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The Green Mile

The Green Mile

Titel: The Green Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Schluss zu gelangen, dass wir ihn nicht leiden konnten, aber eben hatte ich zum ersten Mal in vollem Umfang erkannt, wie unbeherrscht er war.
    Er stand da und starrte mich an, nicht ganz ohne Furcht – er war im Grunde ein Feigling, daran habe ich nie gezweifelt -, aber immer noch zuversichtlich, dass ihn seine Beziehungen schützen würden. In diesem Punkt hatte er recht. Ich nehme an, es gibt trotz allem, was ich gesagt habe, Leute, die nicht verstehen, warum das so war, aber diese Leute kennen die Bezeichnung Große Depression nur aus Geschichtsbüchern. Wer dabei war, für den war es mehr als nur ein Wort aus einem Buch, und wer damals einen Job hatte, Bruder, der hätte fast alles getan, um ihn zu behalten.
    Inzwischen war ein wenig Farbe aus Percys Gesicht gewichen, aber seine Wangen waren immer noch gerötet, und seine Haare, normalerweise mit Pomade zurückgekämmt, waren ihm in die Stirn gefallen.
    »Was, zum Teufel, hatte das alles zu bedeuten?«, fragte ich. »In meinem Block wurde noch nie – noch nie! – ein Gefangener geschlagen!«
    »Der kleine schwule Bastard hat versucht, mir zwischen die Beine zu greifen, als ich ihn aus dem Transporter gezogen habe«, sagte Percy. »Er hat die Prügel herausgefordert, und ich würde sie ihm jederzeit wieder verpassen.«
    Ich schaute ihn an, zu verblüfft, um Worte zu finden. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass selbst der frechste Homosexuelle auf Gottes grüner Erde getan haben könnte, was Percy soeben behauptet hatte. Die Verlegung in ein vergittertes Apartment an der Green Mile brachte im Allgemeinen nicht mal die geilsten Gefangenen in sexy Stimmung. Ich schaute zu Delacroix, der geduckt auf der Pritsche kauerte und immer noch die Arme schützend vors Gesicht hielt. Seine Arme waren mit Handschellen gefesselt, und eine Kette verlief zwischen seinen Fußfesseln. Dann wandte ich mich Percy zu. »Verschwinde«, sagte ich. »Ich rede später mit dir.«
    »Wird das in deinem Bericht erwähnt?«, fragte er trotzig. »Denn falls es so sein sollte, werde ich einen eigenen Bericht schreiben.«
    Ich wollte keinen Bericht schreiben; ich wollte nur, dass er mir aus den Augen ging. Das teilte ich ihm mit.
    »Die Sache ist erledigt«, schloss ich. Ich sah, dass Brutal mich missbilligend ansah, ignorierte es jedoch. »Los, verschwinde. Geh zur Verwaltung und sag, dass du Briefe lesen und in der Poststelle helfen sollst.«
    »Klar.« Er hatte seine Fassung wiedergewonnen oder die übergeschnappte Arroganz, die ihm als Fassung diente. Er strich sich das Haar aus der Stirn – seine Hände waren weich und weiß und zierlich, die Hände eines Teeniemädchens, hätte man meinen können – und näherte sich der Zelle. Delacroix sah ihn, duckte sich ängstlich auf der Pritsche und brabbelte in einer Mischung aus Englisch und undefinierbarem Französisch vor sich hin.
    »Ich bin mit dir noch nicht fertig, Pierre«, sagte Percy, und dann zuckte er zusammen, als er Brutals gewaltige Pranken auf seiner Schulter spürte.
    »Doch, das bist du«, erwiderte Brutal. »Und jetzt ziehst du ab. Schnapp mal frische Luft.«
    »Du machst mir keine Angst, klar?«, sagte Percy. »Kein bisschen.« Er blickte zu mir. »Ihr beide nicht.« Aber das taten wir sehr wohl. Das sahen wir deutlich in seinen Augen, und es machte ihn nur noch gefährlicher. Ein Typ wie Percy weiß nicht mal selbst, was er von einer Minute zur anderen machen wird.
    Was er in genau diesem Augenblick machte, war, einen bühnenreifen Abgang hinzulegen. Er stolzierte mit langen, arroganten Schritten über den Gang davon. Bei Gott, er hatte der Welt gezeigt, was passierte, wenn ein schmächtiger, fast kahlköpfiger kleiner Franzose versuchte, ihm an die Nüsse zu gehen, und er verließ das Schlachtfeld als Sieger.
    Ich hielt meine kleine Begrüßungsansprache, wies darauf hin, dass wir an den meisten Abenden Radio hören konnten – Make Believe Ballroom und Our Gal Sunday – und versprach, dass wir ihn bestens behandeln würden, wenn er sich uns gegenüber ebenso verhalten würde. Diese kleine Predigt war nichts, was man als einen meiner großen Erfolge bezeichnen kann. Er heulte dabei die ganze Zeit, kauerte geduckt und verängstigt ganz am Fußende der Pritsche, so weit von mir entfernt, wie er konnte, ohne sich in die Wand zu verkriechen. Jedes Mal, wenn ich mich bewegte, zuckte er zusammen, und ich bezweifle, dass er ein Wort von dem verstand, was ich sagte. Vermutlich war das auch egal. Diese besondere Predigt ergab

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