The Cocka Hola Company: Roman
Bein zu pochen beginnt, und versteigt sich so weit in seinen Sauberkeitstheorien, dass ein Lehrer ihn mahnen muss, sich doch bitte auf die fachmännischen Empfehlungen zu beschränken, derentwegen er geladen ist. Widerwillig verkürzt Persson seine Ausführungen und entfaltet diverse Reinigungsalternativen. Danach wird diskutiert, wie man Lonyl an weiterem Terror hindern könnte, und folgende Vorschläge werden gesammelt: a) Schadensersatzforderungen an die Eltern, ggf. Anzeige; b) allmorgendliche Durchsuchung Lonyls und Konfiszierung sämtlicher Maluntensilien; c) verschiedene Strafen, die Lonyl direkt treffen sollen (Ausschluss vom Hofgang, von den Leibesübungen, von den zwei wöchentlichen Ruhestunden im schuleigenen Kuschelzimmer, von den Ausflügen usw.) und schließlich d) Schulverweis.
All diese Punkte werden angenomen, außer d), den man für den Fall vorhält, dass a), b) und c) keine Wirkung zeigen. Es wird eine Frist bis Weihnachten vereinbart, um festzustellen, ob die beschlossenen Maßnahmen greifen. Bessert sich Lonyl nicht binnen der acht Tage bis zu den Weihnachtsferien, so soll mit Wirkung zum 1. Januar ein Schulverweis ergehen; die B-Schule wird an diesem Tag die Verantwortung für Lonyls Ausbildung und die Aufsicht über ihn abgeben.
3) Berlitz’ Liste kinderpsychiatrischer Fachliteratur . Berlitz hat seine absoluten Favoriten aufgelistet. Außerdem präsentiert er den Entwurf eines Briefs an Simpel und Motha, der ein Angebot zum Bezug der Bücher über die Schule enthält: Vor jedem Titel befindet sich ein Kästchen zum Ankreuzen, und unter der Liste steht »JA! Schicken Sie mir die angekreuzten Titel mehrwertsteuerfrei, damit ich mein Kind in den Griff bekomme!«
Der Brief wird ohne Diskussion verabschiedet, die Liste geht mit heutiger Post an Lonyls Eltern.
Nach der Konferenz stehen Berlitz und Persson im Flur und unterhalten sich leise. Persson hat auf dem Jungenklo 1 Milligramm Xanax geschluckt, sein Sauberkeitsappell hat ihn zu sehr erregt. Die Wirkung macht sich schon bemerkbar, Persson schaut in Berlitz’ blinzelnde Psychiateraugen und redet beherrscht, ohne nervös zu zwinkern. Berlitz hält beim Zuhören den rechten Arm in die linke Hand gestützt, während er sich mit der Rechten den getrimmten Bart streicht. Er benickt, was Göran Persson sagt. Kinderpsychiater Berlitz hat heute etwas ganz Gewagtes getan: Unter der Anzughose trägt er die lingerie intime seiner Frau, er allein weiß das. Persson gestikuliert, dann bückt er sich und zieht das Hosenbein hoch. Berlitz bückt sich ebenfalls, betrachtet den Verband und nickt voll Anteilnahme und Mitleid. Persson redet weiter, lässt den Kopf hängen und schüttelt ihn betrübt, dann fasst er sich an die Stirn. Berlitz legt ihm die Hand auf die Schulter: »Mach dir nichts draus, dass es gestern nicht so gut gelaufen ist, Göran. Wir kriegen sie ran! Wir kriegen sie. Noch ein bisschen Geduld, dann machen wir sie fertig!«
BEI SPEEDO, 17.00 H
Gestern nach dem Infomeeting ist Speedo auf direktem Wege ins Rotz gegangen und hat dort gesessen und rumgefaselt, bis es dichtmachte. Dann hat er eine Taxe genommen und ist nach Hause gefahren.
Jetzt liegt er im Bett und sieht Pernilles schönes, schönes Haar über sein Kissen wallen. Er schaut auf ihre schönen, schönen Kiefer und auf ihren dünnen, dünnen Hals. Sie liegt auf dem Rücken und schläft geräuschlos. Speedo hat sich noch nicht daran gewöhnt, neben ihr aufzuwachen. Seit einer Stunde liegt er da und schaut sie an.
MONTAG, 14. DEZEMBER, 10.15 H
– VERDAMMTE SCHEISSE! SO EINE RIESENUNVERSCHÄMTHEIT!, schimpft Simpel. Eben war er unten am Briefkasten und hat das Schreiben von der B-Schule herausgeholt. Der Brief zittert in seiner Hand. So sieht er aus:
Virginia M. Axline:
Dibs in Search of Self: Personality Development in Play Theory
Palle Bendsen:
Schulphobie
Margareta Berg Brodén:
Mutter und Kind im Niemandsland: Intervention im Säuglingsalter
Mariann Lederbaum:
Kinder- und Jugendpsychiatrie: Das Kind in der Familie – Die Familie in der Gesellschaft
Erik Homburger-Neumaier:
Kindheit und Gesellschaft
Ann-Marie Ripley:
Entwicklungskrisen im Kindesalter: Einführung in die Kinderpsychologie
William Goldfarb:
Spielerische Augenblicke. Therapie für psychotische Kinder.
Peter Thomsen:
Wenn Gedanken zu Zwang werden: Kinder und Jugendliche mit Zwangssymptomen
Madeleine Rambert:
Das Puppenspiel in der Kinderpsychotherapie
Madeleine
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