The Cocka Hola Company: Roman
Sendung, jeder auf einer Seite der Stadt, der eine mit, der andere ohne Ton. Das GHB hat auf der Taxifahrt zu wirken begonnen, also geht Motha ins Schlafzimmer und legt sich neben Simpel ins Doppelbett. Simpel kommt kurz zu sich.
– Hallo Schatz … wie war’s …? Simpel schaut seine Frau aus dem Augenwinkel an. – Für eine Tragetüte voll Koks siehst du ziemlich entspannt aus …?
– GHB …, sagt Motha.
– Ach so …, murmelt Simpel und schließt die Augen.
– Woher denn …?
– Zwei Mädken, zu denen wi’ nach Hause sind.
– Mmmm …, Simpel ist schon halbwegs wieder im Traumland. – … Uuund … war’s … euphorisch?
Motha zieht die Nase kraus und trinkt einen Schluck Kaffee. Sie hat sich ein paar Kissen in den Nacken geschoben und stellt die Tasse auf der Brust ab.
– Naja … Nööö … wi’ wa’en alle high und haben jede Menge getaanzt. Dann hab iik mit Casco gefiikt und Tiiptop mit den Mädken. Abe’ es is i’gendwie niikt so ’iktik, niikt so ganz, i’gendwie, niikt so i’gendwie t’ancemäßi und doll gewesen. Näkstes Mal muussen wi’ no was aande’es p’obie’en als Koks – eigenlii ist ja das Ziel, dass wi’ ’iktig wegfliegen, voll good feelings und so und Gluuck, abe’ iik hab iimme’ gewuusst, wo iik bin, iik hab iimme’ die G’enzen gesehen, das ist noch niikt so ’iktik, weiß du, Ssiimpel. Es sollen keine G’enzen meh’ da sein.
– Mmm …
Motha kippt fast weg, wacht aber nochmal auf.
– Du, Ssimpel? Was is mit die Advensfeie’?
– …
– Ssiimpel!
– Mmm … hä? … Adventsfeier … oh … alles okay …. Casco kommt mit …
– Casco …?
– Jammm …
– Abe’ Casco wa’ doch in diese Fiilm letzes Jah’?
– Hä … oojajaschon … aber … keine Angst … alles okay … den erkennt keiner mehr … wegen Weihnachtsmann und Bart und so …
– Jajaja Ssiimpelmann … dein Business. Ik geh dusche.
Motha schält sich aus ihrer Wurstpellenhose und geht in die Dusche, wo eine unübersehbare Anzahl leere Shampooflaschen herumsteht. Lonyl sitzt vorm Fernseher und versucht, den Trickfilmfiguren Brillen anzumalen, die aber so viel auf dem Bildschirm hin und her rennen, dass der schon ganz schwarz ist. Gestern Abend hat Simpel ihn zu Fazil mitgenommen, Fazil hat für alle Fälle immer die Zutaten für Carpaccio auf Lager, und während Simpel und Fazil drinnen in der Küche Filet in dünne Scheiben schnitten, hat Lonyl Fazils neugeborenem Sprössling eine schwarze Brille angemalt, und als Fazil das gesehen hat, hat er so laut gelacht, wie Lonyl noch niemals wen hat lachen hören, hier im Wohnzimmer von Simpel und Motha hört Lonyl immer noch Fazils Lachen in seinem Kopf, während er versucht, den Zeichentrickfiguren Brillen anzumalen. Er hat den Fernsehtisch vor den Apparat gezogen und sitzt auf der Tischkante. Unter der Schokoladenhaut seiner kleinen Beine zeichnen sich die prallen Muskeln ab. Er hört nicht Mothas prasselnde Dusche von nebenan; wie besessen versucht er, ROY THE DOG mit einer Filzerbrille einzufangen. »STEH STILL, STEH STILL!« sagt er stumm in seinem Kopf. Simpel ist wieder eingeschlafen und träumt davon, wie Tiptop und er einem römischen Gott eine unendlich lange Toga ausziehen, sie in der Mitte durchreißen und sich jeder in eine Hälfte wickeln, bis sie aussehen wie gigantische Q-Tips. Motha kriegt unter der Dusche Nasenbluten, sie bemerkt es nicht. Sie trocknet sich ab und geht ins Wohnzimmer. »NEIN, LONYL …« sagt sie, als sie den schwarzen Fernsehschirm sieht, aber sie weiß auch, dass Filzer leicht von Glas abgeht und Lonyls kleine Morgenaktion gar nichts ist verglichen mit der Behandlung, die er z.B. den Wandpaneelen hat angedeihen lassen. Lonyl reagiert auf Mothas Ansprache nicht. Sie kippt den letzten Schluck kalten Kaffee in die Spüle und füllt die Tasse neu an der Kaffeemaschine. Dann geht sie ins Schlafzimmer, wo Simpel in einer Stellung liegt, in der es technisch gesehen unmöglich sein sollte, nicht zu schnarchen; aber er schnarcht tatsächlich nicht. Sie legt sich nackt ganz dicht neben ihn, was keinerlei Folgen hat, da er a) wenn er mal schläft, dann so tief wie ein schwarzes Loch; b) seit seiner Teilnahme an Lonyls Geburt impotent ist; c) einige prinzipielle Einwände gegen ein »Geschlechtsleben« als solches hat. Motha sieht nichtsdestotrotz aus, als wäre sie aus Ebenholz geschnitzt. Sie schlummert ein, ihr Java-Mokka-Kaffee wird kalt.
Es ist noch keine halb elf, als Tiptop
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