The Haunted
schön geflirtet hast.«
Er klang fast eifersüchtig; es war so absurd, dass ich am liebsten losgeprustet hätte. »Ich habe nicht mit ihm geflirtet. Und er heißt Ben. Er ist einfach nur ein Freund.« Bei der Erinnerung daran, was beinahe geschehen wäre, errötete ich aber doch. »Er war wegen meines Geburtstags hier.«
»Du hast heute Geburtstag?«
Ich zuckte die Achseln. »Ist schon vorbei.«
»Alles Gute zum Geburtstag, Astrid.«
Bei seinen Worten wurde mir innerlich warm, doch ich unterdrückte dieses Gefühl. »Also, was ist das jetzt – verfolgst du mich? Versteckst du dich im Gebüsch und beobachtest mich?« Ich dachte an den Tag, an dem ich nach Hause gekommen war, als ich das Kind und den Hund beobachtet hatte. »Warst du auch früher schon mal hier? Tagsüber?«
»Manchmal bleibe ich hier stehen, wenn ich draußen bin und einfach so herumlaufe«, räumte er ein. »Anfangs, um nach dir zu sehen. Aber dann dachte ich, du würdest mich meiden, also versuchte ich, mich fernzuhalten.« Er trat gegen einen am Boden liegenden Ast. »Heute Nacht habe ich es wohl nicht geschafft, wegzubleiben.«
Plötzlich war ein lautes Bellen zu hören und wir rissen beide die Köpfe hoch. Nicht weit von uns schlurfte Mr Travertine am Rand seiner Veranda entlang, offenbar nicht gerade glücklich darüber, seinen Hund in aller Frühe herauslassen zu müssen.
Der Hund bellte noch einmal; es klang, als würde er näher kommen.
»Ich verschwinde wohl besser«, meinte Caspian. »Und du solltest wieder ins Haus gehen. Du wirst noch krank, wenn du zu lange hier draußen bleibst.«
Er trat zurück und warf mir einen letzten, traurigen Blick zu.
»Wie soll es weitergehen, Caspian?«, rief ich ihm leise nach. »Was sollen wir jetzt tun?«
»Ich weiß es nicht, Abbey«, erwiderte er. »Aber was immer es ist, ich vermute, wir sind nicht dazu bestimmt, es zusammen zu tun.«
Kapitel neun – Schutz
»Wenn man ihren mit Gras bewachsenen Kirchhof betrachtet, wo die Sonnenstrahlen so ruhig zu schlummern scheinen, sollte man glauben, dass hier wenigstens die Toten sanft ruhen könnten. «
Sleepy Hollow von Washington Irving
Am nächsten Morgen wachte ich völlig verwirrt auf. Die Ereignisse der letzten Nacht waren wirklich geschehen. Ich hatte mir Erde und Gras von den Fußsohlen gewaschen. Caspian war real. Und er hatte gesagt, dass er mich liebte … Aber bedeutete das irgendetwas? Konnte es etwas bedeuten? Er war tot. Das machte die Sache etwas kompliziert.
Ich stand auf, kroch unter das Bett und tastete nach der Halskette. Dann betrachtete ich sie bei Tageslicht und fuhr die roten, geschwungenen Buchstaben nach, die, für immer unter winzigen Quadraten aus Glas gefangen, den Namen Astrid ergaben. Die Ränder waren mit einem glänzenden Metall verlötet und oben hing an einem kleinen Ring ein schwarzes Band aus Satin. Die andere Kette, die er mir geschenkt hatte, war in der Schublade mit meinen Socken versteckt.
Ich hängte sie sehr langsam um.
Sie fühlte sich an, als würde sie um meinen Hals gehören. Als sei sie für mich bestimmt.
Ich ging nach unten und fand das Haus seltsam still vor. Ich wusste nicht, ob Mom und Dad weggefahren waren oder einfach nur ausschliefen. Ich aß rasch eine Schale Müsli und kritzelte dann auf einen Notizblock neben dem Kühlschrank » Bin weggegangen. Komme später wieder. « Es musste nicht sein, dass Mom ausflippte, wenn sie aufwachte und ich nicht hier war.
Den Stift steckte ich wieder in den kleinen Clip, wo er hingehörte, und ging dann hinaus, den Hügel hinauf und auf den Friedhof zu. Ich wollte Caspian wiedersehen. Ich hatte so viele Fragen.
Anfangs fühlte sich die warme Sonne gut an, doch schon bald wurde es heiß und drückend. Ich löste mein feuchtes Shirt vom Rücken und fächerte mir mit der Hand Luft zu. Ich bin fast da. Jetzt wird es nicht mehr lange dauern.
Ich hoffte, dass es mir gelingen würde, ihn zu finden oder zumindest ein Zeichen von ihm.
Das Friedhofstor kam in Sicht und ich atmete erleichtert auf. Trauerweiden, Kirschbäume und mächtige Eichen säumten die Wege. Überall am Boden war eine Fülle frischer grüner Knospen und Blumen zu sehen, die vor Leben nur so strotzten. Das Geräusch eines Rasenmähers war zu hören und weckte in mir die Sehnsucht nach dem Duft von frisch geschnittenem Gras.
Zuerst schaute ich unten am Fluss vorbei. Dort hatten wir uns so oft getroffen, dort war es wohl am wahrscheinlichsten, ihn anzutreffen. Ich sah unter der
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