The Cutting
wäre, um Katies Leiche vom Kofferraum bis zu der Stelle zu tragen, wo sie gefunden worden war.
Die Suche nach Lucinda Cassidy war auch nicht wesentlich erfolgreicher verlaufen. Die Suchmannschaften, die von einem Epizentrum in Portland ausgehend in immer größeren Kreisen ausgeschwärmt waren, hatten keinerlei Spuren entdeckt. Taucher suchten die Hafengewässer von Portland ab und fanden nichts. Auch die hochmodernen Landvermessungs-Technologien, die die Ranger des Maine Forest Service vor einigen Jahren auf die Spur eines ermordeten Mädchens geführt hatten, brachten in diesem Fall keine Ergebnisse. Bill Bacon und Will Messing wussten so langsam nicht mehr, wo sie noch suchen sollten.
Die vielversprechendste Entwicklung bestand in einem Bericht des kriminaltechnischen Labors in Augusta. Darin stand, dass Lucinda Cassidys Hund Fritz den Angreifer definitiv gebissen hatte und dass man in seinem Maul menschliches Blut und Haare gefunden hatte. Beides war einer DNA-Analyse unterzogen worden. Bedauerlich war nur, dass es keinen Tatverdächtigen gab, mit dessen DNA die des Täters hätte abgeglichen werden können.
Gegen sechs Uhr abends rief McCabe schließlich Burt Lund an und erkundigte sich, ob Richterin Washburn schon im Haus war und ob Lund einen Termin bei ihr hatte ergattern können.
»Sie ist gerade eben zurückgekommen«, sagte Lund. »Treffen wir uns in zehn Minuten in ihrem Amtszimmer.«
Vorher rief McCabe noch seine erschöpften Mitarbeiter im Konferenzraum zusammen. Zunächst ermunterte er sie, nicht lockerzulassen und weiterhin dranzubleiben. Er sagte, dass jeder Verdächtige, der von der Liste gestrichen wurde, sie der Lösung einen Schritt näher brachte. Dann schaute er in ihre müden Gesichter und wusste, dass sie das alles schon zu oft zu hören bekommen hatten. Er überlegte kurz, ob er ihnen von der Nachricht in seinem Briefkasten erzählen sollte, von dem bevorstehenden Treffen mit einer potenziellen Zeugin am heutigen Abend, aber er hatte Angst, dass dann womöglich die Presse oder Shockley Wind davon bekamen. Was er jedoch erwähnte, war, dass er sich jetzt auf den Weg machen wollte, um eine richterliche Durchsuchungsanordnung für Spencers Auto und sein Haus zu beantragen. Anschließend schickte er sie alle nach Hause, damit sie sich erholen konnten. Morgen sollte es dann in alter Frische weitergehen.
Das Amtszimmer von Richterin Paula Washburn lag im ersten Stock des Cumberland County Courthouse in der Federal Street, keine fünf Minuten Fußweg von der Polizeidirektion entfernt. McCabe und Lund wurden sofort eingelassen. Paula Washburn war eine große, extrem dünne Frau mit kurzen grauen Haaren. Sie hielt sich nicht mit irgendwelchen Begrüßungsformalitäten auf, bot ihnen aber immerhin einen Stuhl an.
»Also dann, meine Herren, was gibt es denn so Brandeiliges, dass es keine Minute länger mehr warten kann?«, sagte sie.
»Wir möchten Sie um einen Durchsuchungsbefehl im Fall Dubois bitten«, sagte Lund. Er reichte ihr McCabes Faktensammlung.
Sie las etliche Minuten lang schweigend. »Tja, das ist ja wirklich sehr interessant«, sagte sie schließlich und blickte ihn über den Rand der winzigen Lesebrille auf ihrer Nasenspitze hinweg an. »Ich hoffe nicht, dass Sie hier im Trüben fischen, Sergeant McCabe. Sie haben sich da nämlich einen ziemlich dicken Fisch ausgesucht.«
»Nein, Euer Ehren. Ich bin überzeugt davon, dass es genügend Gründe gibt, Dr. Spencer etwas näher unter die Lupe zu nehmen.
»Es gibt aber mehr als einen Arzt mit einem grünen Lexus-Geländewagen.«
»Das stimmt, aber bis jetzt ist Spencer der Einzige, der von seiner Statur her dem Mann auf dem Video ebenso entspricht wie demjenigen, den uns der Fußballtrainer beschrieben hat.«
Sie erkundigte sich nach der Zuverlässigkeit von Starbucks’ Videobearbeitung und Tobin Kenneys Erinnerungsvermögen. McCabe beantwortete ihre Fragen, so gut er konnte. Richterin Washburn nickte und überlegte. Dann sagte sie: »Ist Dr. Spencer sich darüber im Klaren, dass er im Begriff ist, zum Tatverdächtigen in einem Mordfall zu werden?«
»Ich nehme an, er ahnt so etwas. Er hat Chief Shockley angerufen und sich darüber beschwert, dass ich seine Frau befragt habe.«
»Weiß Shockley, dass Sie diesen Durchsuchungsbefehl beantragt haben?«
»Nein.«
»Dann ist Ihnen doch sicherlich klar, dass er alles andere als erfreut reagieren wird.«
»Das ist mir klar.«
»Aber Sie lassen sich davon nicht
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