The Carrie Diaries - Carries Leben vor Sex and the City - Band 1
muss eben auf alles gefasst sein. Der Wahnsinn kann hinter jeder Ecke lauern.«
»Das glaube ich dir sofort«, sagt Sebastian. Er hat wieder die schwarze Lederjacke an, die er schon auf Tommy Brewsters Party und an dem Abend getragen hat, an dem wir das Scheunendach bemalt … und uns das erste Mal geküsst haben.
»Hast du diese Jacke eigentlich immer an?«, frage ich, als er einen Gang runterschaltet und auf den Highway einbiegt.
»Gefällt sie dir nicht? Die hab ich mir gekauft, als ich in Rom gelebt hab.«
Ich komme mir plötzlich schrecklich provinziell vor. Ich war schon in Florida und Texas und in fast allen großen Städten
Neuenglands, aber noch nie in Europa. Ich besitze ja noch nicht einmal einen Reisepass. Obwohl ich den jetzt wirklich gut gebrauchen könnte – auf meiner Reise in die unbekannte Welt des Sebastian Kydd. Da gibt es bestimmt viele Grenzen zu passieren. Eigentlich müssten für Beziehungen auch Reisepässe ausgestellt werden.
Wow. Er hat schon mal in Rom gelebt. Geht es noch romantischer?
»Woran denkst du gerade?«, fragt Sebastian.
Dass du mich bestimmt todlangweilig findest, weil ich noch nie in Europa war und nichts von der Welt kenne. »Warst du auch schon mal in Paris?«, frage ich.
»Klar«, sagt er. »Du nicht?«
»Nicht wirklich.«
»Das klingt wie ein bisschen schwanger. Entweder du warst dort oder nicht.«
»Ich war zwar noch nie dort, aber das heißt nicht, dass ich nicht schon in Gedanken da gewesen wäre.«
Er lacht. »Du bist echt komisch.«
»Danke.« Ich schaue aus dem Fenster, damit er mein Lächeln nicht sieht. Es macht mir nichts aus, dass er mich komisch findet, ich bin einfach nur glücklich, ihn zu sehen.
Ich frage ihn nicht, warum er nie angerufen hat. Als ich ihn bei uns in der Küche an der Arbeitsplatte lehnen sah, so selbstverständlich, als würde er dort hingehören, habe ich so getan, als wäre es das Normalste auf der Welt, und mir meine Überraschung nicht anmerken lassen. »Störe ich vielleicht gerade bei irgendwas?«, fragte er, als würde er ständig wie aus heiterem Himmel einfach bei uns vorbeikommen.
»Das hängt davon ab, was du unter stören verstehst.« Mein
ganzes Inneres schien plötzlich aus Brillanten zu bestehen, die ein unerwarteter Sonnenstrahl zum Funkeln brachte.
»Hast du Lust, eine kleine Spritztour mit mir zu machen?«
»Klar.« Ich rannte nach oben und wusch mir in Windeseile mein Clownsgesicht ab – ich weiß, ich weiß, ich hätte sagen sollen, dass ich keine Zeit habe, oder mich wenigstens ein bisschen zieren und überreden lassen sollen. Wenn ein Mädchen sich zu schnell auf ein Date einlässt, denken die Typen, sie würde allzeit bereitstehen und alles mit sich machen lassen. Aber ich weiß auch genau, dass ich mich hinterher schwarz geärgert hätte, wenn ich Nein gesagt hätte. Während ich meine Stiefel anzog, fragte ich mich trotzdem, ob ich es nicht irgendwann bereuen würde, es ihm so leicht gemacht zu haben.
Im Moment bereue ich es jedenfalls überhaupt nicht. Außerdem würde ich gerne mal wissen, wer diese bescheuerten Spielregeln für die Beziehungen zwischen Männern und Frauen eigentlich aufstellt. Und warum ich mich daran halten soll.
Sebastian legt eine Hand auf meinen Oberschenkel. Er tut es ganz beiläufig, als wären wir schon lange zusammen. Und wenn es so wäre? Würde seine Hand auf meinem Schenkel dann immer noch dieses Gefühl in mir auslösen – diese Verwirrtheit, gepaart mit köstlichem Schwindel? Ja, bestimmt. Es kann gar nicht anders sein.
»So toll ist es gar nicht«, sagt er.
»Hm?« Ich sehe ihn fragend an und mein Glücksgefühl verwandelt sich plötzlich in unerklärliche Panik.
»Europa«, sagt er.
»Ach so.« Ich atme erleichtert aus. »Europa.«
»Als ich vor zwei Jahren in Rom gewohnt hab, bin ich ziemlich viel herumgereist – ich war in Frankreich, in Deutschland,
in der Schweiz und in Spanien –, aber als ich zurückkam, ist mir klar geworden, dass es hier genauso schön ist.«
»Wo? In Castlebury?«, frage ich ungläubig.
»Klar. Hier ist es genauso schön wie in der Schweiz«, sagt er.
Sebastian Kydd findet Castlebury schön? »Ich hätte mir eher vorgestellt, dass du …«, ich stocke, »… in New York leben möchtest. Oder London. Oder irgendeiner einer anderen aufregenden Großstadt.«
Er runzelt die Stirn. »Da kennst du mich aber schlecht.«
Mir wird plötzlich ganz kalt. Habe ich ihn etwa beleidigt? Doch dann sagt er: »Aber das wird sich bald ändern.
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