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The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

Titel: The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O'Brien Caragh
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sie auf. Sephie nahm Gaias Arm und führte sie zur Tür. »Kopf hoch!«, sagte Sephie. »Du hättest mehr essen sollen. Du bist schwach wie ein junges Kätzchen.«
    Gaia atmete tief durch. »Ich habe keinen Hunger.«
    »Also gut. Stell dich gerade hin und schau so aus, als wärst du zu etwas zu gebrauchen. Und richte dein Haar ein bisschen.«
    Gaia fühlte den Anflug eines Lächelns. »Du klingst wie meine Mutter«, sagte sie.
    »Ach ja?«
    Gaia fuhr sich mit schwerer Hand durchs Haar. Sie hatte sich noch nicht daran gewöhnt, wie kurz es in ihrem Nacken war. »Meine Mutter wollte immer, dass ich mir das Haar öfter zurückbinde. Sie sagte, dass ich nur noch mehr Aufmerksamkeit auf meine … auf mich lenke, wenn ich mir das Haar so ins Gesicht fallen lasse.«
    Die Holztür öffnete sich mit einem schweren Quietschen.
    »Da hatte sie recht«, sagte Sephie.
    In der Tür standen schon die Wachen. Halb erwartete Gaia, Captain Grey zu sehen, doch sie kannte die Männer nicht. Sie zögerte.
    »Nein«, flüsterte Sephie eindringlich und kniff sie fest in den Arm. »Hallo, die Herren!«, sagte sie leutselig. »Meine Tasche, bitte. Und ich hoffe, ihr habt diesmal an das Fetoskop gedacht.«
    Sephie reichte Gaia ihre Tasche – ein schweres, schwarzes Stück mit großen Griffen – und erwartete offensichtlich, dass sie die Tasche für sie trug. Dann schritt sie rasch den Korridor hinab, ohne auf Gaia oder die Wachen zu warten. Wie durch Nebel stapfte Gaia die dunklen Gänge und Treppen entlang und zwang ihre schweren Glieder, mit Sephie Schritt zu halten. An der letzten Tür gab man ihnen zwei Strohhüte mit auffälligen schwarz-grauen Bändern und befahl ihnen, sie immer aufzulassen. Als sie schließlich unter dem Torbogen hindurch ins Sonnenlicht traten, verschlug es Gaia einen Moment den Atem. Ein Ansturm blitzend frischer Luft drang in ihre Lungen, und sie blinzelte überrascht. Sie fühlte sich, als wäre sie gerade dem Grab entstiegen, von den Toten zurückgekehrt.
    Es war Markt auf dem Platz, und wohin sie auch sah, sprühte die Umgebung vor Farben und Geräuschen. Der Markt war sicher zehn, nein, zwanzig Mal größer als die simplen Tauschgeschäfte, die außerhalb der Mauer auf dem Platz vor dem Tvaltar stattfanden. Tische und Markisen füllten den Platz um den Obelisken, und auf den Wegen dazwischen wimmelte es von Menschen aller Stände, die Ware befühlten und lachten und Geld tauschten. Ein Lieferjunge mit einem bis zum Rand mit Brot gefüllten Korb auf seinem Fahrrad schlängelte sich klingelnd durch die Menge, bis jemand ihn anhielt, um einen Laib zu kaufen. Das Stimmengewirr war fröhlich und voller Leben. Gaia erblickte kreischende Kinder, leuchtend gelbe und grüne Stoffe, und den Glanz kupferner Bratpfannen, ehe man sie und Sephie, eskortiert von vier bewaffneten Wachen, die Straße hinabtrieb. Da war mehr als nur ein neugieriger Blick in ihre Richtung, doch Sephie lief, als bemerke sie die Blicke und die Wachen gar nicht. Sie schien den Weg genau zu kennen, und als sie nach ein paar Minuten an einer blau gestrichenen Tür anlangten, war es Sephie, nicht eine der Wachen, die vornehm klopfte.
    »Persephone Frank?«, fragte der junge Mann, der die Tür öffnete.
    »Wer sonst?«, erwiderte Sephie trocken und nickte kurz in Richtung der Wachmannschaft.
    »Ein Glück«, sagte der Mann und schüttelte ihre Hand. »Tom Maulhardt. Ich hatte schon Angst, wir bekämen dich nicht. Meine Frau Dora kriegt ihr erstes Kind, und jeder sagt, dass du die beste …« Ein gedämpfter Schrei aus dem Obergeschoss schnitt ihm das Wort ab. Er wurde blass. »Hier entlang«, sagte er.
    Während Sephie die Stufen hocheilte, verweilte Gaia in der Eingangshalle und schwelgte in dem Gefühl, dem Gefängnis und der Kontrolle der Wachen entkommen zu sein. Das war es, was sie vermisst hatte: Freiheit.
    Sie nahm ihren Hut ab, und als sie sich neugierig umsah, erblickte sie ein Wohnzimmer, das sehr dem entsprach, was die Tvaltarsendungen gezeigt hatten. Sonnenlicht fiel durch riesige Fensterscheiben auf zwei gelbe Sofas, zwischen denen ein niedriger Kaffeetisch stand. Auf dem Tisch ein gläsernes Schachspiel, das auf den nächsten Zug wartete – und mit plötzlicher Wehmut dachte sie an ihren Vater, der so gern Schach gespielt hatte. Der polierte Holzboden war halb von einem weißen Teppich bedeckt, und zwischen zwei Bücherregalen war ein Fernseher an die Wand montiert. Gaia hatte noch nie so viele Bücher auf einmal gesehen und auch keine

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