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The Green Mile

The Green Mile

Titel: The Green Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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allen Ernstes gefragt, ob dieses für die Jahreszeit so ungewöhnliche Wetter ein Anzeichen auf den Weltuntergang sein könnte. Ich hatte ihm erklärt, ich sei mir sicher, dass es nicht so wäre, aber es schoss mir durch den Kopf, dass es für Eduard Delacroix der Weltuntergang war. O ja, das war es.
    Bill Dodge stand in der Tür zum Gefängnishof, trank Kaffee und rauchte gemütlich eine. Er wandte den Kopf, sah mich und sagte: »Sieh an, Paul Edgecombe, fett wie das Leben und doppelt so hässlich.«
    »Wie lief der Tag, Billy?«
    »War in Ordnung.«
    »Delacroix?«
    »Prima. Er versteht anscheinend, dass er morgen dran ist, und doch habe ich das Gefühl, dass er es nicht begreift. Du weißt, wie die meisten sich aufführen, wenn das Ende schließlich naht.«
    Ich nickte. »Wharton?«
    Bill lachte. »Was für ein Witzbold. Dagegen klingt Jack Benny wie ein Quäker. Er hat Rolfe Wettermark erzählt, dass er Erdbeermarmelade aus der Pussy seiner Frau geschleckt hat.«
    »Was hat Rolfe gesagt?«
    »Dass er gar nicht verheiratet ist. Er meinte, Wharton müsse an seine Mutter gedacht haben.« Ich lachte, und zwar herzhaft. Das war wirklich lustig, auf billige Weise. Und es war gut, lachen zu können, ohne das Gefühl zu haben, jemand zünde Streichhölzer tief in meinem Unterleib an. Bill lachte mit mir, kippte den Rest seines Kaffees in den Hof, der leer war, abgesehen von ein paar herumschlurfenden Insassen, von denen die meisten schon ungefähr tausend Jahre dort zu sein schienen.
    Donner grollte irgendwo in der Ferne, und Blitze zuckten am dunklen Himmel. Bill blickte nervös auf, und sein Lachen erstarb.
    »Aber ich sag dir mal was«, meinte er. »Mir gefällt das Wetter nicht. Hab da so ein komisches Gefühl, dass was passieren wird. Was Schlimmes.«
    Damit hatte er recht. Das Schlimme passierte gegen Viertel vor zehn an diesem Abend. Da tötete Percy Mr. Jingles.

10
    Zunächst hatte es den Anschein, dass es trotz der schwülen Hitze eine ziemlich ruhige Nacht werden würde – John Coffey war wie üblich still, Wild Bill gab sich als Mild Bill, und Delacroix war prima gelaunt für einen Mann, der in etwas mehr als vierundzwanzig Stunden ein Rendezvous mit Old Sparky hatte.
    Er verstand, was ihm widerfahren würde, wenigstens das Wesentliche; er hatte Chili als Henkersmahlzeit bestellt und mir spezielle Anweisungen für die Küche gegeben. »Sagen Sie ihnen, sie sollen ordentlich scharfe Soße raufmachen, dass Flammen aus die Mund schießen, wenn man »’allo« sagt – sie sollen das grüne Zeug nehmen, nicht das milde. Das Grüne reißt mich so, dass ich nicht komme von Klo die nächste Tag, aber diesmal kein Problem, n’est ce pas? «
    Die meisten sorgen sich mit einer Art debiler Wildheit um ihre unsterblichen Seelen, doch Delacroix zeigte wenig Interesse, als ich ihn fragte, welchen seelischen Beistand er in seinen letzten Stunden haben wollte. Wenn »diese komische Typ« Schuster gut genug für Chief Bitterbuck gewesen war, sagte sich Del, dann würde er auch gut genug für ihn sein. Nein, was ihn beschäftigte – ich wette, Sie haben es bereits erraten -, das war die Sorge, was nach seinem Tod aus Mr. Jingles werden würde. Ich war es gewohnt, lange Stunden mit den zum Tode Verurteilten vor ihrem letzten Marsch zu verbringen, aber dies war das erste Mal, dass ich diese langen Stunden damit verbrachte, über das Schicksal einer Maus zu grübeln.
    Del erwog ein Szenario nach dem anderen, ging geduldig die Möglichkeiten durch. Und während er laut dachte und für seine Hausmaus die Zukunft plante, als wäre sie ein Kind, das er aufs College schicken musste, warf er die bunte Holzrolle gegen die Wand. Jedes Mal, wenn er das tat, sprang Mr. Jingles hinterher, holte die ehemalige Garnspule ein und rollte sie zurück zu Dels Fuß. Nach einer Weile ging mir das auf die Nerven – erst das Klacken der hölzernen Rolle gegen die Wand, dann das leise Tippeln von Mr. Jingles’ Pfoten. Obwohl es ein niedlicher Trick war, verlor er nach etwa anderthalb Stunden allmählich den Reiz. Aber Mr. Jingles wurde anscheinend niemals müde. Er legte dann und wann eine Pause ein, um sich mit einem Schluck Wasser aus einer Untertasse zu erfrischen, die ihm Delacroix eigens für diesen Zweck hingestellt hatte, oder um ein Stück von einem rosafarbenen Pfefferminzbonbon zu knabbern, und dann machte er weiter. Manchmal lag es mir auf der Zunge, Delacroix zu sagen, dass er mal Pause machen sollte, aber jedes Mal erinnerte ich mich

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