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The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

Titel: The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O'Brien Caragh
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zog ihre Bäckerschürze aus, warf sie Leon zu und ging breitbeinig auf den Korb zu. Sie musste ihren ganzen Körper zurücklehnen, um das Gewicht auszubalancieren.
    Die Wachen lachten.
    »Das bringt dir ein wenig Muskeln in den Körper, Junge«, sagte der Wachmann. »Also hoch mit euch.« Er öffnete die Tür für Schwester Khol, zog Gaia im Vorübergehen die Krempe ihres Huts tiefer in die Stirn und lachte wieder. Gaia durchlebte einen Moment der Furcht, weil die Maske auf ihrer Stirn seltsam drückte, versuchte aber, wie ein Junge zu reagieren. Sie zog sich den Hut wieder hoch und warf dem Wachmann einen verärgerten Blick zu.
    »Da geht’s lang«, hänselte der vergnügt.
    Ihre Verkleidung hatte funktioniert. Während sie so schnell wie möglich den Korb hinter Schwester Khol herschleppte, war Gaia insgeheim überglücklich. Die Treppe wand sich im Uhrzeigersinn empor, mit steinernen Wänden auf beiden Seiten und alle zwölf Stufen einem rechteckigen Fenster nach draußen. Auf mehreren Treppenabsätzen kamen sie an geschlossenen Türen vorbei. Der Korb wurde mit jedem Schritt schwerer, aber Gaia stieg weiter die Stufen empor, bis ihr das Herz schwer in der Brust schlug und ihr Atem stoßweise ging. Der Gedanke, dass jeder Schritt sie ihrer Mutter näher brachte, trieb sie nach oben, selbst als ihre Beinmuskeln zu brennen begannen. Sie hielt ihre Augen auf das weiße Hemd und die schwarzen Absätze Schwester Khols gerichtet, die direkt vor ihr ging. Gerade als Gaia dachte, keine einzige Stufe mehr schaffen zu können, erreichten sie einen dreieckigen Absatz, und Schwester Khol hielt an.
    Einen Moment schöpfte sie nur Atem und sagte nichts. Dann schob sie eine kleine Abdeckung in der Tür auf und sprach durch die Öffnung. »Ich bin’s, Schwester Khol. Wir kommen rein.«
    Gaia sah zu, wie sie einen schweren Eisenriegel beiseiteschob und die schwere Tür aufzog.
    Sie hatten es geschafft. Gaias Herz schlug vor Erwartung. Meine Mutter! Wo ist meine Mutter? Als Erstes fiel ihr Blick auf eine Frau in einem Schaukelstuhl. Persephone Frank, mit ihrem charakteristischen Mondgesicht und ihrem braunen Haar, ließ ihre Stricksachen sinken und sah beiläufig auf. Gaia erschrak. Leon hatte ihr erzählt, dass Sephie frei und zu Hause war und wieder praktizierte. Und doch war sie hier. Entweder hatte Leon gelogen, oder Sephie hatte sich entschlossen, der Enklave als Aufpasserin zu dienen. Sephie zog ihre gespreizten Finger durch das Garn, um es zu lockern, und fuhr mit ihrer Arbeit fort.
    Gaias Blick huschte zu einer zweiten Frau, die unter einer dünnen Decke auf der entferntesten Pritsche lag. Die unbekannte Frau setzte sich langsam auf, einen Finger in ein Magazin gelegt. Ihr langes braunes Haar fiel ihr in einem unordentlichen Zopf über die Schulter. Sie war füllig, mit schweren Augenlidern, und entsprach nicht der Vorstellung, die sich Gaia von einer politischen Gefangenen gemacht hatte.
    »Wer ist da?«, murmelte die Frau.
    »Schwester Khol, du alte Langschläferin«, sagte Sephie. »Bring dich in einen vorzeigbaren Zustand.«
    Die dritte Frau, auf der nächstgelegenen Pritsche, machte sich nicht die Mühe, nachzusehen, wer hereingekommen war, und Gaias Herz schlug schneller vor Angst. Sie setzte den Korb ab und blieb an der Tür stehen. Sie hatte Angst, das Falsche zu tun oder zu sagen. Mit einem raschen Blick entdeckte sie den kleinen weißen Kasten, die Überwachungskamera. Es war mehr als wahrscheinlich, dass Bruder Iris oder einer seiner Helfer ein aufmerksames Auge auf den Raum hatte. Sie stöhnte innerlich.
    »Los, Bonnie«, sagte Schwester Khol aufmunternd. Ihre Stimme klang beinahe mitfühlend. »Schau, ich hab dir Sonnenblumenkerne gebracht. Wann hast du zuletzt Sonnenblumenkerne gehabt?«
    Die Gestalt auf der Pritsche regte sich nicht. »Ich habe keinen Hunger.«
    Gaias Herz schlug höher beim Klang der vertrauten Stimme, und sie musste sich zusammenreißen, um nicht zu ihrer Mutter zu laufen.
    Doch als Schwester Khol der Gefangenen vorsichtig half, sich aufzurichten, traute Gaia ihren Augen kaum: Unter dem blauen Kleid wölbte sich der runde, ausladende Bauch einer Schwangeren. Gaia sog scharf die Luft ein. Das konnte nicht sein. Oder doch? Die Wahrheit brach über sie herein: Ihre Mutter war nicht die mit der Pflege betraute Hebamme in dieser Zelle. Ihre Mutter war die politische Gefangene. So unglaublich es scheinen mochte, Gaias Mutter musste fast im fünften Monat schwanger gewesen sein, als Gaia sie

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