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The Green Mile

The Green Mile

Titel: The Green Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sie: »Weiß Hal, dass es ein Wunder ist, Paul? Versteht er das?«
    »Ja. Wir alle, die dabei waren, verstehen das.«
    »Ein Teil von mir wünscht, ich wäre ebenfalls dabei gewesen«, sagte sie, »aber ich glaube, in Wahrheit bin ich froh, dass ich nicht dabei war. Wenn ich gesehen hätte, wie es Saulus auf der Straße nach Damaskus wie Schuppen von den Augen fiel, wäre ich vermutlich an einem Herzanfall gestorben.«
    »Nö«, sagte ich und neigte meinen Suppenteller, um auch noch den letzten Rest darin zu ergattern, »du hättest ihm vermutlich eine Suppe gekocht. Die ist ziemlich prima, Schatz.«
    »Gut.« Aber sie dachte nicht wirklich an Suppe oder ans Kochen oder an Saulus’ Bekehrung auf der Straße nach Damaskus. Sie schaute aus dem Fenster zu den Hügeln, stützte das Kinn in die Hand, und ihr Blick war verhangen wie unsere Hügel an einem Sommermorgen, wenn es heiß wird. Wie an jenem Sommermorgen, an dem die Detterick-Mädchen gefunden wurden, dachte ich. Ich fragte mich, warum sie nicht geschrien hatten. Ihr Mörder hatte ihnen wehgetan; es war Blut auf der Veranda und auf der Treppe gewesen. Warum hatten sie nicht geschrien?
    »Du denkst, in Wahrheit hat John Coffey diesen Wharton umgebracht, nicht wahr?«, fragte Janice und wandte endlich den Blick vom Fenster. »Dass es kein Unfall oder so was war; du glaubst, er benutzte Percy Wetmore als Waffe gegen Wharton?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Erzähl mir noch einmal, was geschah, als du Coffey von der Meile fortgebracht hast, ja? Nur diesen Teil, als ihr zu den Moores gefahren seid.«
    Und das tat ich. Ich erzählte ihr, dass mich der dünne Arm, der zwischen den Gitterstäben hervorgeschossen war und John am Bizeps gepackt hatte, an eine Schlange erinnert hatte – an eine der Mokassinschlangen, vor denen wir alle Angst gehabt hatten, als wir als Kinder im Fluss geschwommen waren -, und dass Coffey Wharton als bösen Mann bezeichnet hatte. Das hatte er fast geflüstert.
    »Und Wharton sagte …?«
    Meine Frau blickte wieder aus dem Fenster, aber sie hörte zu.
    »Wharton sagte: ›Stimmt, Nigger, ich bin so böse, wie du dir nur denken kannst‹.«
    »Und das war alles?«
    »Ja. Ich hatte in diesem Augenblick das Gefühl, dass etwas passieren würde, aber nichts geschah. Brutal zog Whartons Hand von John fort und befahl ihm, sich auf die Pritsche zu legen, und Wharton tat es. Er sagte, dass Nigger ihren eigenen elektrischen Stuhl haben sollten, und das war alles. Wir machten mit der Sache weiter.«
    »John Coffey nannte ihn einen bösen Mann.«
    »Ja. Das Gleiche sagte er auch einmal über Percy. Ich kann mich nicht genau erinnern, wann, aber ich weiß, dass er das sagte.«
    »Aber Wharton hat John Coffey nie persönlich etwas getan, oder? Er hat ihn nie angegriffen wie Percy, meine ich.«
    »Stimmt. Ihre Zellen lagen weit auseinander – Whartons Zelle auf Höhe des Wachpults, Johns Zelle ein Stück weiter auf der anderen Seite -, und sie konnten sich kaum sehen.«
    »Erzähl mir noch einmal, wie Coffey aussah, als Wharton ihn schnappte.«
    »Janice, das führt uns zu nichts.«
    »Vielleicht nicht, vielleicht doch. Erzähl mir, wie er aussah.«
    Ich seufzte. »Man könnte sagen: schockiert. Er schnappte nach Luft. Wie du es tun würdest, wenn du dich am Strand sonnst, und ich schleiche mich heran und tröpfle dir kaltes Wasser auf den Rücken. Oder als ob er geschlagen worden wäre.«
    »Ja, sicher«, sagte Janice. »Wie aus dem Nichts gepackt zu werden, hat ihn erschreckt, ihn kurz aufgeweckt.«
    »Ja«, sagte ich. Und dann: »Nein.«
    »Was denn nun? Ja oder nein?«
    »Nein. Es war kein Erschrecken. Es war wie zu dem Zeitpunkt, als er wollte, dass ich in seine Zelle komme, damit er meinen Harnwegsinfekt heilen konnte. Oder als ich ihm die Maus geben sollte. Es war Überraschung, aber nicht, weil er berührt wurde … nicht genau jedenfalls … oh, Jan, ich weiß es nicht.«
    »In Ordnung, belassen wir es dabei«, sagte sie. »Ich kann mir einfach nicht vorstellen, warum er es tat, das ist alles. Er ist offenbar von Natur aus nicht gewalttätig. Was zu einer anderen Frage führt, Paul: Wie kannst du ihn hinrichten, wenn du mit diesen Mädchen recht hast? Wie kannst du ihn auf den elektrischen Stuhl setzen, wenn ein anderer …«
    Ich ruckte auf meinem Stuhl hoch. Mein Ellenbogen stieß gegen den Suppenteller und warf ihn zu Boden, wo er zerbrach. Mir war eine Idee gekommen. Es war zu diesem Zeitpunkt mehr Intuition als Logik,

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