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The Dead Forest Bd. 2 Das Land der verlorenen Träume

The Dead Forest Bd. 2 Das Land der verlorenen Träume

Titel: The Dead Forest Bd. 2 Das Land der verlorenen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O'Brien Caragh
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auch alles bei sich trug. Dann griff sie nach ihrer Uhr und zog sie auf. In der Stille kam ihr das Ticken sehr laut vor. Beim Gedanken an das, was ihr bevorstand, wurde sie nervös, und unwillkürlich zog sie sich die Kette wieder über den Kopf. Dann nahm sie ihren Umhang und trat nach draußen.
    Vor der Tür wartete eine Kutsche, ein schwarzer, scharfer Umriss in dem kühlen, grauen Licht. Der Bauch der Matrarch war mittlerweile so groß, dass ihr Umhang ihn nicht länger verbarg, und sie deshalb eine dunkle Decke über sich ausgebreitet hatte. Ihr Mann sprang vom Kutschbock, kaum dass Gaia auf die Treppe hinaustrat.
    »Guten Morgen, junge Dame.« Dominik half ihr hinauf. »Kannst du das?«
    »Kommst du denn nicht mit?«, fragte Gaia.
    »Ich bleibe bei den Kindern. Es ist Jerrys Geburtstag, die Verhandlung dauert also hoffentlich nicht lange. Hier, nimm«, sagte er und richtete ihr die Zügel. »Das Pferd kennt den Weg. Kommt bald zurück, Olivia!«
    »Das werde ich«, sagte die Matrarch.
    Gaia ergriff die kleine Armlehne und setzte sich auf dem Kutschbock zurecht, dann nahm sie mit beiden Händen die kühlen Lederzügel auf. Zweifelnd sah sie nach vorn, über die Ohren des Pferds.
    »Hü!«, machte Dominik und gab dem Pferd einen Klaps, damit es sich in Bewegung setzte.
    Gaia schaukelte zurück, dann wieder vor.
    »Lass die Zügel etwas länger«, sagte die Matrarch. »Sogar ich merke, dass du sie zu kurz hältst.«
    Gaia gehorchte, und das Pferd trottete los in den Morgennebel. Unter ihnen, verborgen in weichen Nebelschwaden, die ins Tal hineinzogen, lag der Sumpf. In der Ferne zeichnete sich darin Bachsdatters Insel wie die Ruine einer Burg ab. Gaia bekam eine Gänsehaut. Jetzt, da sie die Wahrheit über das Miasma kannte, war es, als überzöge eine heimtückische Seuche das Dorf.
    »Wie geht es Peter?«, erkundigte sie sich.
    »Ihm geht es gut – wie es dir geht, ist die Frage.«
    »Mir geht es natürlich auch gut«, sagte Gaia. »Diese ganze Angelegenheit ist vollkommen überflüssig. Könnt Ihr ihn denn nicht einfach freilassen?«
    Sie ratterten durch ein Schlagloch, und die Straße begann sich zu senken. Die Matrarch hielt sich mit einer Hand fest.
    »Du musst schon darauf vertrauen, dass die Schwesternschaft ein gerechtes Urteil fällt«, sagte sie. »Es liegt zum Glück nicht in meiner Macht, ihn einfach ohne Verhandlung gehen zu lassen. Eine solche Verantwortung möchte ich gar nicht tragen.«
    »Aber die anderen werden doch auf Euch hören, oder?«
    »Da hast du etwas falsch verstanden: Ich höre auf sie. Die Entscheidung ist ihre.«
    Gaia lenkte das Pferd um eine Kurve, und die Straße wurde wieder ebener.
    »Fräulein Josephine hat erzählt, die Schwesternschaft hätte meine Großmutter abgewählt, weil sie verrückt war. Sie sagte, sie sei nachts im Sumpf herumgewatet und habe versucht, die Unfruchtbaren aus Sylum zu vertreiben. Stimmt irgendetwas davon?«
    Die Matrarch lachte. »Deine Großmutter mochte vielleicht die Lumineszenz im Sumpf, aber sie war alles andere als verrückt. Und sie ist freiwillig zurückgetreten. Konntest du ihre letzte Botschaft übersetzen?«
    »Ihr wusstet davon?«
    Die Matrarch nickte. »Dominik hat mich daran erinnert. Ich habe mich immer gefragt, ob es ein Abschiedsbrief war.«
    »Es war ein verbitterter, wütender Brief, in dem stand, dass sie ihre Arbeit an Narren verschwendet hat. Sie wollte, dass meine Eltern zurück zur Enklave gehen.«
    »Das passt zu ihr«, meinte die Matrarch. »Und der Mädchenmangel, den sie vorhergesagt hat, ist noch schneller eingetreten, als sie dachte.«
    »Wäre es dann nicht an der Zeit, etwas dagegen zu unternehmen?«
    »Zum Beispiel? Ich weiß ja, was Chardo Will herausgefunden hat, doch dagegen gibt es kein Heilmittel. Deine Großmutter drängte die Unfruchtbaren, Sylum wenn möglich den Rücken zu kehren, und viele sind bei dem Versuch gestorben. Nein – Hoffnung ist wie ein Fluch, junge Gaia, genauso tödlich wie Verzweiflung.«
    »Sylum ist ohne Hoffnung also besser dran? Ihr versucht, den Leuten ihre Neugierde zu nehmen?«
    »Das ist gar nicht nötig«, sagte die Matrarch. »Es fällt den Menschen sehr viel leichter, einfach dankbar zu sein. Denk mal darüber nach, meine Liebe: In vielerlei Hinsicht leben wir hier im Paradies. Wir führen ein einfaches, schönes Leben im Überfluss. Solange die Leute das akzeptieren und sich auf sich und ihre Familie konzentrieren, sind sie glücklich.«
    Sie kamen an der Farm der Chardos vorbei.

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