The Cutting
pissen musste. Da drüben, bei dem Schrotthaufen da. Ich hab meinen Reißverschluss zugemacht, und da hab ich’n kleines Stück weiter weg was geseh’n. Ich bin also rübergegangen, und da lag sie. Aufgeschlitzt. Einfach schrecklich, versteh’n Sie? Schrecklich.«
»Wie lange waren Sie hier, bevor Sie pinkeln mussten?«, erkundigte sich McCabe.
»Nich lange. Zwanzig Minuten.« Lacey zuckte mit den Schultern. »Vielleicht auch weniger.«
»Dann waren Sie also gegen halb neun hier?«
»Herrje, ich weiß nich. Hab ja keine Armbanduhr oder so was. Es war dunkel.«
»Haben Sie sonst noch etwas in der Nähe der Leiche gesehen?«
»Sonst noch was? Was denn zum Beispiel?«
»Vielleicht so was wie ein Messer oder eine Rasierklinge?«
»Nee. Nix in der Art.«
»Oder vielleicht ein Schmuckstück?«
»Was denn für’n Schmuckstück?«
»Irgendeins. Einen goldenen Ohrring zum Beispiel, für den Sie vielleicht ein paar Dollar bekommen könnten?«
»Nein, ich hab nix geseh’n. Und auch nix genommen. Ich wünschte bloß, ich hätte was gehabt, um sie zuzudecken. Sie lag da ja völlig entblößt vor aller Welt.«
»Sie haben sie nicht angefasst?«
»Nein, ich hab sie nich angefasst und auch sonst nix.« Er holte eine Halbliterflasche Whisky aus seiner ausgeleierten Hosentasche. »Was dagegen, wenn ich das bisschen hier noch austrinke?« In der Flasche befanden sich vielleicht noch anderthalb Fingerbreit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit.
McCabe nickte stumm. Er hätte selbst auch nichts gegen einen kleinen Schluck gehabt. »Was für Autos hatten denn in der Nähe geparkt?« McCabe deutete in Richtung Bordstein, wo die Kriminaltechniker gerade nach Reifenspuren und anderen Indizien suchten.
»Hab keine Autos gesehen. Vielleicht sind welche vorbeigefahren, aber geparkt hat da keiner.«
»Ist irgendein Auto vielleicht extra langsam gefahren? Konnten Sie welche genauer erkennen?«
»Bloß vorbeifahrende Autos. Konnte nich erkennen, welche Marke.«
»Vielen Dank, Mr. Lacey.« McCabe hob den Blick und sah, dass ein paar Journalisten eingetroffen waren, darunter auch eine Abordnung des lokalen NBC-Studios.
»Hey, McCabe. Kennen Sie mich noch? Josie Tenant, News Center 6. Wir haben gehört, dass die kleine Dubois hier ermordet aufgefunden worden ist. Können Sie uns dazu etwas sagen?«
»Im Augenblick nicht.« McCabe wandte sich ab.
»Ach, kommen Sie schon, McCabe. Ist es die kleine Dubois oder nicht?«
Der Kontakt mit den Medien gehörte nicht gerade zu McCabes Stärken. Er drehte sich um und schaute sie an. »Hören Sie, Josie, hier ist ein Verbrechen geschehen. Ich kann mir zwar nicht erklären, wie Sie so schnell hierhergekommen sind, aber es wäre wirklich sehr hilfreich, wenn Sie mit Ihren Leuten auf der anderen Straßenseite bleiben könnten. Wir sind hier immer noch mit der Spurensuche beschäftigt.« Josie Tenant und ihr Kameramann zogen sich widerwillig zu ihrem Fahrzeug zurück. Die anderen Journalisten folgten.
McCabe wandte sich an Comisky, den Streifenbeamten, der Lacey aufgegriffen hatte. »Kevin, sind Sie so freundlich und bringen Mr. Lacey in die 109? Falls Detective Sturgis im Haus ist, könnte er vielleicht den Rest von Mr. Laceys Aussage aufnehmen. Andernfalls mache ich das, sobald ich wieder zurück bin.« An Lacey gewandt fügte er hinzu: »Lassen Sie uns auf jeden Fall wissen, wo Sie zu finden sind. Hier ist eine Karte mit meiner Telefonnummer. Es kann sein, dass wir später noch einmal ein paar Fragen an Sie haben. Haben Sie das verstanden?«
»Aye, aye, Captain.« Mit leichtem Zittern salutierte er vor McCabe und stolperte auf Comiskys Wagen zu. »Wissen Sie, kanadischer Whisky is gar nich so schlecht«, sagte er und bedachte die nunmehr leere Flasche mit einem traurigen Blick. »Is zwar kein irischer, aber trotzdem nich schlecht.« Mit unsicheren Bewegungen setzte sich der obdachlose Mann auf die Rückbank.
Bevor Comisky ihm nachgehen konnte, sagte McCabe leise: »Durchsuchen Sie mal seine Taschen, ob er vielleicht einen goldenen Ohrring oder sonst etwas bei sich hat, was er hier auf dem Gelände eingesteckt haben könnte.«
Der Beamte nickte, ließ sich hinter das Lenkrad gleiten, drehte den Zündschlüssel und fuhr erst los, nachdem er alle vier Fenster aufgemacht hatte.
Bill Jacobi und Terri Mirabito wurden gerade fertig. Für McCabe schien es nicht mehr viel zu tun zu geben. Er sprach einen der anderen Uniformierten an. »Halten Sie die Presse fern, bis der Leichnam abgeholt
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