The Elder Races 05 - Das Versprechen des Blutes
dagewesen, als sie zuletzt nachgesehen hatte. Kalter Schweiß brach auf ihrem Gesicht aus. Sie wagte nicht, den Blick von Gaeleval abzuwenden, um nachzuschauen.
»Nein, das kann ich leider nicht«, sagte der Mann. »Die Verteidigungszauber des Lagers sind zwar nicht perfekt, haben jedoch eine gewisse Wirkung. Aber ich kann dich bitten, zu mir herauszukommen, Pia. So nennst du dich doch, nicht wahr? Pia Giovanni?«
Furcht durchströmte ihren Körper. Fest umklammerte sie das Ende der Zeltplane. »Mit diesem Namen hast du keine Macht über mich.«
»Nein. Wie alle Wyr hast du noch einen anderen Namen, nicht wahr? Einen wahren Namen. Möchtest du mir nicht sagen, wie er lautet?«
Sie wollte es so sehr. Schließlich war er ihr engster und liebster Freund. Wenn sie nicht zuerst Dragos kennengelernt hätte, wäre er vielleicht sogar ihr Gefährte geworden. Vielleicht konnte er immer noch ihr Gefährte werden. Schließlich waren Dragos und sie erst seit sieben Monaten zusammen.
NEIN
.
Alles in ihr wehrte sich heftig gegen diese Vorstellung. Gewaltsam riss sie den Blick von Gaeleval los und blickte in die hoch auflodernden Flammen, deren schwarzes Leuchten sich auf ihren Netzhäuten einbrannte.
Kühl sagte sie: »Das war ein Fehler.«
»Tut mir leid, dass du das so siehst«, sagte Gaeleval. »Das hätte mein Ernst sein können, weißt du? Du bist anders als alle anderen, denen ich je begegnet bin. Vielleicht bist du einzigartig. Ich könnte mir sogar vorstellen, alle anderen gehen zu lassen, wenn ich nur dich haben könnte.«
Sobald sie den Blick auf etwas anderes richtete als auf ihn, fühlte sie sich besser und erkannte, dass seine Augen das Zentrum seiner Beeinflussungskraft waren. Jetzt musste sie es nur noch schaffen, aus diesem Traum zu entkommen. In ihrem Traum mit Dragos war sie so aufgebracht gewesen, dass ihr das Aufwachen leichtgefallen war.
»Weißt du, was ich traurig finde?«, hörte sie sich sagen.
»Nein, das weiß ich nicht. Aber du sollst mir alles erzählen, was du denkst und fühlst.«
Sie dachte an den großen Mann, den sie für einen kurzen Moment hinter Beluviel in der Suite gesehen hatte, an seine gut aussehenden Züge, das herbstliche Funkeln seiner kastanienbraunen Haare und daran, wie die anderen Elfen ihn angesehen hatten. Dann dachte sie an die Wächter, sogar an Aryal mit ihrer ganz eigenen, aggressiven Art, die Pia zur Weißglut trieb, und an die unerschöpfliche Kraft, die von ihnen ausging.
»Ich glaube, du musst einmal ein guter Mann gewesen sein«, sagte sie. »Ein starker Mann. Du warst ein Hüter in deinem Volk, man hat dir eine vertrauens- und machtvolle Position eingeräumt. Du musst sehr begabt sein, sonst hättest du nicht all das tun können, was du getan hast.«
Als sich Gaeleval vorbeugte, fiel das schwache Licht des Lagerfeuers auf sein schönes Gesicht. Er starrte sie an und flüsterte: »Ich habe immer meine Pflicht erfüllt.«
Waren da Tränen in seinen Augen? Sie wagte nicht, zu genau hinzusehen. Dafür war er zu gefährlich.
»Calondir sagt, du gehörst du den Ältesten und bist sehr begabt«, sagte sie sanft. »Was mich wirklich traurig macht, ist, dass aus dir ein Monster geworden ist, obwohl ich nicht glaube, dass du böse bist. Numenlaur hat sich nicht an den Pakt gehalten, seine Gottmaschine in die Welt zu entsenden; die Verantwortung für diesen Vertrauensbruch trägt euer Lord, nicht du.«
»Camthalion war davon überzeugt, dass wir stark bleiben und an unserem ursprünglichen Kurs festhalten müssten«, sagte Gaeleval. »Die anderen Elfen haben sich geirrt und sich von ihren geringeren Göttern und minderwertigen Trieben auf Abwege führen lassen. Allein Taliesin war des großen Ziels würdig, und die Botschaft des Gottes zeigte sich deutlich in der Form von Camthalions Krone. Also brachte er die anderen dazu, zu gehen, und ließ die Übergangspassage versperren, damit sie nie wieder zurückkehren konnten.«
»Die Gottmaschine war eine Krone?«, fragte Pia. Wenn Camthalion eine Krone getragen hatte, wie war Gaeleval dann in ihren Besitz gelangt? Hatte er sie erobert, oder war Camthalion gestorben? War Gaeleval sein Erbe? »Du trägst keine Krone.«
Sein Gesicht nahm bittersüße Züge an. »Ich wollte nie herrschen«, sagte er schlicht. »Ich wollte immer nur dienen.«
Ihr Blick fiel auf seine Hände, in denen er etwas hielt. Als er es bemerkte, öffnete er die Handflächen. Darin lag die Gottmaschine, eine schwarze Lotusblüte aus lodernden Flammen
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