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The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

Titel: The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O'Brien Caragh
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hat?«, fragte sie ihre Mutter beiläufig, schmierte sich ein wenig Honig auf einen ihrer Bratlinge und genoss die pfeffrige Süße auf ihrer Zunge.
    »Jemand, der Hunger hatte«, meinte ihre Mutter.
    Ihr Vater hatte praktisch das Gleiche gesagt.
    Gaias Mutter machte einen sorglosen, ausgeruhten Eindruck, und Gaia begriff, dass ihr Vater den Spaziergang mit ihr unternommen hatte, um ihrer Mutter ein wenig Zeit für sich selbst zu lassen. Normalerweise hätte ihr diese Vorstellung wehgetan, jetzt aber war es okay. Ihr Erstaunen darüber ließ sie seltsam ruhig werden, es war, als ob die ganze runde Welt einen Moment lang stillstünde. Wie fürsorglich meine Eltern sind , dachte sie. Wie viel Rücksicht sie aufeinander nehmen .
    Ihre Mutter warf ihr einen Blick zu und lächelte. »Keinen Hunger?«
    »Doch, schon«, sagte sie.
    Die Augen ihrer Mutter forschten weiter. »Dein Vater hat dir von den Mercado-Zwillingen erzählt, oder?«
    Überrascht blickte sie zu ihrem Vater. Er nickte.
    »Du hast das Richtige getan«, sagte Gaia.
    Ihre Mutter hob die Tasse mit beiden Händen an die Lippen und nahm einen Schluck von ihrem Kaffee. »Weißt du«, sagte ihre Mutter, »du musst nicht Hebamme werden, wenn du groß bist. Mir würde das nichts ausmachen.«
    Aber Gaia sah an ihr vorbei, dahin, wo der schwere Wasserkrug von seinem Sparren hing. Die letzten Tropfen Tau waren verdunstet und hatten die cremefarbene Oberfläche kühl und glatt zurückgelassen. Eine ruhige Gewissheit breitete sich in Gaia aus, wunderschön und blau und friedlich, wie ihr eigener, unsichtbarer See.
    »Nein«, sagte sie. »Das ist genau, was ich werden will. So wie du.«
    Damit begann ihre Ausbildung.

11
    Der vergoldete Spiegel
    Die Tage vergingen in einem albtraumhaften Nebel. Die trostlose Wirklichkeit von Zelle Q stand so völlig, so absolut im Gegensatz zu ihrem Leben außerhalb der Mauer, dass sie Gaias vorige Existenz vollständig auszulöschen schien. Ihr Haar wurde geschnitten. Sie bekam ein Bett, einen Teller, eine Tasse und einen Löffel und wurde ermahnt, ihre Sachen sauber zu halten. Dreimal am Tag gab es einen Mycoproteineintopf ohne jeden Geschmack, aber Gaia hatte keinen Hunger und gab ihr Essen teilnahmslos den anderen Frauen, die froh über die zusätzliche Portion waren. Müde, voll Trauer und ohne jede Hoffnung, nahm Gaia das Zellenleben um sich herum kaum wahr, selbst als Sephie sie drängte, mit ihnen auf den Hof zu gehen, was man ihnen einmal jeden Morgen und ein weiteres Mal nach dem Abendessen gestattete. Ständig rechnete sie damit, Nachricht von der Hinrichtung ihrer Mutter zu erhalten, aber es fanden keine Neuigkeiten den Weg zu ihr.
    Tagsüber rief man oft nach den Ärztinnen, und manchmal kamen sie angeregt und voller Tatendrang vom praktischen Einsatz zurück, häufiger jedoch still und trübsinnig. Insbesondere nach Myrna rief man, und sie war ausnahmslos grimmig und wortkarg, wenn sie zurückkam.
    »Komm, Gaia«, sagte Sephie eines Morgens, »du musst mir assistieren.«
    Gaia saß auf der Bank und starrte mit vernebeltem Blick auf eine kleine, vergessene Näharbeit, dann sah sie hoch in Sephies freundliches Gesicht.
    »Ganz recht«, lächelte diese und gab ihr einen Wink, »man sagte mir, ich solle eine Assistentin mitbringen, und es wird Zeit, deine Ausbildung fortzusetzen.«
    Gaia stand langsam auf. »Man lässt mich gehen?«
    Sephie lachte hell. »Anscheinend. Unter scharfer Bewachung. Es sieht so aus, als würde die Enklave nicht so recht schlau aus dir. Normalerweise hätten sie dich längst getötet, bei dem, was du angestellt hast, doch es scheint einen Grund zu geben, dich am Leben zu lassen. Was könnte das wohl sein? Vielleicht verschonen sie dich, um Druck auf deine Mutter auszuüben, oder sie verschonen deine Mutter, um dich unter Druck zu setzen. Ich frage mich, was euch beide so wertvoll macht. Freunde in wichtigen Positionen wirst du nicht haben, nehme ich an.«
    Bei ihren Worten kam ein wenig Leben in Gaia. Sie fragte sich, ob Captain Grey sich für sie stark gemacht hatte. Sie zuckte die Achseln. Und wenn es so wäre. Ihr Vater war tot, und ihre Mutter wartete auf die Hinrichtung. Da spielte es keine große Rolle mehr, was aus ihr wurde.
    »Schluss damit«, sagte Sephie streng. »Hoch mit dir. Wir werden ein Kind zur Welt bringen. Das sollte dir gefallen.«
    Gaia sah sich nach ihrer Tasche um, dann fiel ihr wieder ein, dass man sie ihr abgenommen hatte, ebenso wie die Uhr. Langsam, wie unter Wasser, stand

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