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The Cutting

The Cutting

Titel: The Cutting Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Hayman
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so mögliche Fluchtwege abzuschneiden. Tasco und Fraser behielten die Einfahrt im Auge, Maggie und McCabe gingen auf das Haus zu.
    Irgendwie wirkte das Gebäude in der Trinity Street Nummer 24 leer und verlassen. Die Fenster waren geschlossen. Die Jalousien heruntergelassen. Auf der obersten Stufe der Eingangstreppe angelangt, stellte sich Maggie mit dem Rücken zur Wand an die eine Seite der Haustür, McCabe nahm die andere. Er klingelte. Sie warteten. Er klingelte erneut. Vorsichtig versuchte er, die Klinke hinunterzudrücken. Verschlossen. Sie konnten die Tür entweder aufbrechen oder versuchen, das Schloss zu knacken. McCabe entschied sich auch in diesem Fall für die leise Lösung, damit, falls sich jemand im Haus versteckte, er oder sie nicht in Panik geraten würde. Die Haustür besaß ein Tubularschloss. Das ließ sich zwar überlisten, aber es war nicht einfach. Und außerdem brauchte man dafür Spezialwerkzeug, das sie gar nicht hatten.
    Sie huschten um die Hausecke herum zur Küchentür und blickten durch das Glas ins Innere. Leer. Auf dem runden Eichentisch stand ein Kaffeebecher, ansonsten war alles an Ort und Stelle. Er drehte am Türknauf. Abgeschlossen. Das Sicherheitsschloss war ein älteres Modell mit einem normalen Schließzylinder. Er zog das kleine Lederetui, das er aus Maggies Wagen mitgebracht hatte, aus der Tasche und holte einen Spanner und einen der drei Edelstahl-Dietriche heraus, die aussahen wie feine Zahnarztinstrumente und jeweils einen kleinen Haken am Ende besaßen. Er ging in die Knie, so dass er mit dem Schloss auf Augenhöhe war. Maggie stand mit gezogener Pistole daneben und sah zu.
    McCabe führte den Spanner in das Schlüsselloch ein und drehte ihn eine Viertelumdrehung nach rechts. Dann schob er den Dietrich hinein, bewegte ihn suchend hin und her, fand den ersten Stift und drückte ihn vorsichtig nach oben, bis er an der schmalen Bruchkante des Zylinders hängen blieb. So schob er alle fünf Stifte nacheinander in die richtige Position. Als alle außerhalb der Scherlinie saßen, drehte er den Spanner. Der Riegel gab nach.
    Drinnen starrten und lauschten die beiden Detectives mit gezogenen Waffen in die Stille. Ein leise tropfender Wasserhahn in der Küche. Eine tickende Uhr. Ein anspringendes Kühlschrankaggregat. Der Kaffeebecher auf dem Tisch war ungefähr zur Hälfte mit einer klaren Flüssigkeit gefüllt. Am oberen Rand waren Lippenstiftspuren zu erkennen. McCabe schnüffelte am Inhalt des Bechers. Er roch nach Gin. Dieser Trick war bei Trinkern in aller Welt beliebt. Tom McCabe senior hatte jahrelang jeden Morgen seinen Bushmill’s aus einer Porzellantasse getrunken. »Papas Tee«, hatte er es genannt. Mom hatte nie ein Wort darüber verloren. Und hatte auch kein Wort der Kinder zu dem Thema geduldet. Nicht zu dem Alten. Nicht zu sonst irgendjemandem. Und als Tom junior, Tommy, der Drogenfahnder, am Tag der Beerdigung davon anfing, da war sie wütend geworden. Einundsechzig Jahre alt. Leberzirrhose. Sie hatte Tommy diese Indiskretion erst verziehen, als er selbst tot gewesen war.
    Von der Küche führten insgesamt vier Türen ins Innere des Hauses. Hinter der ersten verbarg sich eine leere Speisekammer. Hinter der zweiten eine Hintertreppe hinauf in den ersten Stock. Hinter der dritten ebenfalls eine Treppe, die allerdings, wie es schien, in einen unfertigen Keller führte. Die letzte Tür öffnete sich in ein weitläufiges Foyer. Sie beschlossen, dass Maggie in der Küche bleiben würde, damit niemand über die Hintertreppe oder aus dem Keller nach draußen gelangen konnte. McCabe würde derweil in den anderen Zimmern nachsehen.
    Vom Foyer aus gesehen rechts befand sich ein förmlich eingerichtetes Esszimmer mit einem glänzenden Mahagonitisch und acht Duncan-Phyfe-Stühlen in der Mitte. Er konnte sich noch sehr lebhaft daran erinnern, wie Sandy sich die Finger nach einem ähnlichen Ensemble geleckt hatte, das ihr in einem Antiquitätenladen in Connecticut ins Auge gefallen war. Frustriert und wütend darüber, dass sie sich von seinem Polizistengehalt nicht einmal einen einzigen Stuhl leisten konnten, hatte sie während der ganzen Heimfahrt nach New York geschmollt. Jetzt gehörte ihr wahrscheinlich ein kompletter Satz.
    Hinter dem Esszimmer entdeckte McCabe das kleine Lesezimmer, das er bereits bei seinem ersten Besuch von außen gesehen hatte. Es war ebenfalls leer und verlassen. Das Kreuzworträtsel aus der New York Times lag immer noch halbfertig am gleichen Platz.

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