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The Green Mile

The Green Mile

Titel: The Green Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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aber die Idee hatte eine gewisse düstere Eleganz.
    »Paul?«, fragte Janice bestürzt »Was ist los?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich. »Ich weiß es nicht mit Sicherheit, aber ich werde es herausfinden, wenn ich kann.«

4
    Die Nachwehen der Schießerei waren wie ein Zirkus mit drei Manegen; in einer Manege der Gouverneur, in einer das Gefängnis und in der dritten der arme matschhirnige Percy Wetmore. Und der Zirkusdirektor? Nun, die verschiedenen Gentlemen der Presse lösten sich bei diesem Job ab. Sie waren nicht so schlimm, wie sie das jetzt sind – sie erlaubten sich nicht, so schlimm zu sein, aber selbst damals, vor Geraldo und Mike Wallace und dem ganzen Rest, konnten sie ziemlich wild losgaloppieren, wenn sie die Trense erst mal im Maul hatten. Das war diesmal der Fall, und solange die Show lief, war sie auch ziemlich gut.
    Aber selbst der aufregendste Zirkus mit den gruseligsten Freaks, den lustigsten Clowns und den wildesten Tieren muss schließlich irgendwann die Stadt verlassen. Dieser war nach dem Untersuchungsausschuss beendet, der nach etwas Besonderem und Beängstigendem klingt, sich aber als ziemlich zahm und oberflächlich erwies. Unter anderen Umständen hätte der Gouverneur zweifellos den Kopf von jemandem auf dem Silbertablett haben wollen, aber diesmal nicht. Sein angeheirateter Neffe – der Blutsverwandte seiner Frau – war irre geworden und hatte einen Mann umgelegt. Hatte einen Killer gekillt – wenigstens dafür sei Gott Dank -, aber trotzdem hatte Percy einen Mann getötet, der schlafend in seiner Zelle gelegen hatte, und das war einfach keine Art. Wenn man bedachte, dass Percy Wetmore total übergeschnappt blieb, konnte man verstehen, warum der Gouverneur die ganze Sache abgewickelt sehen wollte, und zwar so schnell wie möglich.
    Unser Ausfug in Harry Terwilligers Truck zu Direktor Moores’ Haus kam nie heraus. Dass wir Percy in die Zwangsjacke gesteckt und während unserer Abwesenheit in die Gummizelle eingesperrt hatten, wurde nie aufgedeckt. Die Tatsache, dass William Wharton bis zu den Kiemen voller Betäubungsmittel war, als er von Percy erschossen wurde, kam ebenfalls nie heraus. Warum auch? Die Behörden hatten keinen Grund zu der Annahme, dass in Whartons Körper irgendetwas außer einem halben Dutzend Kugeln war. Der Leichenbeschauer entfernte das Blei, der Leichenbestatter legte ihn in eine Kiefernkiste, und das war das Ende des Mannes mit der Tätowierung Billy the Kid auf dem linken Unterarm. Sozusagen gute Entsorgung von üblem Unrat.
    Alles in allem währte die Aufregung ungefähr zwei Wochen. Während dieser Zeit wagte ich nicht, seitwärts zu furzen, geschweige denn, mir einen Tag freizunehmen, um Ermittlungen über die Idee anzustellen, die mir am Morgen nach Percys Ausrasten zu Hause am Küchentisch gekommen war. Ich wusste mit Sicherheit, dass der Zirkus die Stadt verlassen hatte, als ich an einem Tag mitten im November zur Arbeit kam – es war der zwölfte, glaube ich, aber nageln Sie mich nicht fest. Das war der Tag, an dem ich das Papier, vor dem ich mich so gefürchtet hatte, auf meinem Schreibtisch fand – den Hinrichtungsbefehl für John Coffey. Curtis Anderson hatte ihn anstelle von Hal Moores unterzeichnet, aber er war natürlich ebenso rechtsgültig und hatte durch Hals Hände gehen müssen, um zu mir zu gelangen. Ich konnte mir vorstellen, wie Hal an seinem Schreibtisch in der Verwaltung saß, den Hinrichtungsbefehl in der Hand hielt und an seine Frau dachte, die für die Ärzte im Indianola General Hospital so etwas wie ein Neun-Tage-Wunder geworden war. Diese Ärzte hatten ihr sozusagen ihren eigenen Hinrichtungsbefehl ausgehändigt, aber John Coffey hatte ihn zerrissen. Jetzt aber war Coffey an der Reihe, über die Green Mile zu gehen, und wer von uns konnte es verhindern? Wer von uns würde es verhindern?
    Das Datum auf dem Hinrichtungsbefehl war der 20. November. Drei Tage nach dem Erhalt – am fünfzehnten, nehme ich an – ließ ich mich von Janice telefonisch krankmelden. Eine Tasse Kaffee später fuhr ich mit meinem schlecht anspringenden, sonst aber zuverlässigen Ford nach Norden. Janice hatte mich mit einem Kuss auf den Weg geschickt und mir viel Glück gewünscht; ich hatte mich bedankt, aber wusste nicht mehr, wann ich von Glück reden konnte – falls ich fand, was ich suchte, oder falls ich es nicht fand. Ich wusste nur mit Sicherheit, dass mir während der Fahrt nicht nach Singen zumute war. Nicht an diesem Tag.
    Gegen drei Uhr

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