The Curse - Im Schatten der Schwestern (German Edition)
ein.
„Schön, es ist wirklich schön. Richte deinem Vater bitte meinen Dank aus.“
Ich strich über die Decke und setzte mich auf die Bettkante. Ich durfte nicht noch einmal in so eine Lage kommen wie vorhin, das war mir inzwischen klar. Ich brauchte Paytons Hilfe.
„Sam? Warum hast du das vorhin gesagt?“
Er lehnte am Fensterbrett und sah mich durchdringend an.
„Was meinst du?“
„Du hast gesagt, du liebst mich. Warum hast du das gesagt?“
„Payton, ich muss dir etwas sagen. Etwas sehr Wichtiges, aber wenn ich es tue, dann wirst du mir nicht glauben. Du wirst dich von mir abwenden, mich sicher für verrückt halten, und …“
Verzweifelt erhob ich mich, lief im Raum auf und ab, weil ich es nicht wagte, ihm näher zu kommen.
„Versuch es doch einfach. Ich bin jetzt hier und höre dir zu. Nicht mehr, nicht weniger.“
„So einfach ist das nicht. Was ich dir sagen muss, kannst du dir nicht einmal in deinen kühnsten Träumen vorstellen. Es ist ... so verrückt. Du hast ja selbst bemerkt, dass ich anders bin. Ich suche schon die ganze Zeit nach den richtigen Worten, um dir das zu erklären. Aber würdest du es mir glauben, wenn ich dir sage, dass der Tag kommen wird, an dem du mich liebst?“
Er sagte nichts, sah mich nur weiter interessiert an.
„Würdest du mir glauben, wenn ich dir sage, dass ich die Zukunft kenne? Dass dein Leben in dieser Zukunft in Gefahr ist, und es meine Aufgabe ist, dich zu retten?“
Ich war mit jedem Satz immer lauter geworden, weil ich selbst erkannte, wie wirr meine Worte klangen. Ich hatte keine Hoffnung, dass dieser bodenständige Hochlandschotte mir glauben würde. Darum kamen mir die nächsten Worte nur noch als Flüstern über die Lippen: „Ich liebe dich, aber ich kann dich nur retten, wenn du mir vertraust, Payton.“
Payton kam zu mir. Er fasste mein Kinn, wie er es schon so oft getan hatte, damit ich ihm in die Augen sehen konnte. Er war so nah. Ich bekam eine Gänsehaut.
„Mein Leben ist in Gefahr? Und nur du kannst mich retten, Sam?“
Ich nickte schwach.
„Das Schicksal meint es ja nicht gerade gut mit mir, wenn es so ein Stolperküken wie dich schickt, mich zu retten“, sagte er leicht dahin. „Und außerdem irrst du dich, Sam. Der Tag, an dem ich mich in dich verlieben werde, wird nicht kommen.“
Ich schloss die Augen, ertrug es nicht, ihn anzusehen, wenn er so etwas sagte, ertrug nicht, wie er meine Gefühle für ihn, meine fürchterliche Angst um sein Leben, mit wenigen Worten in den Dreck zog.
„Sam, sieh mich an!“, verlangte er und umfasste mein Kinn fester. „Dieser Tag, Sam, von dem du sprichst, ist doch längst da. Ich habe mich dagegen gewehrt, mir vorgemacht, nicht so zu empfinden, aber es war vergeblich. Und nun sag mir, mo luaidh, liebst du mich wirklich?“
Seine Lippen berührten meine, eine stumme Frage, die ich zu gerne beantwortete. Ich erhob mich auf die Zehenspitzen, um seinen sanften Kuss zu erwidern, und sank in seine Arme. Ich ließ mich treiben von meinen Gefühlen, gab mich ganz seinem Kuss hin. Zu herrlich war das Gefühl, genau dort zu sein, wo ich hingehörte, wo ich immer sein wollte, und vergaß dabei meine Sorge um sein Leben und die Tatsache, dass seine Zeit langsam ablief.
Kapitel 22
Friedhof bei Auld a´chruinn, Oktober 2010
Payton öffnete die Augen und drehte die Lehne seines Sportsitzes hoch. In den letzten Tagen ging es ihm stetig schlechter. Er schlief viel, musste oft den Friedhof verlassen, um sich im Auto aufzuwärmen, denn sein Körper brachte dazu keine Kraft mehr auf. Das Fieber zehrte ihn aus, und die Krämpfe in seinen Muskeln ließen ihn zeitweise vor Schmerzen aufschreien.
Er war froh, wenn er Schlaf fand, denn dann sah er Sam. Sah sie in seinen neuen Erinnerungen. Fühlte ihre Nähe, beinahe als wäre sie bei ihm. Aber die Bilder waren schwach. Nur Momente der besonderen Nähe schienen für ihn greifbar zu werden. Diese Momente sehnte er herbei, wenn sich, wie jetzt, eine neuerliche Welle des Schmerzes über ihm brach.
„Halte durch, Bruder. Er wird gleich hier sein. Vielleicht kann er uns helfen“, beschwor ihn Sean. Der beobachtete den Feldweg im Rückspiegel, als er das Geräusch eines näher kommenden Wagens hörte.
„Das wird er sein.“ Sean stieg aus und wartete, bis der dunkelgrüne Landrover wenige Meter hinter Paytons Wagen anhielt und der Fahrer ausstieg.
„Roy Leary?“, fragte Sean, obwohl er sich eigentlich sicher war, genau diesen vor sich zu haben. Die
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