The Elder Races 05 - Das Versprechen des Blutes
alt genug sein konnte, um sich an den Elfenkrieg in der fernen Vergangenheit zu erinnern. Sie fragte sich, was er von dem Besuch aus Numenlaur hielt, konnte sich jedoch nicht überwinden, die Frage auszusprechen.
Stattdessen sagte sie telepathisch:
Es wäre mir sehr wichtig, dass wir vor den anderen nicht über meine Mutter sprechen. Ich weiß nicht, ob Sie davon gehört haben, aber ich habe meine Wyr-Gestalt nicht öffentlich bekannt gemacht.
Er warf ihr einen kurzen Blick zu und verneigte sich.
Mylady, es ist mir eine Ehre, dieses Thema vertraulich zu behandeln.
Danke.
Laut sagte er: »Ich werde dafür sorgen, dass Ihr Abendessen in Kürze gebracht wird. Benötigen Sie sonst noch etwas?«
»Nein, danke. Alles ist wunderbar.«
Wieder verneigte er sich mit diesem Hauch von Alte-Welt-Charme, bevor er sich entschuldigte und ging. Linwe folgte ihm, und zum ersten Mal an diesem Tag waren die Wyr allein.
Eva wies die anderen an, die Suite zu sichern, und stellte sich dann zu Pia ans Fenster. »Der Mann hatte recht. Ich habe schon bessere Empfänge gesehen.«
Pia zog eine Grimasse. »Telepathisch hat Beluviel mir gesagt, dass die Gesandten heute Nachmittag eingetroffen sind. Offenbar sind sie einige Tage früher gekommen als erwartet.«
Eva schürzte die Lippen. »Tja, das macht die Lage komplizierter.«
»Das tut es allerdings«, sagte Pia grimmig.
Zwar hatten Calondir und Beluviel sie schon vorher eingeladen, aber wann sie zuletzt Elfen aus Numenlaur getroffen hatten, wussten allein die Götter. Dem gegenüber standen nur sieben Monate Grenzstreitigkeiten mit dem Wyr-Reich. Für jemanden von ihrem enormen Alter mussten sieben Monate einem flüchtigen Augenblick gleichen.
Aber das Handelsembargo musste für das Elfenreich ebenso schmerzlich sein wie für die Wyr. Die Elfen hatten durchgehalten und ihren Standpunkt deutlich gemacht. Wäre die Aufhebung für sie nicht eine ebenso große Erleichterung wie für die Wyr?
Ihre Gedanken schienen von einem Punkt zum nächsten zu rasen. Ihr war, als würde sie sich immer nur von einem Fallstrick zum nächsten bewegen. Sie konnte es nicht erwarten, Dragos heute Nacht zu sehen, um die Dinge zwischen ihnen geradezubiegen. Dann würde sie das Blatt morgen vielleicht wenden können und diese verdammte Reise doch noch mit einem guten Ergebnis abschließen.
Ohne Umschweife hatten die anderen die Suite gründlich durchsucht. Das erste freigegebene Schlafzimmer beanspruchte Pia für sich und zog die Tür hinter sich zu. Sie streifte die schmutzige Kleidung ab und wankte ins Badezimmer, um ein langes, heißes Bad zu nehmen.
Ihre Wyr-Selbstheilungskräfte in Verbindung mit wohltuenden Seifen und dem Wasser linderten die Schmerzen des Tages, doch anschließend fühlte sie sich erschöpft. Als sie aus der Wanne stieg, klopfte Eva an die Tür und brachte ihr ein Tablett, gefüllt mit unbekannten, köstlichen Speisen. Pia stopfte sich voll, stellte das Tablett anschließend vor ihre Schlafzimmertür und stieg dann in das weiche, bequeme Bett. Noch bevor ihr Kopf das Kissen berührte, war sie weg.
Obwohl sie so schnell eingeschlafen war, warf sie sich unruhig hin und her. Einige Male wachte sie halb auf, verzweifelt auf der Suche. Sie fand die richtige Verbindung nicht. Jedes Mal, wenn ihr Geist nach Dragos suchte, sah sie nur einen Mann mit grünen Augen. Er streckte die Hand nach ihr aus und winkte sie zu sich heran, aber der Ort, an dem er stand, war zu dunkel. Sobald sie ihn sah, schauderte sie und wandte sich ab.
Dann wachte sie schlagartig auf.
Orientierungslos stieg sie aus dem Bett und trat ans Fenster. Der Himmel wurde heller. Es war früher Morgen, und sie hatte nicht von Dragos geträumt.
Sie hatte nicht geträumt.
Wie ein Migräneanfall begann Panik in ihren Schläfen zu pochen. Sie ging zur Tür und riss sie auf. James und Andrea unterhielten sich leise, während sie im Gemeinschaftszimmer Wache hielten. Als sie Pia erblickten, standen beide auf.
James legte die Hand an sein Schwert. »Alles in Ordnung?«
»Nein«, sagte sie. »Hol Eva.«
»Ich bin hier«, sagte Eva aus der Tür zu einem der anderen Zimmer. Sie war barfuß, sonst aber komplett angezogen; sie trug eine schwarze Cargohose und ein armeegrünes T-Shirt, das locker an ihrem schlanken Oberkörper saß. Schnell durchquerte sie das Zimmer, ein scharfer Ausdruck lag in ihren schwarzen Augen. »Was ist los, Prinzessin?«
Leise sagte Pia: »Dragos hat einen Zauber benutzt, damit wir uns im Traum begegnen
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