The Carrie Diaries - Carries Leben vor Sex and the City - Band 1
Habe ich mich jetzt klar genug ausgedrückt?«
»Glasklar, Dad«, sagt Dorrit ironisch.
»Ich werde dich trotzdem immer lieben, das weißt du«, sagt mein Vater. Mit diesem Satz endet jedes seiner Unter-vier-Augen-Gespräche. Dabei stehen ihm meistens Tränen in den Augen, und man hat ein schrecklich schlechtes Gewissen und schwört sich, ihm nie wieder solchen Kummer zu bereiten.
Diesmal wird die herzzerreißende Schlussszene jedoch vom Klingeln des Telefons unterbrochen. Bitte lass es Sebastian sein, bete ich, als Missy losläuft, um dranzugehen. Sie legt die Hand über die Sprechmuschel.
»Carrie? Es ist für dich. Ein Junge.«
Mit klopfendem Herzen nehme ich das Telefon entgegen, gehe damit in mein Zimmer – das Kabel ist zum Glück lang genug – und schließe die Tür hinter mir.
»Hallo?«, frage ich mit gespielter Lässigkeit.
»Carrie?«
»Ja?«
»Hier ist George.«
»George«, sage ich und hofe, dass mir meine Enttäuschung nicht anzuhören ist.
»Bist du gut nach Hause gekommen?«
»Danke, ja.«
»Ich wollte dir nur noch mal sagen, dass ich den Abend gestern mit dir sehr schön fand und dich gerne wiedersehen würde. Natürlich nur, wenn du Lust hast.«
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich wirklich Lust dazu habe, andererseits hat er so höflich gefragt, dass ich schlecht Nein sagen kann.
»Ja klar, warum nicht?«
»Fantastisch. Also es gibt da ein total nettes Restaurant, das genau auf halbem Weg zwischen Providence und Castlebury liegt. Wenn du Zeit hast, könnten wir übernächsten Samstag dort zusammen essen.«
»Klingt toll.«
»Sehr schön. Dann reserviere ich einen Tisch für acht Uhr, hole dich um sieben ab und bringe dich so gegen elf wieder nach Hause.«
Nachdem wir uns verabschiedet haben, stelle ich das Telefon in den Flur zurück und gehe ins Bad, um mich im Spiegel zu betrachten. Ich starre mein Gesicht an, und plötzlich überkommt mich ein geradezu triebhaftes Verlangen, mich zu entstellen. Vielleicht sollte ich mir die Haare auch pink, blau und grün färben. Oder wasserstoffblond. Oder sie raspelkurz abschneiden. Ich greife wie ferngesteuert nach dem Konturenstift, zeichne meine Lippen mit heruntergezogenen Mundwinkeln nach und fülle sie anschließend mit knallrotem Lippenstift aus.
Dann male ich mir zwei schwarze Tränen auf die Wange, trete einen Schritt zurück und begutachte das Ergebnis.
Nicht schlecht.
Ich gehe mit meinem traurigen Clownsgesicht zu Dorrit ins Zimmer. Diesmal ist sie es, die telefoniert, und aus ihren Antworten schließe ich, dass sie Unterrichtsnotizen mit einer Freundin vergleicht. Als sie mich bemerkt, murmelt sie ein genervtes »Ich ruf dich gleich noch mal an« und knallt dann den Hörer auf die Gabel.
»Und?«, sage ich.
»Und was?«
»Was hältst du von meinem neuen Look? Ich hab mir überlegt, morgen so in die Schule zu gehen.«
»Soll das jetzt irgendeine blöde Anspielung auf meine Haare sein, oder was?«
»Wie würdest du es denn finden, wenn ich morgen so in der Schule aufkreuzen würde?«
»Das wäre mir scheißegal.«
»Glaub ich nicht.«
»Wieso bist du bloß so gemein zu mir?«, schreit Dorrit mich an.
»Wieso denn gemein?« Aber sie hat recht. Es ist total gemein, seine schlechte Laune an seiner kleinen Schwester auszulassen.
Und alles nur wegen Sebastian. Manchmal habe ich das Gefühl, alles Unglück auf der Welt wird nur von Männern verursacht. Ohne Männer wären Frauen viel besser dran.
»Hey, jetzt sei doch nicht gleich sauer, Dorrit. Das war nur ein blöder Witz.«
Dorrit greift sich mit beiden Händen in die Haare. »Sehe ich wirklich so schlimm aus?«, flüstert sie.
Mein trauriges Clownsgesicht kommt mir plötzlich gar nicht mehr witzig vor.
Als unsere Mutter krank wurde, hat Dorrit mich gefragt, was denn jetzt werden würde. Ich zwang mir ein Lächeln ins Gesicht – ich hatte nämlich mal irgendwo gelesen, dass die beim Lächeln aktivierten Muskeln dem Gehirn vorgaukeln, man wäre glücklich, selbst wenn man in Wirklichkeit todunglücklich ist – und antwortete: »Ganz egal, was passiert, wir werden schon irgendwie damit klarkommen.«
»Versprochen?«
»Versprochen.«
»Wir haben Besuch!«, ruft Missy von unten. Sofort ist unser kleiner Streit vergessen und Dorrit und ich poltern die Treppe hinunter.
Und da – mitten in unserer Küche – steht Sebastian. Er sieht von meinem traurigen Clownsgesicht zu Dorrits bunten Haaren und schüttelt den Kopf.
»Wer sich auf die Bradshaws einlässt,
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