The Cutting
mehrere Stunden. Danach haben wir uns noch zwei, drei Mal in dem Café getroffen. Einmal waren wir auch zum Essen in einem Restaurant.«
»Hatten Sie Sex miteinander?«
»Ja, aber ich glaube nicht, dass er mit dem Herzen dabei war. Vielleicht ist er sogar homosexuell. Vielleicht auch nicht. Aber da ich auf Männer in der Regel anziehend wirke, habe ich schnell gemerkt, dass er mehr an meiner Arbeit in der Klinik interessiert war als an mir als Frau.«
»Worüber haben Sie gesprochen?«
»Überwiegend über meinen Job. Wie viel Erfahrung ich besitze. Mit welchen Geräten wir arbeiten.«
»Hat Sie das überrascht?«
»Zu Anfang ja, aber als ich nachfragte, warum ihn das interessiere, sagte er, dass er Vertreter für medizinische Geräte sei. Auch für Herz-Lungen-Maschinen. Das war angeblich auch der Grund für seine Besuche in der Klinik. Geschäftliche Angelegenheiten.«
»Haben Sie ihm geglaubt?«
»Ja. Es gab keinen Grund, daran zu zweifeln. Er kannte sich mit den Maschinen sehr gut aus.«
»Hat er Ihnen gesagt, wie er heißt?«
»Er sagte, sein Name sei Phillippe Spencer.«
»Philip Spencer?« McCabe spürte einen Adrenalinstoß. Das war’s. Jetzt hatte er ihn. Den unterstützenden Beweis, auf den Burt Lund so unbedingt aus war.
Sophie spürte seine Aufregung. »Kennen Sie ihn?«
»Sagen wir einfach, ich habe diesen Namen schon mal gehört.« Er saß hier neben einer Zeugin, die diesen Drecksack direkt mit einer illegalen Transplantation in Verbindung brachte. Es war nicht perfekt, aber doch sehr viel besser als die Bruno-Magli-Schuhe im O.-J.-Simpson-Fall. Aber warum hatte Spencer seinen richtigen Namen verwendet? Warum nicht Harry Lime oder etwas anderes? Das ergab doch keinen Sinn. Obwohl, doch. Ganz einfach. Der Reisepass. Er war ja in ein anderes Land gereist. Er hatte vielleicht nicht die Zeit oder die Gelegenheit gehabt, sich einen gefälschten Pass zu besorgen. Aber trotzdem. Warum hatte er ihr seinen Namen genannt? Nein, es ergab keinen Sinn. Andererseits: Eine Menge Dinge, die keinen Sinn ergeben, sind am Ende trotzdem wahr.
McCabe sah zu, wie sie sich die nächste Gauloise ansteckte. Angesichts ihres Jeanne-Moreau-Gesichts, ihres Akzents und des starken Geruchs der Zigaretten hatte McCabe langsam das Gefühl, als sei er selbst irgendwie in einen Truffaut-Film geraten. Schießen Sie auf den Detective?
»Was ist dann passiert?«, fragte er weiter.
»Irgendwie hat Phillippe herausgefunden, dass ich Geldsorgen hatte. Vielleicht hat er es auch schon vorher gewusst. Ich bin mir sicher, dass er sich deshalb an mich herangemacht hat. Als Kardiotechnikerin verdiene ich in Frankreich eigentlich ganz gut. Nicht so gut, wie ich hier in den Staaten verdienen würde, aber immer noch eine ganze Menge. Allerdings habe ich einen sehr exklusiven Geschmack, und den lebe ich auch aus. Ich hatte viele Schulden, und das zu einem sehr hohen Zins. Als er mir einen sehr gut bezahlten Auftrag angeboten hat, war ich daher interessiert daran, mehr zu erfahren. Ich erkundigte mich, worum es dabei ginge, und er sagte mir, dass ich bei einer Transplantation in Amerika mitmachen könnte. Ich fragte ihn, wieso er mich dafür von Frankreich aus einfliegen lassen wollte, wo es doch in Amerika sicher genügend Kardiotechniker gäbe. Es wurde schnell deutlich, dass es sich um eine illegale Operation handelte. Er wollte mich aufgrund meiner finanziellen Probleme dabeihaben und vermutlich auch, weil ich noch nie mit der medizinischen Aufsicht oder den Behörden in den USA in Berührung gekommen bin.«
»Hat er Ihnen verraten, wer der Patient war?«
»Nicht namentlich, nein. Er hat nur gesagt, dass es ein sehr reicher Mann Mitte achtzig wäre, der an einer chronischen Herzinsuffizienz im Endstadium litte. Er wollte ein neues Herz haben, wurde aber aufgrund seines hohen Alters von allen Kliniken abgelehnt. Phillippe sagte, er hätte eine Quelle entdeckt, die ihn auch außerhalb der üblichen Wege mit Herzen versorgen kann. Ich sagte, dass ich mich nicht an etwas Illegalem beteiligen und erst recht nicht im Gefängnis landen wollte. Er antwortete, dass diese Gefahr nicht bestünde. Und dass er und seine Freunde bereits etliche solcher Operationen durchgeführt hätten, ohne dass irgendjemand davon erfahren hätte.«
»Hat er tatsächlich das Wort ›Freunde‹ benutzt? Nicht Kollegen oder Mitarbeiter?«
»Ich glaube schon. Ja, ich bin mir sogar ziemlich sicher. Wieso? Ist das wichtig?«
»Ich weiß es nicht. Unter
Weitere Kostenlose Bücher