, dass du es noch nicht mitbekommen hast: Ich werde mal Model.«
»Und ich dachte immer, Models stehen vor der Kamera.« Ich bücke mich nach einem Stock und schleudere ihn, so weit ich kann. Er fällt einen Meter vor mir zu Boden.
»Natürlich, aber wer ein gutes Model sein will, sollte sich mit Fotografie auskennen, um genau zu wissen, wie man sich präsentieren muss. Mir ist schon klar, dass du dich für etwas Besonderes hältst, aber du bist nicht die Einzige, die es schafen wird, aus Castlebury rauszukommen. Meine Cousine sagt, ich bin das geborene Model. Sie wohnt in New York. Ich hab ihr
ein paar Fotos von mir geschickt, die sie an einen Bekannten weitergeben wird, der bei Ford, der Modelagentur, arbeitet.«
»Wow«, sage ich spöttisch. »Dann hofe ich mal, dass deine Träume wahr werden und dass dein Gesicht bald von allen Titelblättern lächelt.«
»Genau das habe ich vor.«
»Daran, dass du das vorhast, habe ich keinen Zweifel«, sage ich, und meine Stimme trieft vor Zynismus.
Donna kniet sich hin und fotografiert einen kümmerlichen kahlen Strauch. »Was soll das denn jetzt heißen?«
»Ach, nichts.« Ich strecke die Hand nach der Kamera aus, weil ich einen Baumstumpf entdeckt habe, der ganz interessant aussieht. Er kommt mir vor wie ein Abbild meines derzeitigen Lebens: abgesägt und schon etwas vermodert.
»Jetzt hör mir mal gut zu, Zicke«, zischt sie. »Falls du damit andeuten willst, ich wäre nicht hübsch genug …«
»Wie kommst du denn darauf?«, sage ich, tatsächlich verblüfft darüber, dass Donna LaDonna so unsicher ist, was ihr Aussehen angeht. Ofenbar hat sie doch eine Schwachstelle. Wer hätte das gedacht?
»Jetzt tu doch nicht so. Von so Leuten wie dir hab ich mich viel zu lang schikanieren lassen.«
»Ach wirklich?« Ich drücke auf den Auslöser und gebe ihr die Kamera zurück. Sie hat sich schikanieren lassen? Was ist mit den ganzen Schülern, die sie schikaniert hat? Denen sie das Leben zur Hölle gemacht hat?
»Entschuldige bitte, aber ich wage mal zu behaupten, dass das Gros der Leute das völlig konträr sehen würden.« Wenn ich nervös bin, neige ich dazu, zu viele Fremdwörter zu benutzen.
»Entschuldige du bitte, aber du hast absolut keine Ahnung, wovon du sprichst.«
»Von Ramona Marquart«, sage ich.
»Wer?«
»Das Mädchen, das ins Cheerleader-Team aufgenommen werden wollte. Das Mädchen, das du mit der Begründung abgelehnt hast, es sei zu hässlich.«
»Die?«, fragt sie überrascht.
»Hast du schon mal darüber nachgedacht, dass du vielleicht ihr Leben zerstört hast?«
Sie verzieht abfällig das Gesicht. »Das war ja klar, dass du das so sehen würdest.«
»Wie kann man es denn noch sehen?«
»Zum Beispiel so, dass ich sie vor einer Blamage bewahrt habe. Was glaubst du denn, was passiert wäre, wenn ich sie aufs Spielfeld gelassen hätte? Menschen sind grausam, falls du es noch nicht mitbekommen hast. Sie hätte sich zur absoluten Lachnummer gemacht und die Typen hätten ihre Witze über sie gerissen. Die kommen bestimmt nicht zu einem Spiel, um sich hässliche Mädchen anzuschauen.«
»Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?«, sage ich, als hielte ich das für völlig an
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