The Carrie Diaries - Carries Leben vor Sex and the City - Band 1
mich zu George um. »Ich will nicht Schriftstellerin werden, um über mein Leben zu schreiben. Ich will schreiben, um ihm zu entfliehen. «
»Dann solltest du vielleicht lieber keine Schriftstellerin werden«, sagt George keuchend.
Jetzt reicht’s.
»Ich hab es satt, mir ständig von allen sagen zu lassen, was ich machen soll und was nicht. Ist dir vielleicht schon mal der
Gedanke gekommen, dass ich gar nicht die Art von Schriftstellerin werden will, die dir vorschwebt.«
»Hey, ist ja schon gut«, versucht er mich zu beschwichtigen. »Kein Grund, sich gleich so aufzuregen.«
»Ich will mich aber aufregen. Und weißt du was? Ab sofort höre ich weder auf dich noch auf irgendjemanden sonst. Alle bilden sich ein, so verdammt gut über alles Bescheid zu wissen, auch wenn sie in Wirklichkeit nicht die leiseste Ahnung haben.«
»Tut mir leid, dass ich mich eingemischt habe«, sagt er schmallippig. »Ich habe nur versucht, dir zu helfen.«
Ich kicke seufzend ein Steinchen weg. Sebastian hätte mich jetzt ausgelacht, was mich im ersten Moment natürlich auf die Palme gebracht hätte, aber dann hätte ich einfach mitgelacht. Warum muss George bloß immer so entsetzlich ernst sein?
Andererseits hat er ja tatsächlich nur versucht, mir zu helfen. Und Sebastian existiert nicht mehr. Er hat mich fallen lassen – genau wie George es prophezeit hat.
Eigentlich müsste ich ihm dankbar sein. Er war immerhin feinfühlig genug, mir nicht unter die Nase zu reiben, dass er es mir von Anfang an gesagt hat.
»Ich hab doch mal erwähnt, dass ich dich gerne meiner Großtante vorstellen würde, erinnerst du dich?«, fragt er plötzlich.
»Der Schriftstellerin?« Ich bin immer noch leicht verschnupft.
»Genau der. Hättest du vielleicht trotzdem Lust, sie kennenzulernen? «
»Ach, George.« Jetzt habe ich ein schlechtes Gewissen.
»Wenn du willst, könnten wir sie gleich nächste Woche mal besuchen. Vielleicht kann sie dir ja ein paar wertvolle Tipps geben.«
Ich könnte mich selbst ohrfeigen. George ist einfach der netteste,
gutmütigste Mensch, den ich kenne. Wenn ich mich doch nur in ihn verlieben könnte.
Wir fahren durch Hartford und biegen dann auf eine herrschaftliche, von großen Ahornbäumen gesäumte Allee ab. Hinter weitläufigen gepflegten Rasenflächen erheben sich weiße Villen mit Säuleneingängen und bleiverglasten Fenstern. Hier in West Hartford residiert der alte Geldadel, Leute, für die ein beheizter Swimmingpool, ein privater Tennisplatz und Dienstboten etwas ganz Selbstverständliches sind. Eigentlich überrascht es mich nicht, dass Georges Tante in dieser Gegend lebt. Seine Eltern besitzen ein riesiges Apartment auf der Fifth Avenue, der Vater arbeitet an der Wall Street, die Mutter verbringt den Sommer im familieneigenen Landhaus in Southampton – wo immer das ist – ; mir ist also von Anfang an klar gewesen, dass er aus einer wohlhabenden Familie stammen muss, auch wenn er es nie explizit erwähnt hat.
Trotzdem stockt mir kurz der Atem, als wir in die kiesbedeckte, von einer gepflegten Buchsbaumhecke gesäumte Einfahrt einbiegen und vor einer prächtigen Villa mit Kuppeldach parken.
»Ist deine Großtante Millionärin?«
»Ich hab dir doch gesagt, dass sie recht erfolgreich war«, sagt George und lächelt geheimnisvoll.
Ich bekomme eine kleine Panikattacke. Es ist eine Sache, sich vorzustellen, dass jemand reich ist, aber etwas ganz anderes, mit dem Luxus konfrontiert zu werden, den dieser Reichtum mit sich bringt. Ich folge George einen Steinplattenweg entlang, der seitlich um das Haus herum zu einem riesigen Wintergarten mit exotischen Pflanzen führt, zwischen denen schmiedeeiserne
Gartenmöbel stehen. Er klopft an die Glastür und öfnet sie schließlich selbst, als niemand reagiert. Ein Schwall feuchtwarmer Luft schlägt uns entgegen.
»Bunny?«, ruft er.
Bunny?
Eine rothaarige Frau mittleren Alters kommt uns in der grauen Uniform einer Haushälterin entgegen. »Mr George!«, ruft sie. »Meine Güte, haben Sie mich erschreckt!«
»Hallo, Gwyneth. Darf ich Ihnen eine Freundin von mir vorstellen? Das ist Carrie, Carrie Bradshaw«, sagt er und fragt dann: »Ist Bunny nicht zu Hause?«
»Doch, natürlich. Sie erwartet Sie bereits.«
Wir folgen Gwyneth durch einen langen Flur, der an einem Esszimmer und einer Bibliothek vorbei in ein riesiges Wohnzimmer führt. Mein Blick bleibt sofort an einem großen Ölgemälde über dem mit Marmor eingefassten Kamin hängen, das eine junge Frau
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