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The Green Mile

The Green Mile

Titel: The Green Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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in Indianola einliefern«, sagte Moores. »Ein paar Untersuchungen machen. Den Kopf röntgen lassen, meint er. Wer weiß, was sonst. Sie fürchtet sich zu Tode.« Er schwieg kurz und fügte dann hinzu: »Ehrlich gesagt ich auch.«
    »Ja, aber du solltest dafür sorgen, dass sie sich untersuchen lässt«, sagte ich. »Warte nicht. Wenn sich herausstellt, dass es etwas ist, was sie beim Röntgen sehen können, können sie es vielleicht beheben.«
    »Ja«, stimmte er zu, und dann trafen sich kurz unsere Blicke – das einzige Mal während dieses Teils unseres Gesprächs, wie ich mich erinnere. Es war die Art von absolutem, realistischem Verständnis zwischen uns, das keine Worte brauchte. Es konnte ein Schlag sein, ja. Es konnte auch Krebs sein, und wenn das der Fall war, waren die Chancen, dass die Ärzte in Indianola etwas tun konnten, gering bis null. Das war 1932, bedenken Sie das bitte, und selbst so etwas relativ Einfaches wie ein Harnwegsinfekt bedeutete entweder die Einnahme von Sulfonamid und Übelkeit oder leiden und warten.
    »Ich danke dir für die Anteilnahme, Paul. Sprechen wir jetzt mal über Percy Wetmore.«
    Ich stöhnte und schloss die Augen.
    »Ich wurde heute Morgen aus der Staatshauptstadt angerufen«, sagte der Direktor mit ruhiger Stimme. »Es war ein ziemlich ärgerlicher Anruf, wie du dir sicher vorstellen kannst. Paul, der Gouverneur, ist so sehr verheiratet, dass er fast nicht da ist, wenn du verstehst, was ich meine. Und seine Frau hat einen Bruder, der ein Kind hat. Dieses Kind ist Percy Wetmore. Percy rief gestern Abend seinen Daddy an, und Percys Daddy rief Percys Tante an. Muss ich dir den Rest erzählen?«
    »Nein«, sagte ich. »Percy hat gepetzt. Wie der Streber in der Schule dem Lehrer erzählt, dass Jack und Jill auf der Toilette geknutscht haben.«
    »Ja«, stimmte Moores zu, »so ungefähr.«
    »Weißt du, was mit Percy und Delacroix passierte, als Delacroix eingeliefert wurde?«, fragte ich. »Mit Percy und seinem verdammten Hickory-Schlagstock?«
    »Ja, aber …«
    »Und weißt du, wie er ihn manchmal über die Gitterstäbe gleiten lässt, nur um Streit zu machen? Er ist gemein und dumm, und ich weiß nicht, wie lange ich ihn noch ertragen kann. Das ist die Wahrheit.«
    Wir kannten uns seit fünf Jahren. Das kann eine lange Zeit sein für Männer, die gut miteinander auskommen, besonders wenn ein Teil des Jobs darin besteht, Menschen vom Leben zum Tode zu befördern. Ich will damit sagen, dass er mich verstand. Nicht dass ich den Job je hingeschmissen hätte; nicht bei der Wirtschaftskrise, die außerhalb der Gefängnismauern umging wie ein gefährlicher Verbrecher, den man nicht einsperren konnte wie unsere Schutzbefohlenen. Bessere Männer als ich standen arbeitslos auf der Straße und wurden Hobos. Ich hatte Glück und wusste es – die Kinder waren erwachsen, und die Hypothek, dieser zweihundert Pfund schwere Marmorblock, der mich fast erdrückt hatte, war seit zwei Jahren von meiner Brust. Aber ein Mann muss essen, und seine Frau muss auch etwas zu essen haben. Außerdem schickten wir unserer Tochter und dem Schwiegersohn zwanzig Bucks, wann immer wir es uns erlauben konnten (und manchmal auch, wenn wir es uns nicht erlauben konnten, Janes Briefe aber besonders verzweifelt klangen). Er war ein arbeitsloser Highschool-Lehrer, und wenn man damals damit nicht als verzweifelt gegolten hätte, hätte das Wort »verzweifelt« keinerlei Bedeutung. Also nein, man gab keinen Job mit regelmäßigem Lohnscheck auf … nicht, wenn man kaltes Blut hatte. Doch mein Blut war in diesem Herbst nicht kalt. Die Temperaturen waren ungewöhnlich für die Jahreszeit, und die Infektion, die in mir herumkroch, hatte den Thermostat noch weiter aufgedreht. Wenn man in einer solchen Situation ist, kann einem sehr leicht die Faust ausrutschen. Und wenn einem die Faust bei einem Mann mit Beziehungen wie Percy Wetmore einmal ausrutscht, kann man ebenso gut gleich betteln gehen, denn dann ist man erledigt, und es gibt keine Rückkehr mehr in den Job.
    »Halte durch«, sagte Moores ruhig. »Ich habe dich zu mir gebeten, um dir das zu sagen. Ich weiß aus gut unterrichteter Quelle – genauer gesagt, von der Person, die mich heute Morgen anrief -, dass Percy ein Gesuch in Briar eingereicht hat und dem Gesuch stattgegeben werden wird.«
    »Briar«, sagte ich. Das war Briar Ridge, eines der beiden staatlichen Krankenhäuser. »Was macht dieser Bengel denn? Eine Tournee durch die staatlichen

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