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The Haunted

The Haunted

Titel: The Haunted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Verday
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Sie war zwar nicht traurig, aber mich berührte die Art, wie er sie erzählte. Was er erzählte, gab mir die Möglichkeit, einen kurzen Blick auf den Jungen zu werfen, der er früher gewesen war. Am liebsten hätte ich jetzt gleich eine Zeitreise unternommen, um es mit eigenen Augen zu sehen.
    »Inzwischen ist mir klar, dass der Teppich wahrscheinlich auf einer beweglichen Plattform lag oder auf Räder montiert war oder so«, meinte er. »Aber damals – es war das tollste Gefühl der Welt. Ich flog.«
    Sein Lächeln wurde sehnsüchtig und einen Moment lang schloss er die Augen. Als er sie wieder öffnete, meinte er zu mir: »Jetzt bist du dran. Erzähl du mir ein Geheimnis.«
    Eigentlich hatte ich keine Geheimnisse. Na klar, irgendwelche Albernheiten gab es schon – dass ich mit zwölf meinen BH mit Socken ausgestopft hatte oder dass ich in der fünften Klasse in meinen Lehrer verknallt gewesen war. Aber das kam mir alles zu unbedeutend vor für diesen Moment.
     
    Dann fiel mir Kristen ein.
    Sic hatte Geheimnisse gehabt – einen Freund, von dem sie mir absichtlich nichts erzählt hatte. Gespräche mit ihm hinter meinem Rücken. All die Stunden, die sie mit mir rumgehangen hatte, obwohl sie doch viel lieber mit ihm zusammen gewesen wäre.
    Solche Geheimnisse hatte ich nicht. Aber eins gab es …
    Zögernd fing ich an. »Als ich so neun oder vielleicht auch zehn war, habe ich einmal vor Kristens Haus auf sie gewartet. Sie war beim Zahnarzt, also nicht zu Hause, aber im übernächsten Vorgarten haben ein paar Kinder gespielt. So eine Horde Nachbarskinder.«
    Mein Magen krampfte sich zusammen. Ich hatte lange nicht mehr daran gedacht.
    »Sie spielten im Dreck mit diesen großen Spielzeuglastern, du weißt schon, diese schweren gelben Dinger aus Metall mit den großen Rädern.« Er nickte. »Ich ging ein wenig näher heran. Ich war neugierig, was sie dort machten, aber ich wollte nicht, dass sie mich bemerkten. Dann sah ich, dass sie nicht nur mit den Lastern spielten. Einer von ihnen hielt eine riesige Kröte fest, während die anderen mit den Lastern immer wieder über sie drüberfuhren.«
    Ich bemerkte, wie meine Stimme leiser wurde, aber ich war abgetaucht in die grässliche Erinnerung an die zerquetschte Kröte, die im Schlamm lag.
    »Es war grauenhaft. Ich war vollkommen entsetzt, was sie da trieben. Aber noch viel schrecklicher war, dass ich nichts dagegen unternahm. Ich hatte Angst und fühlte mich machtlos. Mir fehlten einfach die Worte. Außerdem war es ja bloß ein blöder Frosch, ich machte ja nicht mit, also warum sollte ich mich aufregen? Zumindest hab ich mir das immer wieder eingeredet.« Meine Stimme begann zu zittern und ich atmete seufzend aus. »Ich habe das noch nie jemandem erzählt, nicht einmal Kristen. Ich wollte nicht, dass sie sich für mich schämt.«
    Caspian nickte nachdenklich.
    »Nett, nicht?«, meinte ich. »Ich hätte den Frosch retten können, hab es aber nicht gemacht. Ich bin eine Froschmörderin. Das wolltest du bestimmt schon immer wissen.«
    Ich versuchte, seinen Gesichtsausdruck zu deuten. Hielt er mich jetzt für einen schlechten Menschen? Hasste er mich für das, was ich ihm gerade erzählt hatte?
    »Ich werde dir den Gefallen nicht tun«, sagte er und schüttelte den Kopf.
    »Welchen Gefallen denn?«
    »Dich zu verurteilen. Das tue ich nicht. Ich weiß, du willst, dass ich dir jetzt sage, wie schlecht und böse das war. Aber du warst doch noch ein Kind. Verzeih dir und lass die Erinnerung los.«
    Ich ließ mich wieder aufs Bett fallen, streckte die Beine aus und zog die Zehen an. Wut auf mich selbst schoss wie Feuer durch meine Adern. Ich wusste nicht, ob ich so einfach loslassen konnte.
    »Jetzt schmoll nicht«, sagte Caspian.
    »Ich schmolle nicht«, erwiderte ich. »Ich schmolle nie.«
    »Das sieht mir aber sehr danach aus«, entgegnete er. Er drehte sich um, stützte sich mit der Hand auf und sah mich an. Sein Grinsen war ansteckend, ich erwiderte es und fühlte mich albern und romantisch und herrlich.
    »Schwarz«, sagte Caspian plötzlich.
    Ich zog eine Braue hoch. »Schwarz?«
    »Das ist meine Lieblingsfarbe. Du hast mich nie danach gefragt und deshalb sage ich es dir jetzt.«
    »Aber das ist doch gar keine richtige Farbe, nur eine Mischung aus allen Farben.«
    Er deutete auf sein Shirt, es war schwarz. »Es ist eine Farbe. Ach und übrigens – ich habe keinen.«
    »Du hast keinen … Maulwurf als Haustier?«, riet ich.
    Caspian lachte. »Keinen zweiten Vornamen. Ich

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