The Cutting
Freund, Ronnie Sobel, eingeheizt. Sie waren jedem einzelnen Hinweis nachgegangen, und davon hatte es Dutzende gegeben. Doch trotz all dieser Anstrengungen war die Polizei nicht einmal nahe dran gewesen, Katie zu finden oder ihren Tod zu verhindern.
McCabe legte die Berichte zurück in die Mappe. Er fuhr den Computer hoch und gab bei Google den Namen »Elyse Andersen« ein. 437 Treffer. Auf Seite zwei fand er, wonach er suchte: einen Artikel aus dem Orlando Sentinel vom 2. April 2002. Den hatte er einmal auf einem Rückflug von Orlando nach LaGuardia gelesen.
Er hatte mit Casey in den Frühjahrsferien einen Ausflug ins Disney World gemacht, zur Aufmunterung, nachdem er und ihre Mutter Sandy – die wunderschöne Cassandra, der Casey auch ihren Namen verdankte – sich hatten scheiden lassen. McCabe hatte schon lange nicht mehr an Sandy gedacht. Sofort schoss ihm das vertraute »selbstsüchtige Zicke« durch den Kopf. Vermutlich fühlte sich Sandy in ihrem neuen Leben, in dem sie als Frau eines Investment-Bankers zwischen einem fantastischen Haus in den Hamptons und einer Neun-Zimmer-Stadtwohnung in der West End Avenue hin und her pendelte, sehr viel wohler als in ihrem alten, wo sie die Ehefrau eines Polizisten gewesen war. Trotzdem fragte sich McCabe, wie es ihr wohl damit gehen mochte, dass sie nicht nur ihrer gescheiterten Ehe, sondern auch ihrem einzigen Kind den Rücken gekehrt hatte. Sie hatte zu McCabe gesagt, dass der Banker sich nicht mit Kindern belasten wollte. Zumindest nicht mit den Kindern anderer Leute. Er hatte Sandy gezwungen, sich zwischen dem Geld und ihrer Tochter zu entscheiden. Sie hatte sich für das Geld entschieden, was McCabe nicht allzu sehr überrascht hatte. So war sie eben. Das ließ sich auch nicht ändern. Für ihn selbst war das nicht weiter schlimm, aber er hatte Sandy niemals verziehen, was sie Casey damit angetan hatte.
Beim Lesen des Artikels fiel McCabe die ganze Geschichte wieder ein.
Gestern stieß ein Bautrupp der D. J. Puozzoli Construction Company aus Orlando auf die verwesten Überreste einer nackten Frauenleiche, die als die 26-jährige Elyse Andersen aus Winter Park identifiziert werden konnte. Mrs. Andersen war als Maklerin bei der Firma Mulvaney Real Estate in Orlando beschäftigt. Vor drei Wochen hatte ihr Ehemann, Martin Andersen, ebenfalls wohnhaft in Winter Park, sie als vermisst gemeldet. Eine ungenannte Quelle aus dem Gerichtsmedizinischen Institut von Orange County erklärte unserer Zeitung gegenüber, dass ihr Tod durch die »fachmännische« Entfernung von Mrs. Andersens Herzen verursacht worden sei.
McCabe schloss die Seite. Den Rest des Artikels konnte er fast wortwörtlich wiedergeben. Die Polizei verfolgte mehrere Spuren. Von weiteren Verletzungen war in dem Artikel nicht die Rede, doch wurde der Name des Leiters der Ermittlungen genannt: Sergeant Aaron Cahill. McCabe blätterte die übrigen Treffer seiner Google-Suche durch und entdeckte noch einen Folgeartikel. Sergeant Cahills Ermittlungsarbeit hatte offensichtlich nichts ergeben, und der Fall war ungeklärt geblieben. McCabe beschloss, das Obduktionsergebnis abzuwarten und sich erst dann mit Sergeant Cahill vom Orlando Police Department in Verbindung zu setzen, wenn er genau wusste, woran und wie Katie Dubois gestorben war.
Er druckte den Artikel aus und steckte ihn in eine nagelneue Fallakte. Dann schnappte er sich die Kaffeebecher und brachte sie in die kleine Küche am hinteren Ende des Großraumbüros. Er kippte die Reste in die Spüle. Jack Batchelder, einer von McCabes Mitarbeitern, war gerade dabei, eine frische Kanne aufzusetzen.
»Na, wie geht’s, Mike? Muss’n ziemlich übler Abend gewesen sein, nach allem, was ich gehört hab.« Batchelder war fünfzig Jahre alt, übergewichtig und wurde allmählich kahl. Aus McCabes Sicht war er ein klarer Fall von »ausgebrannt«, der einfach noch ein paar Jahre absitzen wollte, um sich ausreichende Pensionsansprüche zu sichern, bevor er sich in den Ruhestand verabschiedete.
»Ich schätze, da hast du richtig gehört, Jack. Ist sonst noch was passiert?«, wollte McCabe wissen.
»Der übliche Freitagabend-Wahnsinn. Ein paar prügelnde Ehemänner. Ein Jugendlicher ist unten am Fährhafen zusammengeschlagen worden. Ach ja, und noch eine Vermisstenmeldung. Eine Frau namens Cassidy. Arbeitet für eine Werbeagentur hier in der Stadt, Beckman & Hawes. Ihr Exmann hat uns so gegen 20 Uhr verständigt.«
McCabe hob den Kopf. Das war ungefähr die
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