The Haunted
– äh –, hast du Geld? Ich bin pleite.«
Ich holte meine Geldbörse aus der Tasche und reichte ihm ein paar Dollar. Dann fiel mir die Minibar ein, die auch reichlich mit Snacks bestückt war. Doch ich sagte nichts davon, denn ich musste mal aufs Klo. Und dies schien für die nächste Zeit die einzige Möglichkeit zu sein, ins Bad zu gehen, ohne dass er im Zimmer war. Auch gut – ich würde ihn eben immer wieder mal rausschicken, um Snacks zu besorgen.
Und wenn es Zeit war zu duschen, würde ich ihn zum Automaten im dritten Stock schicken, mit einer sehr langen Einkaufsliste.
Er nahm den Schlüssel. »Bin gleich wieder da.«
Sobald er draußen war, ging ich aufs Klo. Dann wusch ich mir das Gesicht und putzte die Zähne. Meine Haare waren ein Albtraum, doch sie ließen sich auf die Schnelle nicht bändigen. Ich band sie zu einem Pferdeschwanz zusammen. Als Nächstes öffnete ich meinen Koffer und wühlte durch die Klamottenberge.
Weit unten in einem Stapel entdeckte ich, wonach ich gesucht hatte: einen weißen, mit roten Kirschen bedruckten Schlafanzug. Sexy war das Teil zwar nicht, aber süß. Und eher eng anliegend geschnitten.
Als es leise an der Tür klopfte, zog ich mir in Windeseile meine Klamotten aus und den Schlafanzug an.
Eine Sekunde später kam Caspian mit einer Tüte Brezeln, einer Tüte Chips, einem Burrito und einem Schokoriegel herein. »Ein Hauptgang, zwei Beilagen und Nachtisch.« Er legte seine Beute auf den Tisch, dann wandte er sich mir zu. »Süß. Besonders gut gefällt mir, dass die Knöpfe falsch zu sind.«
Ich blickte auf die Knopfleiste – völlig schief. »Ups.« Ich drehte mich um und rief: »Nicht gucken!«, dann knöpfte ich die Knopfleiste noch einmal neu. »Okay, Problem gelöst.«
Caspians Blick verweilte auf dem obersten Knopf. »Vorhin hat es mir besser gefallen«, meinte er.
»Na ja, wenn du willst, kann ich ja den einen oder anderen Knopf öffnen.« Sobald ich das gesagt hatte, kam mir dieser Vorschlag vollkommen bescheuert vor. Wieso gab ich die ganze Zeit lauter peinliches Zeug von mir? Genauso rot wie die Kirschen auf meinem Schlafanzug griff ich nach dem Burrito. »Ich mach den schnell in der Mikrowelle warm und du vergisst einfach, was ich gesagt habe, okay?«
Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln und er setzte sich aufs Bett. Ich ließ den Burrito zwanzig Sekunden lang schmoren, dann setzte ich mich neben Caspian und aß stumm. Aber sobald ich fertig war, sprang ich auf und putzte mir die Zähne. Ich wollte nicht, dass am Ende noch Avocadocreme in den Zwischenräumen klebte.
Als ich wieder aus dem Bad kam, lag Caspian auf dem Bett. Er hatte ein Bein angewinkelt und starrte auf ein Bild an der gegenüberliegenden Wand. Ich fragte mich, wie der Rest der Nacht verlaufen würde. Wollte er ihn auf dem Stuhl oder auf dem Fußboden verbringen? Oder im Bett … mit mir?
»Sag mir, was du gerade denkst«, meinte er plötzlich und drehte sich zu mir um.
»Was ich denke? Warum?«
»Weil ich selbst nicht aufhören kann zu denken und wissen will, ob es dir genauso geht.« Er wirkte frustriert. »Denkst du auch über all das nach, was in letzter Zeit passiert ist? Das solltest du nämlich. Du solltest darüber nachdenken, warum diese Wiedergänger in Sleepy Hollow sind und was das zu bedeuten hat. Du solltest über Vincent Drake nachdenken und wie du dich vor ihm schützen kannst.« Er sah auf sein Bein und zupfte am Stoff seiner Jeans. »Und du solltest über mich nachdenken, Astrid. Und daran, dass dir dies alles nur meinetwegen passiert.«
»Ich denke über alles nach«, sagte ich. »Aber immer nur über eins nach dem anderen. Es gibt so vieles, was ich verarbeiten muss. Ich muss das Ganze in seine Einzelteile zerlegen, sonst ist es einfach zu viel.« Unsere Blicke trafen sich. »Ich habe Angst, Caspian. Angst vor morgen – also vor heute – und davor, was der Tag alles bringen wird. Ich will nicht, dass ich, nachdem ich dein Grab gesehen habe, wieder bei Dr. Pendleton lande.«
»Dann fahr nach Hause«, drängte er. »Geh weg von hier.«
»Zurück nach Sleepy Hollow? Wo die Wiedergänger darauf warten, dass ich sterbe? Oder wo mir dieser verrückte Typ auflauert, der vielleicht meine beste Freundin getötet hat?«
»Wenn du das so sagst, klingt es …«
»Es klingt verrückt, ich weiß. Trotzdem bin ich hier vielleicht sicherer. Doch das, womit ich als Erstes klarkommen muss, bist du.«
»Was willst du dir denn damit beweisen, wenn du mein Grab anguckst?
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