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The Green Mile

The Green Mile

Titel: The Green Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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– wie ich hoffte – klang wie der eines Freundes, der einem etwas Vertrauliches mitteilt. »Brutus Howell kann dich nicht besonders leiden«, begann ich. »Und wenn Brutal jemand nicht leiden kann, schreibt er auch mal einen eigenen Bericht. Er ist nicht sehr geschickt im Umgang mit dem Füllfederhalter und er kann es nicht lassen, an diesem Bleistift herumzulutschen, also schreibt er lieber mit den Fäusten, wenn du verstehst, was ich meine.«
    Percys selbstgefälliges Lächeln verschwand. »Was willst du damit sagen?«
    »Ich will nichts sagen, ich habe es gesagt. Und wenn du einem von deinen … Freunden … von diesem Gespräch erzählst, werde ich behaupten, dass du das Ganze erfunden hast.« Ich schaute ihn unschuldig und ernst an. »Außerdem versuche ich, dein Freund zu sein, Percy. Wer gescheit ist, hört auf einen guten Rat, heißt es. Und warum willst du dir überhaupt Arger wegen Delacroix einhandeln? Er ist es nicht wert.«
    Und eine Zeit lang klappte das. Es herrschte Frieden. Ein paarmal konnte ich Percy sogar mit Dean oder Harry losschicken, wenn Delacroix mit dem Duschen an der Reihe war. Wir schalteten abends das Radio ein, Delacroix begann sich in der spärlichen Routine von Block E etwas zu entspannen, und es herrschte Frieden.
    Dann hörte ich ihn eines Abends lachen.
    Harry Terwilliger saß am Wachpult, und bald lachte er ebenfalls. Ich stand auf und ging zu Delacroix’ Zelle, um zu sehen, was er zu lachen hatte.
    »Schauen Sie mal, Cap’n! «, sagte er, als er mich sah. »Ich’abe eine Maus dressieren!«
    Es war Steamboat Willy. Er war in Delacroix’ Zelle. Mehr noch: Er saß auf Delacroix’ Schulter und schaute mit seinen kleinen glänzenden Augen ruhig durch die Gitterstäbe zu uns. Sein Schwanz war um die Pfoten geschlungen, und er wirkte völlig entspannt. Und Delacroix? Freunde, man hätte nicht gedacht, dass es derselbe Mann war, der noch vor einer Woche, geduckt und vor Angst schlotternd, auf seiner Pritsche gehockt hatte. Er wirkte jetzt wie meine Tochter am Weihnachtsmorgen, wenn sie die Treppe herunterkam und die Geschenke sah.
    »Schauen Sie!«, rief Delacroix. Die Maus saß auf seiner rechten Schulter. Delacroix streckte den linken Arm aus. Die Maus hüpfte auf Delacroix’ Kopf, benutzte sein Haar (das wenigstens hinten noch dicht genug war), um daran hochzuklettern, und fitzte auf der anderen Seite den Arm hinunter. Delacroix kicherte, als ihn der Schwanz der Maus am Hals kitzelte. Die Maus lief über den Arm bis zu seinem Handgelenk, machte kehrt, fitzte wieder den Arm hinauf, blieb auf Delacroix’ linker Schulter sitzen und ringelte den Schwanz um die Pfoten.
    »Nicht zu glauben!«, sagte Harry.
    »Ich’abe ihr beigebracht«, erklärte Delacroix stolz. Du hast’nen Schweinearsch geleckt, dachte ich, aber ich hielt den Mund. »Er heißt Mr. Jingles.«
    »Unsinn«, sagte Harry gutmütig. »Er heißt Steamboat Willy wie die Mickey Mouse in dem Cartoon. Boss Howell hat ihm diesen Namen gegeben.«
    »Es ist Mr. Jingles«, beharrte Delacroix. Bei jedem anderen Thema hätte er gesagt, dass Scheiße Shinola-Politur war, wenn man das von ihm verlangt hätte, aber beim Namen der Maus blieb er unnachgiebig. »Er’at mir in die Ohr geflüstert. Chef, kann ich eine Kistchen für ihn’aben? Eine petite Kiste für meine Maus, damit er’ier bei mir schlafen kann? Bitte, Cap’n .« Seine Stimme nahm einen flehentlichen Ton an, wie ich ihn schon tausendmal gehört hatte. »Ich stelle ihn unter meine Bett, und er niemals wird machen Ärgeeer, niemals.«
    »Dein Englisch wird viel besser, wenn du etwas haben willst«, sagte ich, um Zeit zu gewinnen.
    »Oh, oh«, murmelte Harry und stieß mich mit dem Ellenbogen an. »Da kommt Ärgeeer.«
    Aber Percy sah nicht nach Krawall aus, nicht an diesem Abend. Er strich sich nicht durchs Haar und fummelte auch nicht an seinem Schlagstock herum, und der oberste Knopf seines Uniformhemds war tatsächlich aufgeknöpft. Zum ersten Mal sah ich ihn so, und es war erstaunlich, was eine so kleine Veränderung bewirken kann. Am meisten verblüffte mich jedoch seine Miene. Sie strahlte Ruhe aus. Keine Abgeklärtheit – ich glaube nicht, dass Percy einen einzigen abgeklärten Knochen im Leib hatte -, aber die Gelassenheit eines Mannes, der auf die Dinge warten kann, die er sich wünscht. Das war eine gewaltige Veränderung für einen jungen Mann, dem ich erst vor ein paar Tagen mit Brutus Howells Fäusten drohen musste.
    Delacroix sah die Veränderung

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