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The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

Titel: The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O'Brien Caragh
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Wunder!«
    Sephie wickelte das Kind in eine weiche, weiße Decke und reichte es Dora. Die Erinnerung an das erste Kind, das sie alleine entbunden hatte, durchzuckte Gaia. Auch sie hatte der Mutter ihr Kind gereicht, aber sie hatte gewusst, dass sie es ihr binnen weniger Minuten wieder abnehmen musste. Dieses Kind würde in seinem Zuhause bleiben, mit fürsorglichen Eltern und allen Versprechen für eine glückliche Zukunft gesegnet. Warum empfand sie Schmerz und Trauer, wo sie sich doch freuen und stolz auf sich sein sollte?
    Sephie packte still ihre Sachen zusammen. Gaia suchte in der schwarzen Tasche nach einer Teekanne, einem Tintenfässchen und einer Nadel, doch ohne Erfolg.
    »Machst du ihr keine Sommersprossen?«, fragte Gaia.
    Sephie sah auf. »Was meinst du damit?« Sie sah nach dem Baby. »Ich habe keine gesehen. Vielleicht kriegt sie noch welche.«
    »Was ist mit dem Tee?«, fragte Gaia.
    Sephies Brauen hoben sich. »Was für Tee?«, fragte sie.
    Als die Stille sich hinzog, erkannte Gaia, dass Sephie keine Ahnung hatte, und auf einmal fühlte sie sich schuldig. Sie hatte ihrem Vater versprochen, nie jemandem von den kleinen Tupfen zu erzählen, doch nun war es ihr herausgerutscht. Schnell wandte sie sich ab, und auf einmal begriff sie: Die tätowierten Punkte waren nicht nur eine geheime Methode gewesen, ihre vorgebrachten Brüder zu ehren. Ihre Mutter hatte diese Kinder markiert. Mit vier sorgsam gesetzten Nadelstichen hatte sie jedes Kind, das sie entband, mit ihrem eigenen, beinahe unsichtbaren Zeichen versehen. Der Tee war nur eine Ablenkung, ein beruhigendes, wohltuendes Ritual zu Ehren von Mutter und Hebamme. Die schlaffördernde Prise Herzspannkraut im Tee hinterließ keine bleibenden Spuren. Die Tätowierung aber blieb für immer.
    »Wovon redest du?«, fragte Sephie jetzt dringlicher und trat neben sie ans Fenster.
    »Herzspannkraut.« Gaia versuchte, ganz natürlich dreinzulächeln, aber sie wusste, sie war eine bescheidene Lügnerin. »Wir geben etwas Herzspannkraut in einen Tee und reiben das Baby damit ein, damit es keine Sommersprossen kriegt. Macht ihr das etwa nicht?«
    Sephie warf ihr einen letzten kritischen Blick zu und widmete sich dann wieder ihrer Tasche. »Ich weiß nicht, was man dir über Herzspannkraut erzählt hat, aber es hat nicht die geringste Wirkung auf Sommersprossen.« Sie griff nach Gaias Arm, und die kühle Stärke ihrer Hand überraschte Gaia. »Nichts für ungut, aber die Leute vor der Mauer sind abergläubische Barbaren.«
    Gaia versteifte sich, doch Sephie ließ sie schon wieder los.
    »Wir brechen jetzt auf«, sagte Sephie zu Tom und Dora.
    Die Eheleute dankten ihnen überschwänglich, doch Sephie winkte nur müde ab und griff nach ihrem Hut. »Möget ihr noch viele Kinder haben, um der Enklave zu dienen«, sagte sie.
    »Lass mich dir etwas geben«, sagte Tom bestimmt und folgte ihnen nach unten.
    »Nein. Sie würden es sowieso nur konfiszieren«, sagte Sephie. Sie setzte ihren Hut auf und bedeutete Gaia, dasselbe zu tun.
    »Bitte, Persephone. Es muss doch etwas geben, das ich tun kann. Dora und ich, wir sind so dankbar. Ich bin sicher nicht jemand, der die Enklave infrage stellt, aber …«
    An der Tür drehte sich Gaia noch einmal um und sah, wie Sephie die Hand auf Toms Arm legte. »Nicht«, sagte sie ernst. »Es war mir ein besonderes Vergnügen, hierherzukommen. Ich fühle mich geehrt, in diesem Augenblick Teil eures Lebens zu sein. Sei dankbar für dein Kind und deine wunderbare Frau. Du schuldest uns gar nichts.«
    Plötzlich richtete sich Toms Blick auf Gaia, und es schien, als nähme er sie zum ersten Mal wirklich wahr, trotz allem, was sie gerade gemeinsam durchgemacht hatten. Als seine Augen ihre Narbe fanden, konnte sie sowohl seine Neugierde als auch sein Mitgefühl spüren.
    Er räusperte sich und sah betreten drein, dann stahl sich ein Lächeln auf seine Lippen. »Lass mich wenigstens deiner Assistentin etwas geben«, sagte Tom. »Wie war noch gleich dein Name?«
    Als Gaia ihm keine Antwort gab, warf Sephie ihr einen strengen Blick zu. »Sie heißt Gaia Stone«, sagte sie dann. Er nickte, als ob in seinem Verstand gerade einige Puzzlestücke an den rechten Platz fielen. »Das Mädchen von vor ein paar Wochen? Mit dem Baby der Verurteilten?«
    »Ja«, sagte Sephie.
    Tom bückte sich kurz, um in einem kleinen Tisch neben sich in eine Schublade zu greifen. »Es ist nicht viel«, sagte er, »aber ich bitte dich, nimm es.« Was er in der Hand hielt, war

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