The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder
hörte. Pearl betrat die Backstube.
»Ist Mace da?«, fragte sie besorgt. »Ich dachte, ich hätte ihn gehört.«
»Nein«, sagte Gaia. Aber einen Moment später kam ein Geräusch von der Tür, ein leises Klopfen in einem unverkennbaren Rhythmus.
»Schließt den Ofen«, flüsterte Pearl.
Sobald Leon das getan hatte und der Raum dunkel war, entriegelte Pearl die Tür. Mace Jackson schlüpfte herein, gefolgt von einer Frau in einem langen, weißen Umhang. Ein frischer Stoß kalter Luft wirbelte durch die Backstube, als die Tür sich wieder schloss, dann lag der dunkle Raum ganz still. Das feurige Flackern um die Kanten der Ofentür war das einzige Licht.
»Pearl?«, fragte Mace in die Dunkelheit.
»Endlich«, sagte sie.
Als Gaia ein Streichholz entzündete, um die kleine Kerze auf dem Ziegelstein am Ofen anzuzünden, lagen der mächtige Mace und seine breitschultrige Pearl sich in den Armen wie zwei Bären. Gaia musste lächeln.
»Wer ist das?«, fragte Mace, seine Stimme tief und bedrohlich, seine schwarzen Augen waren über Pearls Schulter auf Leon gerichtet.
»Ein Freund von Gaia«, sagte Pearl rasch.
»Das ist Leon Quarry«, sagte Mace streng und ließ Pearl los. »Hast du eine Ahnung, was mit uns geschehen wird, wenn sie ihn hier finden?«
Gaia trat einen Schritt vor Leon. »Das wird nicht passieren«, sagte sie. »Es tut mir leid, Mace. Ich hatte nie vor …«
»Derek Vlatir schickt mich«, unterbrach Leon. »Er ist mein Vater. Er sagte, ich solle mich an euch wenden.«
Mace starrte Leon durchdringend an, da trat die Frau in Weiß, die an der Tür gewartet hatte, ins Kerzenlicht. Gaia erkannte Schwester Khol. Ihre Lippen waren verächtlich herabgezogen.
»Wer hätte das gedacht? Ihr hier, alle beide«, sagte Schwester Khol und sah erst Gaia, dann Leon an. »Die ganze Stadt sucht nach euch.«
Leons Stimme war vorsichtig neutral. »Bist du gekommen, um uns zu helfen oder um uns zu drohen?«
Schwester Khol versteifte sich. »Ich wusste nicht, dass du mit dem Mädchen verbandelt bist«, sagte sie zu Leon.
»Warte, bitte«, sagte Gaia und trat wieder vor. »Wir brauchen deine Hilfe, um zu meiner Mutter zu kommen. Das ist alles. Wenn du nur so viel tun kannst, wären wir dir sehr dankbar.«
»Es ist nie nur so viel«, sagte Schwester Khol. »Einmal habe ich dir eine Nachricht von deiner Mutter zukommen lassen, aber hat es damit aufgehört?«
Gaia wusste nicht, was sie sagen sollte. Flehend schaute sie zu Pearl, und Pearl trat neben Schwester Khol und redete auf sie ein, zu leise, als dass Gaia etwas hätte verstehen können.
Mace schaltete das Deckenlicht an. Dann schob er sich an Leon vorbei und wusch sich die Hände. Als wäre er allein in der Backstube, zog er ein breites, flaches Brett aus dem Regal und legte es auf den Tisch. Dann rieb er es mit Mehl aus einem Sack auf dem Tresen ein.
Gaia stand hilflos da und beobachtete Pearl und Schwester Khol, bis diese sich endlich an Mace wandte. »Irgendwann diesen Morgen werde ich den Bastionsplatz mit einem schweren Korb überqueren. Wenn ich dort einen Jungen finde, der ihn für mich tragen kann, werde ich ihn mit mir in den südöstlichen Turm nehmen. Nicht mehr. Er kann fünf Minuten dort bleiben. Ich habe wichtige Arbeit für die Enklave zu erledigen und keine Zeit für diesen Unsinn. Ich bin nicht bereit, mich in irgendwelche kriminellen Aktivitäten verwickeln zu lassen.«
Mace neigte knapp den Kopf. Gaia hatte eine Million Fragen, aber Mace warf ihr einen strengen Blick zu, und sie schwieg.
»Danke, Joyce«, sagte Pearl. »Ich bin dir sehr dankbar. Wirklich.«
Schwester Khol wandte sich zur Tür. Mit einer Hand auf dem Riegel hielt sie inne und sah Pearl noch einmal an. »Wenn ich deinen Verlust schmälern könnte, Pearl«, sagte sie, »würde ich das tun. Das weißt du. Ich wünschte, du würdest dir nicht einreden, dass eine verrückte Tat wie diese irgendetwas daran ändert.« Einen Moment später war sie verschwunden.
Pearl fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen und klatschte einmal in die Hände. »Ihr habt Joyce gehört«, sagte sie und griff sich ihre Schürze. »Wir haben kaum noch Zeit. Sie bringt dich hinein, Gaia, aber der Rest liegt bei dir. Sie muss behaupten können, dass sie reingelegt wurde, so wie alle anderen. Lasst uns Oliver und Yvonne holen.«
Alle machten sich an die Arbeit und bewegten sich dabei so rasch und leise wie möglich. Oliver wurde geschickt, ein paar von Jets Lehrlingskleidern für Gaia zu holen und
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