The Curse - Im Schatten der Schwestern (German Edition)
Schutz. Dafür wirst du mir einen Eid schwören, denn ich werde keinem Verräter unter meinem Dach Obhut gewähren.“
Er baute sich vor mir auf. Ebenso groß wie seine Söhne, reichte ich auch ihm nur bis zum Kinn und war so gezwungen, den Kopf in den Nacken zu legen, um ihn ansehen zu können. Er fasste nach meiner Hand.
„Wirst du mir den Eid leisten?“
Ich musste schlucken. Einen Eid? Was war das eigentlich? So was wie ein Versprechen? Ein Vertrag? Was auch immer es war, ich würde ihn leisten, nur um mich nicht auf direktem Weg in den Kerker wiederzufinden.
„Was ist das für ein Eid?“, fragte ich dennoch, denn bei so Dingen wie Seele verkaufen könnte der Spaß dann ja doch aufhören.
„Du schwörst bei deinem Blute, keine Waffe zu erheben gegen die Meinen. Du schwörst, keinen Verrat zu üben und keine Heimtücke in mein Haus zu bringen. Du schwörst bei deinem Leben, meinem Befehl zu gehorchen, solange diese Vereinbarung Gültigkeit hat“, verlangte er, und es schien, als sähe er mir bis auf den Grund meiner Seele.
Ich fürchtete, er könnte dort sehen, wie wenig Bedeutung ich diesem Eid zumaß, wie schnell ich bereit sein könnte, den Eid zu brechen, seinen Befehlen zuwiderzuhandeln, um in meine Zeit zurückzugelangen. Ich schloss die Augen, um diese Geheimnisse zu wahren, und befeuchtete meine Lippen, damit die Lüge leichter über sie hinweggleiten würde.
„Ich schwöre es“, flüsterte ich, nur, um im nächsten Moment zusammenzuzucken. Ich riss meinen Arm zurück und sah auf das Blut in meiner Handfläche. Ein gerader Schnitt verlief vom Handballen bis zum Handgelenk.
Entsetzt starrte ich auf den Dolch in Fingals Hand, dessen blutige Spitze er nun in einen Weinpokal tauchte. Sauber zog er sie wieder heraus und steckte die Waffe zurück in seinen Gürtel, ehe er einen Schluck aus dem Pokal nahm.
„Auf das Blut, rot und süß wie dieser Wein. Slàinte mhath.”
Dann reichte er mir den Pokal zusammen mit einem weißen Leinentuch, welches mich irgendwie an die Serviette in Alisons Küche erinnerte. Er legte mir das Tuch fürsorglich über den pochenden Schnitt. Es war in der Ecke mit zarten Blüten bestickt. Und genau wie bei den Learys konnte ich den Impuls nicht bezwingen, meinen Finger über die Stickerei streichen zu lassen. Mein Finger folgte einem Faden. Dieser war der auffälligste. Stark und rot bildete er den Höhepunkt des ganzen Bildes, krönte die schönste aller Blüten mit seinem Glanz. Ich blinzelte. Schnappte nach Luft, als ich es sah: ein fehlerhafter Stich. Ich wurde blass und hätte beinahe das Tuch fallen lassen.
Fingal sah mich erwartungsvoll an. Schnell schloss ich die Faust um das Tuch, fasste mit zitternder Hand nach dem silbernen Gefäß und führte es an meine Lippen.
Wenig später fand ich mich auf dem Weg in mein Gemach wieder. Payton redete, aber ich hörte kaum zu. Warum verschwand der Blutgeschmack nicht aus meinem Mund? Es kam mir vor, als hätte ich eine Centmünze unter meiner Zunge liegen, deren metallischer Geschmack alle anderen Sinne überlagerte. Meine Hand brannte wie Feuer, auch wenn der Schnitt inzwischen aufgehört hatte zu bluten.
„Du bist nur etwas erschrocken. Aber wenigstens muss ich dich nun nicht unter Geschrei und Gebrüll in den Kerker bringen, sondern kann dir ein schönes Gemach anbieten. Das wird das bisschen Blut wohl wert gewesen sein, oder?“
Ich musste ihm zustimmen. Eigentlich war der Schnitt nicht wirklich schlimm, und da ich seit der Versorgung von Fingals Wunde nicht sagen konnte, dass ich zu den zartbesaiteten Wesen gehörte, die den Anblick von Blut nicht ertrugen, war meine Reaktion auf die Sache also nicht so ganz nachvollziehbar. Meine Nerven lagen einfach blank, das war schon alles. Dabei konnte ich jetzt endlich durchatmen. Der McLean hatte mich unter seinen Schutz gestellt. Jetzt brauchte ich nur noch die Hilfe seines Sohnes. Da traf es sich ganz gut, dass dieser gerade die Tür zu meiner Kammer öffnete.
„So, gefällt dir das besser?“, fragte er, als er beiseitetrat, um mich durchzulassen.
Der Raum war groß und hell, das einfache Bett mit blauem Betthimmel und einer blauen Decke passte sehr gut zu den beiden dunkelblauen Wandteppichen. Links und rechts der Tür zierten Jagdtrophäen in Form von Gehörnen die Wände, und der große Schrank war ebenfalls mit Jagdszenen bemalt.
Payton trat hinter mir ein, schloss die Tür und durchquerte den Raum. Er öffnete das Fenster weit und ließ frische Luft
Weitere Kostenlose Bücher