The Haunted
wiederholte ich. Mehr wusste ich nicht zu sagen und deshalb wartete ich ab, was von ihm kommen würde. Doch er ging einfach nur zu der Bank und setzte sich. Ich wartete weiter. Worauf, wusste ich nicht, aber ich war nun einmal hier. Irgendetwas musste er ja wohl tun.
Aber er ignorierte mich. Und irgendwann hielt ich das nicht mehr aus.
»Hoffst du vielleicht, dass ich zu einem Haufen Knochen werde wie all die anderen hier drinnen, wenn du bloß lange genug nicht mit mir redest?« Wütend schleuderte ich ihm die Worte entgegen. »Tut mir leid, aber das wird nicht passieren!«
»Nein, aber ich habe gehofft, wenn ich lange genug schweige, würdest du das verstehen und gehen«, erwiderte er.
Wow. Das tat weh. »Wenn man möchte, dass jemand geht, dann sagt man das.« Ich wandte mich abrupt dem Ausgang zu, blieb dann aber stehen. »Oh und da wir gerade beim Thema Gehen sind – dies ist ein Grabmal, falls du es noch nicht gemerkt haben solltest. Kein Objekt für Hausbesetzer. Du solltest hier also auch besser verschwinden!«
Mein Atem ging heftig, ich war außer mir. Ich hatte das Gefühl, dass der Raum um mich herum mit jeder Sekunde kleiner und wärmer wurde.
»Ich weiß«, erwiderte er gelassen. »Ich sollte nicht hier sein. Aber ich habe sonst nichts, wohin ich gehen könnte.«
Die Einsamkeit, die aus diesen Worten sprach, ging mir ans Herz. »Tut mir leid. Das hätte ich nicht sagen sollen.«
»Geh einfach, Astrid. Bitte.«
»Warum?«, fragte ich ihn. »Ich möchte bleiben.«
Caspian schüttelte den Kopf. »Das haben wir doch erst gestern Abend besprochen, schon vergessen?«
Seine Stimme war so hohl. Er hatte bereits aufgegeben. Ohne zu überlegen, kauerte ich mich vor ihm nieder. Jetzt waren wir auf gleicher Höhe und ich sah seine tief in den Höhlen liegenden Augen. »Tu das nicht, Caspian. Gib dich nicht auf.«
»Gib dich nicht auf?« Er lachte leise. »Was soll das werden, eine Nachhilfestunde in Seelenfrieden? Ich habe nichts, das ich aufgeben könnte. Ich bin nichts.«
»Das ist nicht wahr. Wenn ich dich sehen kann, bedeutet das, du bist etwas. Wir müssen nur herausfinden, was.«
»Dieses Spiel hatten wir bereits, Abbey. Als wir uns kennenlernten. Und was dabei herauskam, war nicht so toll, erinnerst du dich? Ich habe dich kaputt gemacht.«
Ich schlug mit der flachen Hand auf den harten Boden, was mich nicht weniger überraschte als ihn. »Das brauchst du mir nicht vorzuwerfen! Ich hatte schließlich jedes Recht, sauer zu sein.«
»Und ich habe das nicht?«
»Doch. Doch, das hast du. Das ist es ja. Sei wütend. Ärgere dich! Schrei mich an dafür, dass ich hierher komme und deine Sachen durchwühle. Spüre endlich etwas! Denn wenn du das kannst, dann bist du nicht nichts. «
Caspian beugte sich plötzlich vor und ich fuhr erschrocken hoch.
Er tat es mir nach und sprang von der Bank auf. Wir waren nur Zentimeter voneinander entfernt, deshalb trat ich nervös einen Schritt zurück. Ich weiß nicht, warum ich das tat, aber seine Augen sahen so seltsam aus. Wild. Mein Magen drehte sich. Was würde er … tun?
Er trat einen Schritt vor. Ich einen zweiten zurück. Das wiederholte sich noch einmal und dann spürte ich eine Mauer hinter mir. Er machte noch einen Schritt nach vorn und stemmte dann die Hände zu beiden Seiten meines Kopfes an die Wand. Jetzt hatte er mich eingesperrt.
Mein Mund wurde trocken, ich musste schlucken. Meine Knie wurden weich und meine Kleidung fühlte sich an, als würde sie an mir kleben. Ich schluckte noch einmal, mir war auf einmal unerträglich heiß.
Caspian lehnte sich vor und brachte seine Lippen direkt an mein Ohr. Ich kämpfte schwer, um nicht zu erschaudern. »Du möchtest, dass ich Gefühle habe?«, sagte er. »Ich habe dir bereits gesagt, dass ich dich liebe. Was soll ich dir noch sagen? Dass ich mich jede Sekunde jedes Tages danach sehne, in deiner Nähe zu sein? Ich sehe Farben nur, wenn ich bei dir bin … ich rieche Parfum nur, wenn ich mit dir zusammen bin. Gott, das ist wie … als wenn ich wieder lebendig wäre. Manchmal werde ich wahnsinnig, weil ich mich frage, ob ich mir das alles nur einbilde. Und ich warte darauf zu sehen, wann es … du … mir genommen wird.«
Das Geräusch einer erlöschenden Kerze unterbrach ihn. Im nächsten Augenblick waren wir in unserer kleinen Welt von Dunkel eingehüllt. Der Klang seiner Stimme an meinem Ohr und die Dunkelheit, die sich wie eine sanfte Decke um uns legte … Ich musste mir auf die Lippe beißen, um
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