The Haunted
nickte. »Einmal, als ich noch ziemlich klein war, musste mein Dad wegen irgendwas verreisen und nahm mich mit. Ich weiß nicht mehr, wohin wir fuhren, aber ich erinnere mich noch gut an das Hotel. In unserem Zimmer lag ein Flokati auf dem Boden und die Wände waren mit Holz vertäfelt.«
»Ich weiß, was du meinst. Kristens Gedenkgottesdienst fand in einem furchtbar kitschigen Bestattungsinstitut statt, da war es genauso.«
»Ich weiß«, sagte er. »Ich war dort.«
»Wirklich? Ich habe dich nicht gesehen.«
»Ich bin nicht lang geblieben. Ich konnte es nicht ertragen, dich so aufgewühlt zu sehen. Ich hatte dich vorher schon auf dem Friedhof gesehen. Da hast du auf einem Stuhl neben dem Grab gesessen.«
Ich erinnerte mich noch gut daran. Damals hatte ich das Gefühl gehabt, ein Schatten stünde neben mir. »Ich wünschte, das hätte ich bemerkt. Ich hätte …« Das Telefon im Zimmer klingelte und ich hob den Hörer ab. »Hallo?«
»Abbey, ich bin’s, Dad.«
Mist. Ich hätte sie doch gleich nach unserer Ankunft anrufen sollen. »Hey, Dad.«
»Wie war die Fahrt? Ist das Hotel in Ordnung? Bist du allein in deinem Zimmer? An der Rezeption hat man mir gesagt, dass ihr zwei nebeneinanderliegende Zimmer habt.«
Ich schloss kurz die Augen und massierte mir die Schläfen. Ob er mir wohl eine Chance geben würde, zumindest eine seiner Fragen zu beantworten? »Die Fahrt war okay, Dad. Wir sind gerade erst angekommen und wir haben nebeneinanderliegende Zimmer, weil die anderen gerade renoviert werden. Sie konnten uns nichts anderes anbieten. Und ja – Ben ist in seinem eigenen Zimmer.« Ich drückte mich um die Frage Bist du allein? Eine wahrheitsgemäße Antwort wäre sehr viel schwieriger gewesen.
»Na gut«, meinte er mürrisch. »Aber denk daran: Ich werde telefonisch überprüfen, wann ihr ins Bett geht. Komm bloß nicht auf dumme Gedanken.«
Ich seufzte. »Das werde ich nicht, Dad.«
»Deine Mutter lässt dir ausrichten, dass du es dir gut gehen lassen und viele Fragen stellen sollst.«
»Jawohl. Tschüss, Dad.« Er verabschiedete sich und ich legte auf. Gleich darauf läutete das Telefon abermals. Ich warf Caspian einen genervten Blick zu und ging dran. »Dad, das ist …«
»Abbey, ich bin’s, Ben. Dein Dad hat mich gerade angerufen.«
»Tut mir leid, Ben. So ist er nun mal, nervig und kontrollierend.«
»Passt schon. Du hast mich ja vor ihm gewarnt. Hey, ich wollte mir eine Pizza bestellen. Willst du auch was davon?«
»Klar. Du weißt ja, was ich gerne mag.« Ich zuckte zusammen, als ich das sagte. »Auf meiner Pizza, meine ich.«
»Ja, klar. Ich ruf dich an, wenn sie da ist. Hast du schon den Filmkanal ausgecheckt? Um acht kommt etwas echt Gutes.«
»Ich seh gleich mal nach.« Sobald ich den Hörer das zweite Mal aufgelegt hatte, erklärte ich Caspian: »Ben bestellt Pizza für uns.«
»Und als Beilage Funyuns?«
Ich streckte ihm die Zunge raus. »Nein! Keine Funyuns.« Ich zog die Schuhe aus und kroch nach hinten, bis ich am Kopfende des Bettes landete. Das Bett war riesig und die Zudecke bestand aus irgendeinem flauschigen weißen Material, das einem das Gefühl gab, man würde davon verschluckt. Als ich mich ausstreckte, überkam mich eine angenehme Schläfrigkeit.
»Ist es komisch, wieder hier zu sein? So nah bei deinem Zuhause?«, fragte ich Caspian leise. Meine Lider wurden schwer, und immer wenn ich blinzelte, dauerte es ein bisschen länger, sie wieder aufzubekommen.
»Komisch? Ja, aber eigentlich ist alles komisch. Sind wir wirklich hier, um mein Grab anzuschauen oder weil wir Vincent Drake und den Wiedergängern entkommen müssen?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete ich müde und gab dem Schlaf, der immer wieder versuchte, nach mir zu greifen, langsam nach. »Um das herauszufinden, bin ich hier.«
Ein lautes Klopfen an der Tür ließ mich aufschrecken. Ich sah mich verwirrt um. Ich wusste nicht, wo ich war. Dann katapultierte mich ein Blick auf das Gepäck in der Ecke zurück in die Wirklichkeit. Das Klopfen hörte nicht auf.
»Caspian?«, krächzte ich. Meine Kehle war trocken. Ich versuchte es noch einmal: »Caspian?«
Der rote Vorhang regte sich und ging auf. »Hier bin ich.« Er stand hinter dem Vorhang und sah aus dem großen Fenster. »Ich bin bei dir, Abbey.«
Erleichterung überkam mich. Ich stand auf und spürte, wie mein Kopf mit jedem Schritt klarer wurde. Mein linker Fuß war eingeschlafen und ich humpelte ein bisschen, aber ich schaffte es zur Tür.
Als
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